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Alt 25.04.2013, 21:33   #1
weiblich simbaladung
 
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Standard Beileidsbrief

Liebe xy,

wie soll ich nur Worte finden,
wenn kein Wort dich zu trösten vermag -
wie nur Worte finden???

Worte finden müssen,
zu Worten zurückfinden müssen,

unfassbar Trauriges in Worte gefasst werden muss,
um es mit hilflosem Gestammel auch nur annähernd zu fassen?

Um über Worte
auch wieder zum Lächeln
und auch wieder zum Lachen zurück zu finden ....
simbaladung ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.04.2013, 00:05   #2
weiblich C.Alvarez
 
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Liebe simbaladung,

bei allem Respekt, aber wenn du mir mit sowas zum kondolieren kommen würdest, nee, da wäre ich wirklich angepisst. Soll ein Trauernder sich an deinen lyrischen Wortspielen erfreuen, die anscheinend schon früh mit dem zurückfinden des Lachens enden?
Ein Gedicht kann die Zeit sehr schnell vergehen lassen. Ob das einem trauernden Menschen mit so einem Gedicht auch gelingt wage ich doch zu bezweifeln.

Nichts für ungut,

Corazon
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Alt 26.04.2013, 08:09   #3
weiblich simbaladung
 
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Danke, Corazon, für deine durchaus nachvollziehbare Reaktion.

Ich erlebe gerade in unserer Familie (nach einem Selbstmord) eines Vaters, der nach außen völlig überzeugend den Starken, Fröhlichen gespielt hat, wie wir uns alle mit Worten in die Normalität zurückholen. Weinen und ja, Lachen wieder, nicht über diese unfassbare Sache, sondern miteinander und erleben, wie das befreit und für Momente die Schwere nimmt. Jeder weiß, wie es um uns alle steht, aber da sind auch vor allem Kinder, für die man schnell wieder lachen muss, obwohl in stillen Momenten auch der Raum für Tränen sein darf.

Ein Bruder wird bei der Trauerfeier seine Gedanken in einem Gedicht vortragen,
ich finde das wunderbar, hoffentlich hält er durch.

lg simbaladung
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Alt 26.04.2013, 15:33   #4
weiblich C.Alvarez
 
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Hallo simbaladung,

ich wußte nicht, daß dein Gedicht einen aktuellen realen Hintergrund hat, sonst hätte ich nicht geschrieben. Ich wirke oft ungewollt arrogant und wollte keinesfalls auch noch taktlos rüberkommen.

Corazon
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Alt 26.04.2013, 16:35   #5
weiblich simbaladung
 
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Hallo, Corazon,

warum hättest du dann nicht geschrieben? Man postet doch hier, um Reaktionen zu bekommen und ob reale Erlebnisse dahinter stehen, weiss man nie.

Aber ist doch nichts passiert, du hast mich ja nicht persönlich beleidigt, sondern nur gesagt, (sehr deutlich und sehr spontan) wie du dich fühlern würdest, wenn du als Trauernde so einen Brief bekommen würdest. Das kam absolut ehrlich bei mir an.

Vielmehr hätte mich interessiert, ob du jetzt, wenn du gut nachdenkst, vielleicht doch ein bisschen mit diesem Gedankengang anfangen kannst.
Aber wenn nicht, ist das auch ganz allein deine Sache.

lg simba
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Alt 26.04.2013, 17:04   #6
weiblich C.Alvarez
 
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Zitat:
Zitat von simbaladung Beitrag anzeigen
Vielmehr hätte mich interessiert, ob du jetzt, wenn du gut nachdenkst, vielleicht doch ein bisschen mit diesem Gedankengang anfangen kannst.
Aber wenn nicht, ist das auch ganz allein deine Sache.
Ganz ehrlich, simbaladung, ich weiß es nicht. Es ist für mich ein Unterschied über etwas theoretisches zu schreiben oder zu wissen, wie ich wirklich in so einer konkreten Situation auf den Text reagieren würde. Durchaus möglich, daß die Reaktion dann eine andere wäre, als mein Kommentar hier. Deshalb meine Bemerkung "hätte ich nicht geschrieben". Weil ich es nicht weiß.

Gruß

Corazon
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Alt 03.06.2013, 22:26   #7
männlich Schmuddelkind
 
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Zitat:
Liebe xy,

wie soll ich nur Worte finden,
wenn kein Wort dich zu trösten vermag -
wie nur Worte finden???

Worte finden müssen,
zu Worten zurückfinden müssen,

unfassbar Trauriges in Worte gefasst werden muss,
um es mit hilflosem Gestammel auch nur annähernd zu fassen?

