Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Liebe, Romantik und Leidenschaft

Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 13.06.2017, 12:41   #1
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Standard Das Traumboot

Ich folgte deiner Spur am Strand
so lang, bis ich dich wiederfand.
Wir gingen Hand in Hand ein Stück
und blickten unbemerkt zurück.

Und plötzlich lag das Boot im Sand,
schon ganz zerfasert seine Wand.
Doch stiegst du nochmals ein und ich
schob es aufs Meer für dich und mich.

Die Wellen zogen uns vom Strand
und fern von uns verschwand das Land.
Dann stieg das Meer, verschlang die Sicht.
Das alte Holz war nicht mehr dicht…
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.06.2017, 16:09   #2
weiblich Ex-Kokochanel
abgemeldet
 
Dabei seit: 05/2017
Beiträge: 61

ich lese, liebe Gummibaum, hier das Boot als Metapher für eine zerbrochene Beziehung, die nochmals wieder aufgenommen wurde.
Das Boot. Es kentert.
Vielleicht auch nur der Wunschgedanke des Li, was wäre wenn...
Dadurch bekommt das einfach daherkommende Gedicht Gewicht.
Formal schön gereimt, jeweils 6 Zeilen strophengleich und schön auch das Worstpiel des "Nicht dicht seins" am Ende.

LG von Koko
Ex-Kokochanel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.06.2017, 18:32   #3
Stachel
 
Benutzerbild von Stachel
 
Dabei seit: 03/2015
Ort: Niederrhein
Beiträge: 954

Lieber gummibaum,

dein Gedicht bietet bei mehrmaligem Lesen immer neue Facetten dieses in sich stimmigen Bildes. Kokochanel hat dankenswerterweise bereits einen guten Interpretationseinstieg geliefert. Je öfter ich es lese, desto mehr drängt sich der Beziehungsansatz auf. Träumt das LI (Titel) tatsächlich von der Wiederaufnahme einer alten Beziehung? Hat es gleichzeitig Angst davor, weil das Boot am Ende sinkt?
Die Geschichte bleibt offen, denn im Traum könnten den beiden Flügel wachsen, oder auch Kiemen. Besiegt sie das Meer oder umhüllt und beschützt es sie sanft?
Das "nicht dicht" hat für mich einen augenzwinkernden Anklang. Den beobachte ich bei dir häufig und mag ihn sehr gerne. Vielleicht möchte das LI damit ausdrücken, dass es sich selbst für ziemlich verrückt hält, an die alten Zeiten anknüpfen zu wollen. Dadurch, dass der Vergleich des LI mit dem alten Boot im letzten Vers funktioniert, öffnet sich Gleiches auch in V6. Nicht nur die Wand ist zerfasert, auch das LI hat die Stürme des Lebens kennen gelernt.

Auf mich wirkt das Gedicht pastellfarben und tendenziell beruhigend. Der Paarreim unterstütz das sehr gut, wie auch das Beziehungsthema.

Dein Text bietet eine sehr schöne Vorlage für allerlei Gedankenspiele. Danke dafür! Natürlich interessieren mich hier auch sehr die Gedanken des Dichters - sofern du magst.

Freundliche Grüße von
Stachel


PS: In V2 fehlt ein "ich" zwischen "bis" und "dich".
Stachel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.06.2017, 21:41   #4
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Liebe Kokochanel, lieber Stachel,

ihr habt den Text sehr gut interpretiert, was die Hoffnungen auf eine Wiedererweckung der unterbrochenen Beziehung betrifft.

Mehrdeutigkeiten und Augenzwinkern wurden trefflich entdeckt.

LG euer gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.06.2017, 23:33   #5
männlich Georg C. Peter
 
Benutzerbild von Georg C. Peter
 
Dabei seit: 03/2017
Ort: Karlsruhe
Beiträge: 834

Lieber Gummibaum,
ein schönes und gleichzeitig melancholisches Gedicht.
Es stellt sich die Frage:
Steigt man in das - morsche - Boot oder bleibt man lieber am Strand?
Riskiert man alles oder ist man mit weniger zufrieden?
Vielleicht sollte man ja lieber am Strand bleiben und einen Tequila trinken?
Danke für's Gedicht, gerne gelesen!
Liebe Grüße von Georg
Georg C. Peter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.06.2017, 07:26   #6
männlich Pit Bull
 
Benutzerbild von Pit Bull
 
Dabei seit: 08/2012
Ort: Berlin
Alter: 58
Beiträge: 1.878

Lieber gummibaum,

einerseits ein heiteres, andererseits jedoch auch ein eher trauriges Gedicht. Wie dem auch sei, gelungen ist es allemal.

