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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 24.05.2016, 12:26   #1
männlich Nöck
 
Benutzerbild von Nöck
 
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662

Standard Nachtzug

Der Bahnsteig döst im Neonlicht,
die Kälte nagt an meinen Beinen.
Der Nebel flutet fahl und dicht,
lässt graue Wände Tränen weinen.

Dann zittert und vibriert die Luft,
verscheucht ein Heer von Zeitungsstreifen;
ein Zug erscheint aus schwarzer Gruft
mit einem seelenlosen Pfeifen.

Das Licht der Fenster flirrt vorbei,
betäubt mir meine müden Sinne,
ich lausch der Räder Litanei,
nur noch ein Schritt, doch halt ich inne.

Gesichter fliehen wie im Traum,
es glückt mir nicht, sie zu erfassen,
sie schaun mich an, ein Blinzeln kaum.
Schon ist's vorbei und sie verblassen.

Der Spuk entschwindet in der Nacht,
die Fetzen sinken auf die Gleise.
Aus tiefstem Dämmern aufgewacht,
hör ich ein Singen, fern und leise.
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.05.2016, 14:33   #2
männlich Ex-Poesieger
abgemeldet
 
Dabei seit: 11/2009
Beiträge: 7.222

Ist sehr gut bildlich vorstellbar.
Ex-Poesieger ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.05.2016, 15:20   #3
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Ja, wirklich! Der "Spuk" ist und seine unbehagliche Bühne sind toll eingefangen.

Mit Freude gelesen, lieber Nöck.

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.05.2016, 21:57   #4
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.082

Das ist stark, Nöck, das sind tolle Eindrücke, die Du bestens umgesetzt hast. Das Gesamtbild und die Atmosphäre sind stimmig, auch schwingt etwas Unheimliches mit (nur noch ein Schritt - denkt das lyrische Ich an den Freitod?).

Was mir nicht passend erscheint, ist das Verb "fluten" im Zusammenhang mit "Nebel". Eher denke ich dabei an Wasserströme, die etwas füllen oder überschwemmen. Aber es ist schwierig, dem Nebel ein passendes Verb zuzuordnen, weil er wenig tut. Er steigt und fällt bzw. löst sich auf, und zwischendurch hängt er einfach in der Luft. Gerne wird das Verb "wabern" verwendet, aber das klingt nicht schön.

Ich habe dafür im Augenblick keine Lösung.

Aber egal: Du hast ein tolltes Gedicht geschrieben.

Lieben Gruß
Ilka
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.05.2016, 22:06   #5
männlich dr.Frankenstein
 
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Dabei seit: 07/2015
Ort: Zwischen den Ostseewellen ertrunken
Alter: 41
Beiträge: 5.468

Geburt und Auflösung der Meta fern
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Alt 24.05.2016, 22:44   #6
weiblich Ex-Dabschi
abgemeldet
 
Dabei seit: 05/2014
Beiträge: 2.371

Zitat:
Zitat von Nöck Beitrag anzeigen
Der Bahnsteig döst im Neonlicht,
die Kälte nagt an meinen Beinen.
Der Nebel flutet fahl und dicht,
lässt graue Wände Tränen weinen.

Dann zittert und vibriert die Luft,
verscheucht ein Heer von Zeitungsstreifen;
ein Zug erscheint aus schwarzer Gruft
mit einem seelenlosen Pfeifen.

Das Licht der Fenster flirrt vorbei,
betäubt mir meine müden Sinne,
ich lausch der Räder Litanei,
nur noch ein Schritt, doch halt ich inne.

Gesichter fliehen wie im Traum,
es glückt mir nicht, sie zu erfassen,
sie schaun mich an, ein Blinzeln kaum.
Schon ist's vorbei und sie verblassen.

Der Spuk entschwindet in der Nacht,
die Fetzen sinken auf die Gleise.
Aus tiefstem Dämmern aufgewacht,
hör ich ein Singen, fern und leise.
Hallo Nöck,

Dein Gedicht hat es wirklich in sich. Toll geschrieben. Ich habe Kopfkino ...

Beim Lesen der letzten Strophe musste ich an Robert Enke denken ...

Liebe Grüße
Dabschi
Ex-Dabschi ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.05.2016, 13:14   #7
männlich Nöck
 
Benutzerbild von Nöck
 
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662

Hallo, liebe Poetinnen und Poeten,

danke für eure aufbauenden Kommentare. Einsame und leere Bahnsteige haben mich auf die Idee für mein Gedicht gebracht.

@Ilka-Maria
Der flutende Nebel ist in der Tat nicht sehr realistisch, aber "fluten" passt hier meiner Meinung nach gut zur düsteren Stimmung, nicht zuletzt wegen des tiefen und langgezogenen U.

Schön, dass dies Gedicht ein Kopfkino in Gang gesetzt hat. :-)

Liebe Grüße
Nöck
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.05.2016, 20:15   #8
männlich Gylon
 
Dabei seit: 07/2014
Beiträge: 4.269

Lieber Nöck,
ich schon wieder. Sehr gut!

