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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 21.11.2021, 09:16   #1
männlich MonoTon
 
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Beiträge: 1.105

Standard Hände

Als kleines Mädchen ging ich an der Hand,
im Land der Dichter und der großen Denker.
Hielt mich am Schürzelein, als Mutters Hand
mich zog, fernab der Blicke jener Massenhenker.

Sie rollten ein und keiner war mir grün,
ein Blumenbeet das stand, lag alsbald tot.
Sie pflückten, was das stille Städtchen bot
und färbten rot - ekstatisch, laut und kühn.

Die Mutter wies mir laufen, Stück für Stück,
sah ich aus ihr das Leben, nicht die Liebe weichen.
Ich hielt noch ihre nasse Hand, wich hart zurück,
als Wummern dräute, mich aus ihrer Hand zu reißen.

Die Assonanz vibriert noch tief in meinem Sinne,
als ich die Augen unter tränen weite, ...rennen!
Hallt es wider in den Ohren, die mir brennen -
doch fand ich nicht die Hand an meiner Seite.
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Alt 22.11.2021, 01:50   #2
männlich Perry
 
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Alter: 71
Beiträge: 3.762

Standard Hallo Mono,

gern bin ich den Erinnerungen an Mutters leitende Hand durch eine schwere Zeit gefolgt. Formal kann ich als eher freier Schreiberling nicht viel Konstruktives beisteuern, außer dass ich manchmal einen gewissen Formdruck spürte.
Aufgefallen sind mir einige "unreine" Reime und müsste es nicht "weinte" heißen?
Bei den Formulierungen mit "mir" hatte ich ein mundartliches bzw. grammatikalisch befremdliches Gefühl.
Ich hoffe, Du kannst was davon verwenden.
LG
Perry
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Alt 22.11.2021, 08:12   #3
männlich Anaximandala
 
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Ort: Zu Hause
Beiträge: 1.198

Standard Guten Morgen

Hi Mono, dein Gedicht ist wirklich gelungen, obwohl ich mir vom Verständnis nicht ganz sicher bin, täusche ich mich, wenn ich denke da schwingt mehr mit, als einfach der Verlust der Mutter?
Die Massenhenker... Tod... färben rot... rennen!
Das gibt mir ein düsteres Gefühl von Verfolgung, obwohl

Zitat:
sah ich aus ihr das Leben, nicht die Liebe weichen
die Zeile ja doch eher auf einen Alterungsprozess hindeutet.

Gibt es einen Grund, dass das lyrische ich ein Mädchen ist? Mit Grund ist es ganz interessanz, ohne stark xD

Die Assonanz bezieht sich auf "weichen - reißen", oder? Das setzt auf jeden Fall einen Akzent

Zitat:
und müsste es nicht "weinte" heißen?
Hi Perry, ich würde behaupten, dass es so gehört und eher für den Schock stehen, aber mehr als behaupten kann ich da nicht.

Lieben Gruß
Anaximandala ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.11.2021, 13:01   #4
männlich Ex-Lichtsohn
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Beiträge: 1.493

Hallo Mono,
Zitat:
Zitat von MonoTon Beitrag anzeigen
Die Assonanz vibriert noch tief in meinem Sinne,
als ich die Augen unter tränen weite, ...rennen!
Hallt es wider in den Ohren, die mir brennen -
doch fand ich nicht die Hand an meiner Seite.
Hier muss ich meinen beiden Vor-Kommentatoren leider widersprechen: die Augen weiten sich unter Tränen ist völlig korrekt, aber ich musste es auch mehrfach lesen um die Aussage wirklich richtig zu verstehen, zu nahe liegt die Assoziation mit "weinen".

Zitat:
Die Mutter wies mir laufen, Stück für Stück,
sah ich aus ihr das Leben, nicht die Liebe weichen.
Ich hielt noch ihre nasse Hand, wich hart zurück,
als Wummern dräute, mich aus ihrer Hand zu reißen.
Empfinde ich als extrem starke und sehr sehr gut gelungene Strophe die mich auch sehr berührt und für mich völlig bildhaft wirkt.

