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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 29.09.2021, 18:51   #1
weiblich Ilka-Maria
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Standard Solang ich bin, bist du

Wie lange ist es her?
Du warst so still und bleich
und nicht mehr länger schwer,
ein mythenreicher Teich.

Und dennoch bist du hier,
erfüllst mich Tag für Tag
mit Lebenselixier
als Geist von hartem Schlag.

Solang ich bin, bist du,
egal, wo du auch bist,
ich spür dich immerzu
vom Scheitel bis zum Rist,

in jedem Tropfen Schweiß,
der meine Haut benetzt,
im Herzen, wenn es leis
auf die Erfüllung setzt.

Hab dank für deine Zeit,
sie war ein Edelstein,
längst bin ich schon bereit,
mit dir vereint zu sein.

29.09.2021
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Alt 30.09.2021, 14:39   #2
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Hallo Ilka,
magst du mir vielleicht einmal helfen, ich bekomme das Rätsel nicht gelöst, von was dein Gedicht genau handelt. xD

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich um etwas handelt, das in einem selber liegt, von dem das Lyrische Ich (in Einheit und trotz Allgegenwärtigkeit?) getrennt ist. Das Wort "mythenreich" lässt mich erstmal an die Seele denken, oder den Geist, aber dazu passt nicht, dass die Zeit, die es dem LI zur Verfügung stand kostbar war, beide wären ja schließlich immer da.

Fantasie oder Freude schwirren mir im Kopf rum, die Tag für Tag mit Lebenselexier erfüllen. Es scheint sich um etwas zu handeln, dass an Strahlkraft eingebüßt hat, denn ein mythenreicher Teich ist einfach klein, oder hat das Bild garnichts mit der Größe zu tun?

Fantasie würde ich aber wiederum nicht im ganzen Körper, auf der Haut und im Herzen spüren, Freude zwar möglicherweise schon, aber die Strophen 3 - 5 klingen wieder so persönlich, dass ich wieder an die Seele denken muss.

Aber so lange es sich nicht um die Seele im Kontext zum Leib Seele Problem und einem zeitweisen Getrenntsein von der eigenen inneren Wahrheit handelt, wäre sie für mich in der letzten Strophe widerlegt.

Ich platze vor Neugier, was die Antwort ist und ob ich überhaupt nur im Ansatz richtig interpretiere

Viele liebe Grüße
Anaximandala
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Alt 30.09.2021, 17:47   #3
weiblich Ilka-Maria
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Ich dachte, der Text sei kristallklar: Ein geliebter Mensch ist gestorben (still, bleich, im mythenbesetzten Totenreich). Doch der/die Zurückgebliebene trägt diesen Verstorbenen noch immer in sich und schöpft aus dem, was er ihr oder ihm an Kraft zurückgelassen hat (Elixier). Solange die Erinnerung da ist (und diese besteht ja nicht nur aus Gedankenbildern, sondern aus wiedererlebten Gefühlen, Lauten, Gerüchen, Atmosphären, einst gemeinsam besuchten Orten etc.) ist dieser Mensch noch vorhanden, oder besser gesagt: das Paar.

Das steht Wort für Wort in meinem Gedicht. Also was muss da erst hineininterpretiert werden?
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Alt 30.09.2021, 18:13   #4
männlich Anaximandala
 
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Und doch habe ich offenkundig eine ziemlich falsches Bild von dem Text gehabt

Ich hab die Möglichkeit es ginge um einen Menschen schnell verworfen wegen der Aussage "So lang ich bin, bist du"
Klar, die Erinnerung, das passt, aber die Strophen waren mir zu aktuell und das "du" zu wirkend, um einen Verstorbenen zu meinen.
Mein Fehler, aber deshalb habe ich ja nachgefragt.

In der Theorie muss wohl nicht viel interpretiert werden, nur die Praxis sah halt so aus, dass ichicheinen einen Eindruck anders aufgenommen habe und die Antwort ausgeschlossen habe, da brauchte es dann schon Interpretation

Du schreibst aber auch nicht mythenbesetzten Totenreich, das wäre deutlich gewesen. Du schreibst mythenreicher Teich^^
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Alt 30.09.2021, 18:42   #5
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
Du schreibst aber auch nicht mythenbesetzten Totenreich, das wäre deutlich gewesen. Du schreibst mythenreicher Teich^^
Das ist richtig. Der Bogen ist weit gespannt, ihm zu folgen, ist wohl nicht so einfach.

