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Alt 22.03.2010, 19:40   #1
männlich Kurt
 
Benutzerbild von Kurt
 
Dabei seit: 08/2007
Ort: Menzenschwand-Las Vegas
Beiträge: 452


Standard Der Hund des Herrn K.

...oder
Affekt.

(Diese Geschichte ist frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wäre rein zufällig).

Nicht daß Herr K. ein Alkoholproblem gehabt hätte, aber so ab und an nahm er doch mal einen recht Ordentlichen zur Brust, vorzugsweise an Wochenenden.
So war es auch nach einem exzessiven Besäufnis, welches sich bis in die frühen Morgenstunden eines Sonntags hinzog, als sich Herr K. trotzdem zu früher Stunde, zwischen sieben und halb acht am Tage des Herrn, in seinem Bad wiederfand, da er infolge des vorangegangenen massenhaften Getränkekonsums das Bedürfnis verspürte, seine Schlafgemach zu verlassen und die Toilette aufzusuchen.
Die bemerkenswert hohe Promillezahl hatte sich in den gut vier Stunden, in denen er zu Bette lag, natürlich nur unwesentlich verringert. Sein Kopf war schwer, sein Gang reichlich unsicher; glänzend ging es ihm nicht gerade. Kurz gesagt, es war ihm zum Kotzen übel.
Er sah in den Badezimmerspiegel und erschrak. Verdammt nochmal, was blickte ihm da entgegen? Ein merkwürdiger, ja fast häßlicher Kopf. Ein Hundekopf..?..
Man muß dazu noch erwähnen, daß Herr K. jahrelanger Hundebesitzer war. Nun ist ja allgemein bekannt, daß sich Herr und Hund nach jahrelangem Zusammenleben ähnlich sehen. Nicht anders war dies auch bei Herr K. der Fall.
Nachdem er sich von einer kurzen Erstarrung erholt hatte, ging ganz kurz ein Grinsen über sein Gesicht. Es mußte ein Hund sein, der ihn da aus dem Spiegel anstarrte, und er fing fast unwillkürlich an, wie in Trance oder wie aus einem inneren Zwang heraus, das Spiegelbild anzubellen. Der Alkoholspiegel trug nicht unwesentlich dazu bei.
Daraufhin geschah etwas äußerst Merkwürdiges, ja Unfaßbares. Sein Hund kam, wie von einer Tarantel gestochen, angeschossen und biß ihn allerheftigst in das linke, nackte Bein. Das Bellen von Herrn K. mußte den Hund, aus dem Schlaf aufgeschreckt, in äußerste Irritation, Angst, Aggression oder was auch immer versetzt haben. Denn nie zuvor hatte Herr K. gebellt. Nicht ein einziges Mal.
Er handelte daraufhin schnell, fast instinktiv und verband sich die Wunde sofort. Es war ihm auch klar, daß er heute einen Arzt aufsuchen würde.
Er war von einer unfaßbaren Wut durchdrungen. Er ließ Wasser in die Badewanne laufen, bis sie halb voll war. Dann rief er seinen Hund, der bereitwillig in die Wanne sprang, da er dort oft gewaschen wurde. Herr K. schaltete den in der Nähe stehenden Heizstrahler ein und schmiss ihn dann, während er schrie: "Du blödsinnige Hundefratze!", in die Badewanne.
In späteren Zeiten bedauerte Herr K. den Vorfall manchmal ein bißchen.
Ob er sich einen neuen Hund zulegte, ist nicht bekannt. Man kann aber davon ausgehen, daß dies eher nicht der Fall war, da aus seinem Zimmer, wenn er das Fenster geöffnet hatte, oftmals fröhliches, melodisches Kanarienvogelgezwitscher zu vernehmen war.
Kurt ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.03.2010, 20:11   #2
weiblich Tiffy
 
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Dabei seit: 03/2010
Ort: Reutlingen
Alter: 38
Beiträge: 350


Hi Kurt,

gelungene Erzählung!
Über die Aussage „Man muss noch erwähnen, dass Herr K. jahrelanger Hundebesitzer war“, habe ich mich anfangs gewundert, nämlich dann, als der Hund plötzlich im Bad auftauchte.
Aber spätestens, als ich am Ende angelangt war, wusste ich, warum du die Vergangenheitsform verwendet hast. Der arme Kerl weilt ja nicht mehr unter uns.
Jetzt frage ich mich,hat Herr K. seinen Hund gekillt, weil ihn dessen „Hundefratze“ an sein eigenes Gesicht, das ihn gerade eben noch aus dem Spiegel angestarrt hat, erinnert hat. So habe ich es jedenfalls interpretiert. Würde mich interessieren, ob du es so bedacht hast.

Gruß Tiffy
Tiffy ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.03.2010, 21:18   #3
männlich Kurt
 
Benutzerbild von Kurt
 
Dabei seit: 08/2007
Ort: Menzenschwand-Las Vegas
Beiträge: 452


Hi Tiffy,

um Deine Fragen zu beantworten:

<Über die Aussage „Man muss noch erwähnen, dass Herr K. jahrelanger Hundebesitzer war“, habe ich mich anfangs gewundert, nämlich dann, als der Hund plötzlich im Bad auftauchte.<
Diese Ausage ist m.E.zulässig, da die ganze Geschichte in der Vergangenheitsform geschrieben ist. Es spielt also keine Rolle, ob vor oder nach dem Eingehen des possierlichen Tierchens in die ewigen Jagdgründe.

<Jetzt frage ich mich,hat Herr K. seinen Hund gekillt, weil ihn dessen „Hundefratze“ an sein eigenes Gesicht, das ihn gerade eben noch aus dem Spiegel angestarrt hat, erinnert hat. So habe ich es jedenfalls interpretiert. Würde mich interessieren, ob du es so bedacht hast.<
Herr K. war hauptsächlich etwas ungehalten über den Biss.
Danke für deine Zuschrift.

Gruß
K.
Kurt ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.03.2010, 14:20   #4
weiblich Aquaria
 
Dabei seit: 02/2010
Alter: 42
Beiträge: 521


Mir gefällt die Geschichte auch. Erinnert mich ein bisschen an Kafkas "Die Verwandlung": Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt...

Grüße,

Aquaria
Aquaria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.03.2010, 14:30   #5
weiblich Tiffy
 
Benutzerbild von Tiffy
 
Dabei seit: 03/2010
Ort: Reutlingen
Alter: 38
Beiträge: 350


Ich muss ja zugeben, dass ich es immer noch nicht verstehen, warum der Samsa zum Käfer mutiert ist.

Peinlich, das mit der Vergangenheit. Ich hätt den Hund nicht getötet, sondern zurückgebissen.
Tiffy ist offline   Mit Zitat antworten
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