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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt.

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Alt 12.03.2024, 23:53   #1
männlich Eisenvorhang
 
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Standard 08280 Aue

vor 25 jahren zum fußballstadion:
im junimorgenlicht zwischen chopin
und zwingenberger mit rucksack
den bus gerockt gefurzt und gelacht

wir im schatten hürdenläufe
in die tartanbahn
schwitzten
am rand des gatters des FCEs
die kontur der taube purpur mit dem
zweig der jugend

was geschieht uns
aktuell
mit dieser meth-romantik
wenn wir beim spazieren in der nacht
aufblicken
in den sternenhimmel schauen
stehen bleiben
und dabei verbluten?
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Alt 13.03.2024, 00:40   #2
weiblich Lee Berta
 
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Standard Hallo Eisenvorhang

Das ist definitiv ein Insider. Wie schon beim Venedig-Gedicht, aber hier noch stärker, verstehe ich einfach die Metaphern nicht. Ein oder zwei erläuternde Zeilen zwischen zu schieben wäre eine Idee.
Es geht um Fußball, die Stadt Aue (da war ich sogar schon mal) und um eine Postleitzahl. Es fehlen aber wichtige Informationen und dadurch macht es auf mich den Eindruck, als würde der Autor das für sich selbst schreiben und ich solle es gar nicht verstehen.
Die letzten 5 Zeilen sprechen mich an, aber alles andere bleibt ein Rätsel.
Liebe Grüße,
Lee
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Alt 13.03.2024, 01:20   #3
männlich Eisenvorhang
 
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Alles halb so wild, Lee. Weniger um Fußball, viel mehr um einen Ort der Erinnerung, an dem ein friedvolles und unbeschwertes Bild der Jugend vorzufinden war. (Taube mit Zweig als Symbol des Friedens, purpur für Reinheit)

Aktuell kann man sich weder als Frau noch Mann nachts allein durch die Innenstadt trauen. Aue hat ein Drogenproblem. Erst vor zwei Wochen gab es wieder eine Messerstecherei.

Es ist also regionale politische Lyrik. Wer hier oder in der Region wohnt, sozusagen als Insider, wird das Gedicht verstehen. Unabhängig von Fußball, war das Stadion früher ein Umschlagsplatz für schöne soziale Zeiten in der Freizeit. Allgemein für Sport und insbesondere Leichtathletik. Das hat sich sehr verändert. (Leider)
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Alt 13.03.2024, 02:18   #4
weiblich Lee Berta
 
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Hallo Eisenvorhang. Dies sind die Infos, die mir gefehlt haben, um es überregional verständlich zu machen:

Zitat:
Zitat von Eisenvorhang Beitrag anzeigen
Ort der Erinnerung, friedvolles und unbeschwertes Bild der Jugend (...)
-
Aktuell kann man sich weder als Frau noch Mann nachts allein durch die Innenstadt trauen. Aue hat ein Drogenproblem (...)
Messerstecherei (...)
Vielleicht kannst du das noch klarer herausarbeiten, es sind ja wirklich nur ein paar Hints.
Früher Sport und Spaß - heute Drogen und Gewalt.
Ich assoziere mit Aue übrigens Urlaub und Softeis essen. (80er)

Liebe Grüße,
Lee
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Alt 13.03.2024, 07:29   #5
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Eisenvorhang Beitrag anzeigen
vor 25 jahren zum fußballstadion:
im junimorgenlicht zwischen chopin
und zwingenberger mit rucksack
den bus gerockt gefurzt und gelacht
Super-Gedicht, Eisenvorhang, das aus der Masse hervorsticht und ich in dieser Art neu bei dir finde. Auch wenn die Fullballszene in meiner Stadt nicht durch Drogen und Gewalt auffällt, kann ich mich gut in deine Beschreibungen einfinden. Bei uns ist es aber eher der Alkohol, der eine Rolle spielt, und so mancher Fan kommt bereits besoffen ins Stadion.

Ich überlege, was vor 25 Jahren bei uns los war. Da waren wir, 1999, in die Profi-Liga aufgestiegen, nach zwei aufregenden Relegationsspielen gegen Trier und Osnabrück. Große Euphorie. Dann der prompte Abstieg, denn wo man hingehört, dorthin muss man zurück. Immerhin: Der "Geist" hat sich zum Besseren gewendet, die Gesänge mit den asozialen Inhalten und das Ausrufen dunkelhäutiger Spieler der Gegenmannschaft mit "Uh-uh-uh" sind verschwunden.

Bus und Bahn habe ich dennoch immer vermieden, in meinem Auto bin ich Königin. Oft bin ich auch zu Fuß zum Stadion gelaufen, ca. eine Stunde hat das gedauert.