Um über Worte
auch wieder zum Lächeln
und auch wieder zum Lachen zurück zu finden ....
Liebe simba,

ich hätte das auch nicht geschrieben, aber nur deshalb, weil ich nicht du bin und auch nicht in derselben Situation bin. Aber wenn ich mir die deutlich umrissene Situation vor Augen führe, dann berührt mich der Brief sehr, denn er reicht weit über ein Wortspiel hinaus.

Er tut genau das, was er beschreibt: er sucht nach den richtigen Worten für ein Gefühl, das man nicht in Worte fassen kann und ist doch alles andere als nichtssagend, weil er nachempfindbare Situationen plastisch macht: wer kennt nicht dieses Gefühl, trösten zu wollen, wenn es doch keine wirklich tröstenden Worte gibt?

Und genau das erklärst du zum Grundmotiv dieses Textes, der dann der Hilflosigkeit nur einen einzigen (den einzigen), aber wohlmöglich (vielleicht nicht gleich, aber nach ein paar Wochen, Monaten, Jahren) tröstenden Gedanken gegenüberstellt: Hoffnung.

Es ist so melancholisch, wie es einfühlsam ist und so ehrlich, wie es verwirrend sein muss.

LG
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Alt 03.06.2013, 23:08   #8
weiblich simbaladung
 
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Hallo, lieber Schmuddel,

ja, man muss wieder zurückfinden zu Worten, möglichst schnell, nur das hilft
allen (besonders wenn, wie hier ein kleiner Sohn da ist und viele weitere Kinder in der Verwandtschaft), aber auch für alle anderen ist das ein Segen. Und ich hab erlebt, dass es funktioniert. Jeder weiß, dass der Schmerz trotzdem da ist, aber es befreit, wenn man den Blick für alles andere, normale Gute nicht verliert und ja, auch trotz des Schmerzes lächeln und lachen kann. So verwirrend sich das auch anhört.

Danke für deinen Kommentar.

lg simba
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Alt 03.06.2013, 23:26   #9
Thing
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Alt 04.06.2013, 16:45   #10
männlich Desperado
 
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Zitat:
Zitat von simbaladung Beitrag anzeigen
Ich erlebe gerade in unserer Familie (nach einem Selbstmord) eines Vaters, der nach außen völlig überzeugend den Starken, Fröhlichen gespielt hat, wie wir uns alle mit Worten in die Normalität zurückholen.
Das ist nicht Sinn der Sache, simba, sorry wenn ich das so geradeheraus sage.

Ein Freitod wird nicht dafür verübt und soll eben grade nicht zur Folge haben, mit allen Kräften die "Normalität" wiederherzustellen, und sei es um der verstörten Kinder Willen, die so oder so ein Leben lang daran zu knabbern haben werden, das lässt sich nicht vermeiden und ist durch keinen noch so guten Willen abzuwenden.

Ein Suizid setzt die Normalität nicht nur außer Kraft, er stellt sie grundsätzlich in Frage, und ein entschiedenes Nein zum Weiterleben stellt das Leben als Ganzes in Frage, die Liebe, die Hoffnung, einfach alles. Dieser Frage gilt es sich schonungslos zu stellen. Je offensiver -und durchaus auch aggressiver- man der Selbsttötung begegnet, desto mehr verliert sie an Unbegreiflichkeit und lähmendem Schrecken, desto weniger bedrohlich wird das Trauma über die nicht nachvollziehbare Tat. Die zurückgelassene bzw. ausstehende Verantwortung wirft Fragen auf, auf die es keine zu ergründende Antwort gibt, die massive Belastung für die Hinterbliebenen ist nicht durch noch so gut gemeinte tröstende Worte zu bewältigen.

Gerade bei einem scheinbar unbeschwerten und stabilen Menschen ist der Schock über seine völlig unerwartete Tat absolut. Wie konnte ich das nicht sehen? Tatsache ist, dass Suizidgefährdete eine sehr ungewöhnliche Begabung besitzen darin, es die Allernächsten nicht sehen, spüren und ahnen zu lassen bis zuletzt.

Wie konnte er mir, uns das antun? Sehr viele Selbstmörder halten ihren Abgang für das einzige Mögliche und Beste für alle Beteiligten, ob dieser Gewissheit ist kein Schuldbewusstsein mehr vorhanden, da sie glauben, dass die Hinterbliebenen das ebenso sehen und verstehen werden, wenn nicht gleich, dann im Lauf der Zeit. Tatsächlich kann ein Suizid Ausdruck von mächtiger und selbstloser Liebe sein, der freilich von den davon betroffenen Angehörigen nicht so begriffen werden kann.

Das braucht Zeit, sehr viel Zeit, wie gesagt lebenslange Zeit. Knie Dich da nicht zu tief rein, die Grenzen des Scheiterns sind eng gesteckt, lass es so stehen und trauere lieber entkrampft anstatt Dich zu etwas zu zwingen, nur so ein kleiner Rat am Rande.

Herzlich und betroffen
Desperado
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