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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 25.05.2015, 09:34   #1
männlich Ex-DrKarg
Gast
 
Dabei seit: 01/2012
Alter: 76
Beiträge: 3.139

Standard Hätten wir


Hätten wir

©Hans Hartmut Karg
2015

Hätten wir die Liebe nicht,
Was sollte uns auf Erden halten?
Die Seele nur als Krüppel, Wicht?
Sie könnte keinen Lauf gestalten.

Hätten wir die Liebe nicht,
Wer sollte uns denn dann aufbauen?
Wir brauchen sie als Weltgesicht,
In das wir immer freudig schauen.

Hätten wir die Liebe nicht,
Wir lägen doch nur dumpf in Ketten.
Die Liebe ist es, die sie bricht,
Denn sie will uns zur Freiheit retten.

Hätten wir die Liebe nicht,
So wären wir nur ichbezogen,
Gefangen in dem Selbstgericht,
Nicht offen, eher weltverloren.

So aber öffnet uns die Liebe
Den Horizont zur Bindungslust,
Hält fern die Lügner und Strauchdiebe
Und schafft uns erst den rechten Durst.

*
Ex-DrKarg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.05.2015, 15:08   #2
Stachel
 
Benutzerbild von Stachel
 
Dabei seit: 03/2015
Ort: Niederrhein
Beiträge: 955

Hallo Hartmut,

die Liebe kommt bei dir sehr gut weg. Ich sehe sie deutlich nüchterner.

S1: Wir brauchen keine Liebe zum Überleben. Die meisten Lebewesen kommen ohne aus. Allerdings: Haben wir die gleiche Definition von "Liebe" und "Leben"? Nunja, ich hangel mich hier an deiner entlang, bzw. an dem, was ich als deine herauslese - in dem Bewusstsein, dass ich nur durch meine Brille auf deine Verse schauen kann.

S2: Wäre die Liebe unser Weltgesicht, wäre die Erde ein besserer Ort. Einem Außerirdischen, der die Spezies Mensch von oben betrachtet, würde die Liebe sicher nicht als Erstes auffallen. Aber du sprichst ja von dem Gesicht, in das wir schauen wollen. Hoffnung würde ich plausibel finden, bei Liebe bin ich mir nicht so sicher.

S3: Ist es nicht vielmehr die Liebe, die uns in Ketten zwingt? Die uns fest aneinander bindet und gleichzeitig diese Ketten erträglich macht indem sie sie rosa anpinselt? Sind es nicht besonders die mit Liebe einhergehenden Gefühle, wie Eifersucht, aber auch Hass (die dunkle Schwester der Liebe), die uns Zwängen unterwerfen, von uns Besitz ergreifen und uns unfrei machen?
Und die Liebe selbst? Befreit sie uns? Viel mehr greift doch auch sie von uns Besitz, verklebt unsere Ohren gegenüber den Mahnern, setzt uns eine Brille auf, schränkt unser Handlungsspektrum und unsere Wahrnehmung stark ein...

Sie kann uns die Ketten erträglich machen, unseren Fokus auf anderes lenken. Doch zum Sprengen von Ketten braucht es mehr, zumindest einen sehr umfassenden Liebesbegriff.

S4: Oh - wir sind ichbezogen. Wir sind in allererster Linie Egoisten und unsere Liebe (hier im Sinne von: 1. geliebte Person und 2. dem Gefühl für diese) ist vornehmlich die Beute unseres inneren Jägers und Sammlers. Was auch immer wir tun kann darüber hinaus begriffen werden als egoistischer Akt. Jede Hilfestellung, jedes Lob, jeder Liebesbeweis mündet doch wieder in der Erwartung auf Gegenleistung, und wenn auch nur unbewusst.
Niemand täte Gutes ohne wenigstens daraus ein eigenes, gutes Gefühl zu extrahieren.

S5: Gegen Schelme und Bösewichter hilft die Liebe nicht. Im Gegenteil macht sie anfälliger für einige Typen, z.B. für Heiratsschwindler und Betrüger aller Art.
Wir sprechen auch nicht zufällig von "Herzensdieben". Der Begriff wird augenzwinkernd benutzt, aber die Herkunft ist nicht zu verleugnen und hat ihre Berechtigung. Vermutlich wird man nirgends so sehr ausgenutzt, wie unter dem Mantel der Liebe.

Meinst du den Durst auf Leben? Dann sind wir beisammen. Liebe beflügelt ohne Gleichen. Sie macht Hoffnung und Mut, beschwingt und beglückt. Und doch ist alles, biochemisch betrachtet, nur ein Drogenrausch.

So, genug Pessimismus von mir für diese Faden.
Genießt die Liebe!
Stachel
Stachel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.05.2015, 17:33   #3
männlich Ex-Poesieger
abgemeldet
 
Dabei seit: 11/2009
Beiträge: 7.220

Welchen Sinn und Zweck die ständigen Belehrungen haben, weiß wohl nicht mal die Liebe.

MFG
Ex-Poesieger ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.05.2015, 09:39   #4
männlich Ex-DrKarg
Gast
 
Dabei seit: 01/2012
Alter: 76
Beiträge: 3.139

Standard Re: Hätten wir

Lieber Poesieger, lieber Stachel,
mit meinem Gedicht spreche ich die Liebe als erlebte Kulturform an. Damit ist sie mehr, als bloße Sexualität und mehr als der nackte Austausch des Kleinen Zellkerns - wie bei Einzellern. Sie ist damit auch mehr als ein Durst auf Leben - und mehr als nur eine Belehrung!
Liebe kann - zumindest für mich und aus meinen Erfahrungen heraus - etwas Aufbauendes, etwas Tröstendes, etwas Rettendes und auch etwas Ergreifendes wie auch Höherführendes sein. Dass es sicher auch andere Erlebnisse und Erfahrungen gibt, habe ich mit meinem Gedicht nicht bestritten.
MfG H. H. Karg
Ex-DrKarg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.06.2015, 11:16   #5
Stachel
 
Benutzerbild von Stachel
 
Dabei seit: 03/2015
Ort: Niederrhein
Beiträge: 955

Ich vermute, dass Posieger mit "Belehrung" eher meinen Kommentar gemeint hat.

Mit deinen Erfahrungen hast du recht. All das kann die Liebe und Vieles darüber hinaus. Und vor allem hast du als Dichter jedes Recht, dein Thema in der dir genehmen Art anzugehen. Ich halte es für absolut legitim, Dinge einseitig, verzerrt oder auch phantastisch zu schildern.

Ich finde deine Schilderung sehr plakativ und sehr stark romatisierend. Dem habe ich ein paar Überlegungen entgegen gesetzt, denn ich finde einige Bilder unstimmig. Das macht dein Gedicht nicht falsch, wir haben einfach unterschiedliche Blickwinkel und ich biete mich als Diskussionspartner an.

Neben einigen von mir widersprochenen Aspekten, könnte auch die Frage nach dem "Durst" noch eine ausführlichere Antwort vertragen - natürlich nur bei Interesse.

Grüße vom Stachel
Stachel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.06.2015, 09:42   #6
männlich Ex-DrKarg
Gast
 
Dabei seit: 01/2012
Alter: 76
Beiträge: 3.139

Standard Re: Hätten wir

Liebe Dichterfreunde,
Erfahrungen sind so unterschiedlich wie Menschen. Da ich selbst diese positiven, einseitigen Erfahrungen zu meinem Gedicht gesammelt habe, werde ich sie auch zur Darstellung bringen.
Herzliche Grüße H. H. Karg
Ex-DrKarg ist offline   Mit Zitat antworten
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