Gut gebosselt!

VG Pitti
Pit Bull ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2017, 13:31   #7
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Lieber Georg, lieber Pit,

herzlichen Dank fürs Lesen und freundliche Kommentieren. Ja, der Text hat zwei Seiten.

Grüße von
gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2017, 13:43   #8
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.089

Zur Interpretation des Gedichts wurde bereits alles gesagt. Es ist eine wundervoll gelungene Metapher.

Was mich jedoch stört, ist das Adverb "unbemerkt" in der ersten Strophe. Es setzt einen Beobachter voraus, der im Gedicht nicht vorkommt. Vielleicht hätte "hoffnungsvoll" besser gepasst.

Lieben Gruß
Ilka
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2017, 14:46   #9
männlich fsami
 
Benutzerbild von fsami
 
Dabei seit: 03/2013
Beiträge: 274

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Was mich jedoch stört, ist das Adverb "unbemerkt" in der ersten Strophe.

Ilka, ich habe "unbemerkt" so verstanden, dass sie zurückgeschaut haben ohne das Zurückschauen selbst wahr zu nehmen.
fsami ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2017, 14:59   #10
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.089

Zitat:
Zitat von fsami Beitrag anzeigen
Ilka, ich habe "unbemerkt" so verstanden, dass sie zurückgeschaut haben ohne das Zurückschauen selbst wahr zu nehmen.
Das funktioniert nicht, fsami. Dann hätten sie das Boot nämlich auch nicht bemerkt. Entweder merkt man etwas, oder man merkt es nicht. Was du meinst, ist: unbemerkt voneinander, jeder für sich, also verstohlen.

Aber das Gegenteil ist der Fall: Das Pärchen ist Hand in Hand gemeinsam auf das Boot zurückgestiegen.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2017, 15:11   #11
männlich fsami
 
Benutzerbild von fsami
 
Dabei seit: 03/2013
Beiträge: 274

Ok, dann sehe ich es als ein Zurückblicken, welches unterbewusst erfolgt ist. Passt das besser?

@Gummibaum: Hilfe!
fsami ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2017, 15:24   #12
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.089

Ja, "unbewusst" geht auch.

Oder "instinktiv". Das klingt aber nicht poetisch.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2017, 16:25   #13
männlich Nöck
 
Benutzerbild von Nöck
 
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662

Synonyme für "unbemerkt" sind unter anderem "diskret" und "verstohlen", für mich ist es somit stimmig.


Lieber gummibaum,

welch schöne Zeilen und Bilder, die unverhofft vor meinen Augen auftauchen.

Die letzte Strophe könnte das Schlitzohr in dir offenbaren.

Zitat:
Zitat von gummibaum
Die Wellen zogen uns vom Strand
und fern von uns verschwand das Land.
Hat hier das LI den Boden unter den Füßen verloren und macht etwas Verrücktes wider die Vernunft?

Zitat:
Zitat von gummibaum
Dann stieg das Meer, verschlang die Sicht.
Das alte Holz war nicht mehr dicht…
Ja, das alte Holz, wir werden alle nicht jünger.

Prima Gedicht, gefällt mir immer wieder.

Liebe Grüße
Nöck
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2017, 17:07   #14
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.089

Zitat:
Zitat von Nöck Beitrag anzeigen
Synonyme für "unbemerkt" sind unter anderem "diskret" und "verstohlen", für mich ist es somit stimmig.
Ein Synonym ist nicht "gleichbedeutend", sondern "so ähnlich". Es kommt auf die Aussage des Textes an. Für mich ist "unbemerkt" ein passiver Zustand und setzt zwingend die Beobachtung durch eine dritte Person voraus.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2017, 20:30   #15
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Naja, vielleicht hat ja auch kein Außenstehender das Zurückblicken bemerkt, oder beide haben unabhängig von einander zurückgesehen, ohne daß es der andre bemerkt hat -
ich sehe das nicht als Streitpunkt, lieber gummibaum,
und ich danke auch fürs Gedicht, das ich mindestens zwanzigmal gelesen habe (alle Deutungen gefallen mir), denn ich hatte sehr viel Zeit...

Lieben Gruß
von
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.06.2017, 10:06   #16
männlich Nöck
 
Benutzerbild von Nöck
 
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662

Zitat:
Zitat von Thing
ich sehe das nicht als Streitpunkt
Ich auch nicht.

Der gute gummibaum wird am besten wissen, wie er es gemeint hat. Und nicht zuletzt kommt es auch auf die Lesart an - und die ist bei dem einen so und bei dem anderen so.

LG Nöck
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Das Traumboot




Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.