Mich beschleicht eine Idee was der Hintergrund dieses Gedichts sein könnte aber ich könnte damit völlig falsch liegen .... das spielt jedoch keine wirklich große Rolle, denn das Gedicht ist für mich so wie du es hier veröffentlicht hast sehr gut gelungen und ich hab mich beim Lesen wohlgefühlt.

Alle Liebe
in deinen Tag
ein
Lichtsohn
Ex-Lichtsohn ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.11.2021, 13:09   #5
männlich Anaximandala
 
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Ort: Zu Hause
Beiträge: 1.198

Hallo Lichtsohn,
oh, da hätte ich vielleicht eine größere Lücke setzen müssen, ich denke weiten ist schon korrekt, die Assonanz würde ich sagen, aber ich bin mir wirklich nicht endgültig sicher, liegt in Strophe 3 Zeile 2 & 4 mit den Reimworten weichen und reißen.

Zitat:
Mich beschleicht eine Idee was der Hintergrund dieses Gedichts sein könnte aber ich könnte damit völlig falsch liegen
So geht es mir auch, für mich schwingt ein wenig die Verfolgung der Juden in Deutschland mit, aber das könnte auch einfach eine subjektive Assoziation sein, wiegesagt,

Zitat:
Die Massenhenker... Tod... färben rot... rennen!
das sind für mich die Worte, die mich in die Richtung schauen lassen, aber es wäre wirklich ein hartes Fehlurteil, wenn es garnicht in die Richtung gehen sollte...

Lieben Gruß
Anaximandala ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.12.2021, 13:59   #6
männlich MonoTon
 
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Beiträge: 1.105

Hallo Perry, Anaxi und Lichtsohn

Auch hier meine Entschuldigung für das lange ausbleiben einer Antwort auf eure Kommentare. Es tut mir Leid.
Wie ich in einem anderen Text von mir schrieb kommentiere ich gerne und vorrangig, vergesse dabei aber auch gerne auf meine eigenen Texte zu antworten, zum Glück sind es nicht sehr viele.

Schritt für Schritt

Zitat:
Formal kann ich als eher freier Schreiberling nicht viel Konstruktives beisteuern, außer dass ich manchmal einen gewissen Formdruck spürte.
Ja das kann gut möglich sein, da ich oft und gerne Formorientiert schreibe, aber dennoch versuche mich darin so frei wie möglich zu äußern.
Eine Form einzuhalten ist für mich unterstützend um Verknüpfungen zu erstellen.
Aber jeder nach seiner Facon. Und oft ist ja auch etwas dabei was andere für sich entdecken und experimentieren können.

Zitat:
Aufgefallen sind mir einige "unreine" Reime und müsste es nicht "weinte" heißen?
Der von dir als unrein wahrgenommene Reim bei weichen - reißen war für mich ein Gimmick bestehend aus einem Gleichlaut. Es sollte die Verbindung von lange erfahrener Liebe zu einem abrupten Moment völliger Einsamkeit in einen harten Kontrast stellen.

Hätte ich "weinte" gemeint, hätte ich "weinte" geschrieben.
die Augen "weiten" ist ein Ausdruck des Erschreckens/Überraschens und nicht Verstehens einer Situation, es fehlt dem Lyr.ich die emotionale Umsetzung des gerade erlebten, dennoch fängt es unweigerlich an zu weinen, weil es Intuitiv versteht, aber ohne Fassung ist.
Ausdruck eines Schockzustandes.

Zitat:
Bei den Formulierungen mit "mir" hatte ich ein mundartliches bzw. grammatikalisch befremdliches Gefühl.
Ich hoffe, Du kannst was davon verwenden.
Ja das Mundart-Phänomen kam "mir" hier auch schon oft unter, ich komme aus dem Norddeutschen Raum. Ich führe seinen Gebrauch einfach dem Archaismus zu, da die Sprachweise eigentlich fern meiner Jahre liegt, ich sie aber in Umsetzung gesehen sehr mag insofern es zur Tropik eines Textes passt und ich denke hier passt es.