Liebe Grüße Gylon
Gylon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.05.2016, 22:15   #9
weiblich heine953
 
Dabei seit: 04/2016
Beiträge: 383

Hallo Nöck!

Hast wohl mein Gedicht the night Train gelesen!
Tja Deine Version in allen Ehren!
Klingt für mich jedoch nicht authentisch!
heine953 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.05.2016, 07:03   #10
männlich Nöck
 
Benutzerbild von Nöck
 
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662

Hallo Gylon,

ich schon wieder, danke! :-)

Lieben Gruß
Nöck


Hallo Heine..,

echt nicht? Wie wärs mit ein wenig Fantasie? Dein Gedicht kenne ich nicht.

Nöck
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.06.2016, 17:14   #11
männlich Lewin
 
Dabei seit: 03/2015
Beiträge: 1.231

Standard Nachtzug

Hallo Nöck,

wenn man das Bahnfahren von heute mit dem von früher vergleicht, findet man die Authentizität, die dein Gedicht wunderbar zum Ausdruck bringt.
Nun ist Bahn nicht mehr gleich Bahn. Aber das Gefühl, das auch viele Filme vermitteln konnten, es bleibt. Zwanzig Jahre sind da schon ein spürbarer Zeitabschnitt. Sehr gelungen!

Herzlich grüßt Lewin.
Lewin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.06.2016, 21:18   #12
männlich Leandra
 
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Ort: NRW - Essen Umgebung.
Alter: 39
Beiträge: 771

Schöne Atmosphäre die Du da nieder schreibst.

MfG Leandra mit Liebe für alte Bahnhöfe.
Leandra ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.06.2016, 22:32   #13
männlich Ex Yuki
abgemeldet
 
Dabei seit: 05/2016
Alter: 46
Beiträge: 237

Zitat:
The Nighttrain is coming.
Du stehst am Gleis und siehst in sein Gesicht.
Der Asphalt leuchtet schmutzig grau. Nur
helle Neonröhren spenden Licht.

Zwei leuchtend helle Augen blicken gierig durch die Nacht
The Nighttrain is coming. Doch Niemand bringt er mit.
Zischend, fauchend fährt er ein. Dein Glück bleibt Heut Daheim.

The Nighttrain are Standing still.
Hoffnungsvoll sterbend, träumend verloren gehst Du heim.
-Ich erkenne nicht viele Parallelen, Heine.
Grau, Neonröhren, jemand schaut, es geht um Züge

Zitat:
Hast wohl mein Gedicht the night Train gelesen!
Tja Deine Version in allen Ehren!
Klingt für mich jedoch nicht authentisch!
...
Ex Yuki ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.06.2016, 23:21   #14
weiblich Ilka-Maria
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Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.082

Zitat:
Zitat von Yuki Beitrag anzeigen
Ich erkenne nicht viele Parallelen, Heine.
Grau, Neonröhren, jemand schaut, es geht um Züge
Ich erkenne ebenfalls keine Parallelen. An Inspiration gibt der "Night Train" auch nicht viel her, schon gar nicht mit dem merkwürdigen, teils falschen Englisch und den Rechtschreibfehlern.

Zitat:
Zitat von Heine
Hast wohl mein Gedicht the night Train gelesen!
Tja Deine Version in allen Ehren!
Klingt für mich jedoch nicht authentisch!
Was soll eigentlich immer das Argument mit dem "authentisch"? Das reale Leben ist authentisch genug, wer will den stinknormalen Alltag auch noch in der Literatur haben? Wenn ich Gedichte oder einen Roman lese oder mir einen Film ansehe, ist "Authentizität" das allerletzte, was ich mir wünsche.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.06.2016, 22:03   #15
Thing
R.I.P.
 
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Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Standard Lieber Nöck -

Ich finde das "fluten" passend, auch ich habe Nebel fluten gesehn!
Und ich bin ein ausgewiesener Nebelkenner.

Das Gedicht ist - hm, wie drück ich das am besten aus? -
stark!
Bei mir wirkt es sehr lange nach (ich habe eine ausgedehnte Zugfahrerlaufbahn hinter mir).
Das Gespenstische hallt wider wie das rattatatatt der Räder.

Echter geht fast gar nicht.
(wurde nicht die fehlende Authentizität bemängelt? Wenn ich das schon lese!!!)

Von Dürrenmatt gibt es eine Kurzgeschichte "Der Tunnel", die erzeugte bei mir ein ähnliches Gefühl; und dennoch nicht so eindringlich wie hier.

Einwandfrei ein Favorit!

Lieben Gruß
von
Romulus Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.06.2016, 08:52   #16
männlich Nöck
 
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Beiträge: 2.662

Hallo,

ich danke euch allen für eure Kommentare, zeigen sie mir doch, dass euch mein Gedicht "berührt" hat.

Liebe Grüße
Nöck
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