Die Geburt eines Menschen wurde früher oft als Metapher des Heraufholens aus einem Teich dargestellt, in Karikaturen erledigte das der volkstümliche Klapperstorch. Aber auch in der Mythologie spielt das Wasser als Geburtsort eine Rolle, man denke an die schaumgeborene Aphrodite.

Übrigens wird in dem französischen Film "Die Dinge des Lebens" Michel Piccolis Sterben nach einem Autounfall als eine Metapher dargestellt, in der er in einem Gewässer ertrinkt.

Und heißt es nicht, wenn man aus der Welt geht, dann in dieses Unbekannte, aus dem man einst kam, in eine fremde, unvorstellbare Welt? Kommt uns das Gesicht eines Toten nicht geheimnisvoll vor, als wüsste er jetzt etwas, das uns Lebenden (noch) verschlossen ist?

Vielleicht habe ich zu sehr um die Ecke gedacht, so wie kleine Kinder oft denken, wenn sie sich an etwas heranstasten, das sie erst zu verstehen lernen müssen.
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Alt 30.09.2021, 19:26   #6
männlich Anaximandala
 
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Aah ok, das wusste ich wirklich noch nicht aber das Bild gefällt mir, dass der nächstgelegene Teich ein Tor des Lebens ist. Und taucht ein Mensch am Ende seiner Zeit wieder ein, dann durchschreitet er vielleicht erneut ein Tor zum Leben, in eine uns ganz fremde Welt und dort beginnt dann erst das wahre Leben, es wären selbst die Bettler reicher als all unsre Könige und ein Sonnenstrahl enthielte mehr Antworten, als die Menschheit Fragen hat.
Vielleicht sind wir in unserem Leben ja noch Kinder am Anfang ihrer Seelenwanderung

Oh der Film klingt wirklich interessant, den behalte ich mal im Kopf.

Naja also jetzt wo ich es weiß ist es wirklich sehr klar, dass es um einen Verstorbenen geht... ich hab allerdings dann und wann mal ein kleines Brett vorm Kopf was Offensichtliches angeht... irgendwann hab ich sogar auf einem Bild von einem Wald den Wald nicht gefunden
Anaximandala ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.09.2021, 20:35   #7
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
... irgendwann hab ich sogar auf einem Bild von einem Wald den Wald nicht gefunden
Das kann von Vorteil sein: Du kannst dich nicht im Wald verlaufen, wirst von keinem Knusperhäuschen verführt, und kein Wolf wird dich fragen, wo deine Großmutter wohnt.
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Alt 30.09.2021, 22:04   #8
männlich dunkler Traum
 
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Ort: mit beiden Beinen in den Wolken
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... wunderschöne Worte bringen eine Trauer in mir zum Klingen, aber jeder spannt seine Saiten anders.

wünsche schöne Träume
dunkler Traum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.10.2021, 13:52   #9
weiblich AlteLyrikerin
 
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Beiträge: 1.706

Hallo Ilka-Maria,

Verständnisprobleme hatte ich bei diesem Gedicht nicht. Es gefällt mir sehr gut. Das lyrische Ich hat die "Trauerarbeit" gut bewältigt. Der Verstorbene hat einen neuen Platz gefunden, ist immer da, hemmt aber nicht die Zuwendung des lyrischen Ichs zum aktiven Leben.

Es passt sehr gut zu dem, was ich in einer Fortbildung zur Trauerbegleiterin gelernt habe.

Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.
AlteLyrikerin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.10.2021, 22:55   #10
männlich BladeRuner
 
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Beiträge: 733

Standard Hallo Ilka-Maria

Schmerz, Wehmut, Dankbarkeit, dem Stoff der Melancholie hast du ein tief berührendes Gewand geschneidert.
Dieses Gedicht gehört zu denen von dir, das ich voll mitfühlen kann.
Es ist kristallklar und erlaubt einen Blick auf den Grund.
Nicht weil es wichtig ist, sondern mich interessiert, müsste es in Strophe 4, Zeile 2 nicht heißen: der meine Haut benetzt?
Für das Gefühl, das dein Text in mir erzeugt, ist dies jedoch ohne Wichtigkeit.
BladeRuner ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.10.2021, 08:48   #11
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von BladeRuner Beitrag anzeigen
müsste es in Strophe 4, Zeile 2 nicht heißen: der meine Haut benetzt?
Ja, damit hast du recht. Das ist ein Grammatikfehler. Ist korrigiert.
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