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Sonstiges Gedichte und Experimentelles Diverse Gedichte mit unklarem Thema sowie Experimentelles.

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Alt 16.08.2008, 13:19   #1
Branquignole
 
Dabei seit: 02/2008
Beiträge: 16

Standard du hast doch gesagt


du hast doch gesagt

zerpflückt bis ins innerste
wo die astern nicht welken
sollten

doch in ascheflocken baden
will ich lange nicht mehr
dir den schnee schwarz
aus den wimpern pusten

ruhen im brechenden haar
das knackt und schal wird
der abend in weiß

du hast doch gesagt
schweigen ist ehrlich

© Franziska Kurtz
Branquignole ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.08.2008, 21:05   #2
exmaex
 
Dabei seit: 04/2005
Beiträge: 362

Hallo Branquignole,
schweigen will ich hier nicht:
"schweigen ist ehrlich" ist ein Aphorismus, den ich so noch nicht gehört habe. Gefallen tut er mir recht gut.
Nach dem ersten Lesen des Gedichtes ist er als einziger hängengeblieben, auch weil er im Zusammenhang mit "du hast doch gesagt" mehr als nur einen Boden aufweist. Trotzdem ich vom Rest noch nicht viel verstanden habe, hält mich der starke Schluss doch mit einem gewissen Intersse am Text:
Normalerweise fände ich es zwar (prinzipiell ) unschön, dass der relativ langweilige Titel im Gedicht seine Wiederholung findet, da er aber durch den letzten Vers einen interessanten neuen Schliff erhält, stört mich das hier nicht so sehr (so formell sehe ich grad, dass er sogar ganze vier mal auf dieser seite zu sehen ist 8o edit:drei).
So, nun werde ich mal versuchen das Pferd von hinten aufzusatteln:
Die letzte Strophe lässt mitschwingen, dass das Du selber nicht ganz ehrlich ist/war. Was dabei völlig offen bleibt, ist, was gelogen wurde. Jedenfalls hat sich das Du nach allen regeln der russel´schen Antinomie selbst disqualifiziert. Naiv vom Ich, das erst jetzt zu bemerken ("du hast doch gesagt").
Zweiter Ansatz: das Du hat naiv an eine Wahrheit geglaubt ("schweigen ist ehrlich"). Vllt. hat das Ich dem Du die ganze Zeit etwas vorenthalten und muss ihm nun die enttäuschende Wahrheit gestehen. Opfer- & Täterrollen sind hier also im Vergleich zum ersten Ansatz vertauscht.

Wie ich es auch betrachte... es steckt viel in diesen beiden Zeilen, deshalb will ich auch, um der sache näher treten zu können, den Rest nicht vernachlässigen.
Erste Strophe:
"nicht welken sollten" --> sie welken also doch, die Astern.
Wikipedia sagt: "Die lateinische Ableitung des Gattungsnamens ist astrum, was Stern, Gestirn bedeutet."; metaphorisch gesehen könnten sie hier also als Hoffnungen/Wünsche herhalten. in dem hochwissenschaftlichen gebiet der Traumdeutung (*g*) bedeuten sie ja auch soviel wie Hoffnung.
Etwas, dass eigentlich unsterblich schien, ist also hoffnungslos zerstört.
Mir fällt gerade auf, in welcher Rubrik das hier sitzt. Jetzt muss ich natürlich die Liebe denken und im Zusammenhang mit dem Ende auf ein "gebrochenes Herz" des Ichs/Dus schließen. Aber sehen wir weiter:
"baden in ascheflocken" das erste Bild, dass mir dazu in den Kopf schießt, Pompeii, verwerfe ich lieber gleich wieder und probiere es weiter mit Symbolik: Asche als die verloschenen Überreste von Gefühlen. Das Ich will also schon länger nicht mehr den alten Gefühlen (Liebeskummer, peut-être) nachhängen und das unmögliche (schwarzer Schnee (Gefühlskälte)) zu ersehnen (Wimpern pusten-->sich etwas wünschen). Hierbei fällt mir die Inversion der beiden ersten Verse der 2. Strophe negativ auf, die anscheinend keinen wirklichen Zweck erfüllt.
Klanglich gefällt mir die dritte Strophe am besten, bildlich auch. Inhaltlich finde ich sie jedoch schwer zu deuten. Der weiße Abend könnte eine Verbindung zum Schnee darstellen, das Gefühlsleben ist nun völlig verweißt (farblos). Das Haar (Weiblichkeit, Würde) zerbricht, es ist schal (trocken, dürr).

Alles in allem ist die Aussage des Textes für mich etztendlich doch banaler, als anfangs gedacht: Das Ich macht mit der verflossenen Liebe endlich Schluss.
Leider kommen mir die Metaphern relativ unmotiviert daher. Sie umschreiben und tragen zwar den Inhalt, zwischen ihnen besteht jedoch kein bildlicher oder inhaltlicher Zusammenhang (außer Schnee & weißer Abend, was aber auch Zufall sein kann). Verbindet man alle Subebenen entsteht ein unspektakuläres Liebeskummergedicht.
Dabei versucht die gute letzte Strophe vergeblich einen Text zu stützen, der ihr nicht gerecht wird.

Fazit: Potential ist auf jeden Fall da, Metaphern und Symbole sollten aber bedächtiger eingesetzt und besser in Einklang gebracht werden.

lieben Gruß
Maxim


p.s.: ich verstehe den italic-style nicht
exmaex ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.08.2008, 17:17   #3
Branquignole
 
Dabei seit: 02/2008
Beiträge: 16

@ Struppigel: Danke noch mal.


Hallo exmaex.

Zitat:
Das Ich macht mit der verflossenen Liebe endlich Schluss.
Nein. Aber dass du das denkst, ist mein Fehler. Rubrik falsch gewählt, weil das Assoziationen herbeigeführt hat, die so nicht vorgesehen waren. Gut, jetzt ist es verschoben.

Etwas klarer sollte es werden, wenn man sich mal das hier über Asche anschaut.

Zu deinem p.s.: Kursiv scheint mir manchmal einfach besser zu etwas Gedankengang-artigem zu passen.

Ich freue mich auf jeden Fall, dass du dem Text so viel Zeit und einen so langen Kommentar gewidmet hast, weil er ein schöner Einblick in das war, was ich als Autorin mit der Rubrikwahl falsch gemacht habe. Ebenfalls freut, dass du die letzte Strophe als gut einstufst, auch wenn da der Rest wohl in deinen Augen - zumindest mit deiner momentanen Interpretation - nicht mithalten kann.

Ich glaub, das mit den Metaphern, die nicht ganz im Einklang sind, mach ich öfter. Da bleibt mir wohl nichts übrig als schleifen, schleifen, schleifen und genauer hingucken. Hier allerdings find ich's nicht gar so tragisch (Astern & Haar, zwei Lebendige, die welken; und die Asche). Letztlich ist es ja aber nicht gut, nur weil ich es für gut halte, also falls dir sich irgendwas Neues auftut, wär es natürlich schön, wenn du dich noch mal melden würdest.

Danke auf jeden Fall für den Kommentar.

Lieben Gruß, Branq
Branquignole ist offline   Mit Zitat antworten
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