Bleib Single

[Ottilie]

Falls es dich gibt, mein Seelchen,
und falls du unsterblich,
so bitt‘ ich dich schon heute:
Bleib Single. Bleib für dich.

Es ist fürwahr der Körper,
den du dir ausgesucht,
von Albtraum und von Unruh
behaust, also: verflucht.

So möchte dieser Körper
am Schluss nur stofflich sein:
ein Häufchen Asche, Erde
an stumpfem Kieselstein.

Wirst du vom Leib dich lösen,
der einmal meiner war:
So fliege fort. Für immer!
Auf ewig ganz und gar.

Und komm mir bloß nicht wieder!
Lass meine Reste ruh‘n.
Hast du’s mit Auferstehung:
Das kannst du andern tun.

[Ilka-Maria]

Rhythmisch könntest du noch feilen, Ottilie. Aber inhaltlich rennst du mit dem Gedicht bei mir offene Türen ein. Super ausgesagt.

Ich will auch nicht wiederkommen, bin nämlich froh, in der richtigen Zeit gelebt zu haben und gut durchgekommen zu sein. Ich bin doch nicht so bekloppt und spiele nochmal va banque, nachdem ich weiß, was Menschen anderen Menschen antun können!

Einen Platz in der Hölle habe ich für mein Meta-Altenteil schon gebucht. Ich will nicht wie der Alois aus Bayern für alle Ewigkeit auf einer Wolke sitzen und die Saiten einer Harfe zupfen.

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag. Die Sonne ist schon da.

Ilka

[Faber]

Da schließe ich mich an. Egal wie schön das Leben auch sein kann, auf eine zweite Runde mit neu gemischten Karten kann ich gerne verzichten.

Schönes Gedicht, ließt sich sehr frisch. Du hast den Gedanken schön in Worte gefasst.

LG
Faber

[Heinz]

Liebe Ottilie,
nee, ich will mich nicht anschließen und habe Dir ein Gedicht gewidmet.
Liebe Grüße,
Heinz

[Ottilie]

Rhythmisch könntest du noch feilen...

Ja, stimmt, Ilka-Maria, ich bin mir bewusst, dass man noch ein wenig weiter harmonisieren resp. glätten könnte, sehe aber wieder die Gefahr des Leierns...

Es macht einen schon ein wenig traurig, wenn man hört/liest, dass die Lust auf Wiederkehr nicht sonderlich ausgeprägt zu sein scheint, siehe auch Fabers Anmerkung... Aber vielleicht war es auch so vorgesehen: dass es einmalig ist und bleiben soll, das schöne, kleine, arm und reiche Leben...

Wie schrecklich muss erst eine "ewige Wiederkehr" sein!

Schönen 1. Mai wünscht Ottilie. Genießt den freien Tag!

[Ilka-Maria]

Zitat von Ottilie

Wie schrecklich muss erst eine "ewige Wiederkehr" sein!

Das weiß niemand, Ottilie. Mir scheint aber, dass die Mehrheit der Menschen davon träumt, ewig leben zu können (zumindest in den Industriestaaten); sonst würden nicht seit Jahrzehnten Wissenschaftler daran arbeiten, herauszufinden, wie sie den Alterungsprozess aufhalten können. Ich hätte grundsätzlich nichts dagegen, wenn mein Leben sehr viel länger oder sogar unendlich wäre, aber unter der Bedingung, dass ich der bisher glücklichen Umstände weiterhin sicher sein könnte. Die Crux ist, dass mir das niemand garantieren kann. Das Risiko, das eine Wiederkehr oder ein dauerhaftes Bleiben birgt, ist erheblich, denn dem weitaus größeren Teil der Menschheit geht es weit weniger gut als uns in Westeuropa. Hätte ich Pech, fände ich mich zur falschen Zeit am falschen Ort wieder.

Dir auch einen schönen Feiertag.

Ilka

[Faber]

Zitat von Ilka-Maria

Mir scheint aber, dass die Mehrheit der Menschen davon träumt, ewig leben zu können (zumindest in den Industriestaaten)

Dazu gab es hier vor nicht allzulanger Zeit schon eine Diskussion.

Zitat von Heinz

Liebe Ottilie,
nee, ich will mich nicht anschließen und habe Dir ein Gedicht gewidmet.

Ich kann beiden Gedichten gleichermaßen viel abgewinnen, sowohl der Vorlage von Ottilie als auch der Erwiderung von Heinz. Sehr schön gedichtet.

LG
Faber

[Bernhard]

Ein Thema mit unerschöpflicher Inspiration. Es ist sehr schön, Deinen Gedanken zu folgen, die vermutlich jeder von uns schon einmal (oder viel öfter...) gehabt hat. Aber ein bisserl lieb hast Du Dein Seelchen ja schon, sonst würdest Du es ja nicht "Seelchen" nennen.
Man kann es sich einfach nicht vorstellen, das "Abschied nehmen von sich selber", bzw. das "Nicht existieren". Zudem kommt ein instinktives Bedürfnis, am Leben bleiben zu wollen, was uns wohl die Evolution geschenkt hat.
Naja, immerhin war man ja schon 11 Milliarden Jahre lang nicht existent und das war ja absolut stressfrei...

Sehr gerne gelesen mit Nachwirkung