Vielen Dank Perry für dein Kommentieren.

Zitat:
täusche ich mich, wenn ich denke da schwingt mehr mit, als einfach der Verlust der Mutter?
Die Massenhenker... Tod... färben rot... rennen!
Das gibt mir ein düsteres Gefühl von Verfolgung
Du darfst deinem Gefühl gerne vertrauen


Zitat:
sah ich aus ihr das Leben, nicht die Liebe weichen
die Zeile ja doch eher auf einen Alterungsprozess hindeutet.

Gibt es einen Grund, dass das lyrische ich ein Mädchen ist? Mit Grund ist es ganz interessanz, ohne stark xD

Die Assonanz bezieht sich auf "weichen - reißen", oder? Das setzt auf jeden Fall einen Akzent
Man kann auch über den Tod hinaus geliebt bleiben von einem verstorbenen, insofern man das Gefühl des geliebt seins und werdens vermittelt bekommen hat.
Mutterliebe ist eine solche Liebe, oder vielmehr sollte sie es sein.
Zudem wird im Text nicht konkret gesagt, dass die Mutter dem Lyr.ich das Laufen beibrachte, sie wies ihr in S3/Z1 nur zu laufen "anweisen/zeigen/befehlen - Lauf!" Ich mag Anastrophen...

Nein es gibt keinen Grund, nur einen Perspektivwechsel, für mich stehen Gedichte nicht in Verbindung mit meiner eigenen Person oder meinem Geschlecht. Noch meiner sexuellen Orientierung. Ich mag auch Steine.

"weichen - reißen" ist, wie du richtig erkannt hast, eine Assonanz welche auf Gleichlauten Vokalen beruht. Ein Kontrast, oder Akzent wie du ihn benennst.

Für mich war der Einfall der "Massenhenker" tatsächlich nur Mittel zum Zweck, eine Situationsbeschreibung, um das Lyr.ich drastischer in den Vordergrund zu stellen in seinen Emotionen und durchlebten Erfahrungen.

Vielen Dank Anaxi für dein Kommentieren.



Zitat:
Die Mutter wies mir laufen, Stück für Stück,
sah ich aus ihr das Leben, nicht die Liebe weichen.
Ich hielt noch ihre nasse Hand, wich hart zurück,
als Wummern dräute, mich aus ihrer Hand zu reißen.

Empfinde ich als extrem starke und sehr sehr gut gelungene Strophe die mich auch sehr berührt und für mich völlig bildhaft wirkt.
Vielen Dank für diese Einschätzung

Zitat:
Mich beschleicht eine Idee was der Hintergrund dieses Gedichts sein könnte aber ich könnte damit völlig falsch liegen .... das spielt jedoch keine wirklich große Rolle, denn das Gedicht ist für mich so wie du es hier veröffentlicht hast sehr gut gelungen und ich hab mich beim Lesen wohlgefühlt.
Danke, das freut mich sehr.
Was mich nicht so erfreut ist deine Abwesenheit. Ich bedauere nicht früher geantwortet zu haben, Berufsbedingt war ich leider sehr eingespannt aufgrund von Totensonntag, Adventausstellung und Weihnachtsvorbereitungen, aber nein ich bin nicht der WeihnachtsMonoTon.
Ich wünsche Dir auf deinem Wege nur das Beste und viel Liebe.

Vielen Dank an alle, ich versuche demnächst etwas Zeitnaher zu Antworten. Ich kann aber tatsächlich rein gar nichts versprechen, aber der Wille ist da.

PS; "Sinne" hat im übrigen keine Reimgebung, da ich es als Akkumulation der ersten 3 Strophen benutzt habe, um alle Sinneswahrnehmungen bis dahin zusammenzufassen und ein "in die Realität zurück reißen" andeuten wollte.
Ein Revue passieren lassen, bzw das Leben an sich vorbei ziehen sehen. Ohne Halt zu haben.

LG Mono
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