Eine Drogenszene konnte ich jedoch während der vielen Jahrzehnte meines Zuschauerlebens weder vor dem Stadion noch im Stadion feststellen.

LG
Ilka
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Alt 13.03.2024, 12:10   #6
männlich Eisenvorhang
 
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Eine Drogenszene konnte ich jedoch während der vielen Jahrzehnte meines Zuschauerlebens weder vor dem Stadion noch im Stadion feststellen.

LG
Ilka
Danke Ilka. Das Problem ist, dass wir in unmittelbarer Nähe zur tschechischen Grenze wohnen. Und die Drogengesetze dort sind seit 2010 extrem gelockert. Heißt, dass der Konsum von Koks, Exctasy (also harte drogen) für den Eigenbedarf legal ist. Über die Konsequenzen brauche ich ja nichts sagen.
Du setzt dich ins Auto, fährst 20 Minuten bis nach Johanngeorgenstadt und dann bist du da. Fürs Einkaufen, Tanken und so weiter natürlich ein Traum.
Drogen bekommst du dort aber hinterhergeworfen und die Kontrollen sind quasi nicht existent. Wenn der Zoll dort mal steht, gehst 200m weiter und läufst einfach "rüber".

@Lee

Ja, früher war Aue auch so. Danke für deine Anmerkungen!
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Alt 13.03.2024, 14:03   #7
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Eisenvorhang Beitrag anzeigen
Das Problem ist, dass wir in unmittelbarer Nähe zur tschechischen Grenze wohnen. ...
Du setzt dich ins Auto, fährst 20 Minuten bis nach Johanngeorgenstadt und dann bist du da. Fürs Einkaufen, Tanken und so weiter natürlich ein Traum.
Drogen bekommst du dort aber hinterhergeworfen und die Kontrollen sind quasi nicht existent. Wenn der Zoll dort mal steht, gehst ...
So ändern sich die Zeiten. Ich war einmal nahe der tschechischen Grenze, Anfang der 60er Jahre, da standen die Posten noch schwerbewaffnet auf Türmen und suchten die Gegend mit Ferngläsern ab. So hat jedes Zeitalter seine Extreme.
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Alt 13.03.2024, 16:32   #8
männlich dunkler Traum
 
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Standard Tja

... Oschatz, Wilsdruff, Aue kenne ich nur als Merksatz für die Wegstrecke.
Ich kann mit diesen Zeilen nicht viel anfangen.

Ilka
wärst du mal Ende der 60er hingefahren, da richteten sie nicht nur Ferngläser in den Frühling. Es soll auch wesentlich voller gewesen sein, zum Glück mussten sie sich nur in Bereitschaft halten.

wsT
dT
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Alt 13.03.2024, 17:50   #9
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von dunkler Traum Beitrag anzeigen
wärst du mal Ende der 60er hingefahren, da richteten sie nicht nur Ferngläser in den Frühling. Es soll auch wesentlich voller gewesen sein, zum Glück mussten sie sich nur in Bereitschaft halten.
Ich war noch ein "small numbers teenager", als mich Hilde, die Tochter des Bauern, bei dem meine Oma und ich im Urlaub wohnten, vor das Dorf führte, quer durch die Pampa bis auf geschätzt 500 m Abstand zum Stacheldraht und zu den Wachtürmen. Weiter vor traute sie sich nicht. Ich hatte damals wenig Ahnung vom Eisernen Vorhang, eher konzentriert auf das, was sich an der innerdeutschen Grenze an Tragödien abspielte, soweit die Nachrichten darüber berichteten. Wenn meine Oma gewusst hätte, wo Hilde und ich uns herumtrieben, hätte sie die Krise gekriegt.

Das Dorf, damals mit seinen spärlichen Einwohnern eigentlich nur ein Marktflecken, heißt "Eslarn" und befindet sich in der Oberpfalz, irgendwo zwischen Weiden und der tschechischen Grenze. Was hatte ich als Teenager dort zu suchen? Nun, dort war meine Oma geboren und aufgewachsen, und sie hatte noch Kontakte.
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Alt 14.03.2024, 17:47   #10
weiblich Lizard
 
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'Nur eine Straße führt in das Nirgendwo und niemand will wissen, wohin.'

Gerne gelesen, EV.
Grüße Lizard
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Alt 14.03.2024, 18:52   #11
männlich Eisenvorhang
 
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Zitat:
Zitat von Lizard Beitrag anzeigen
'Nur eine Straße führt in das Nirgendwo und niemand will wissen, wohin.'

Gerne gelesen, EV.
Grüße Lizard
Uh! Das freut mich ja! Davon ab sind wirklich richtig coole Werke in der Ausgabe. War selbst überrascht Danke fürs lesen! x)
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