U-Bahn bei Poetry.de

Sehnsucht · 21.02.2012, 13:41

Ich träume mich zurück in Polster alter U-Bahn-Fahrten.
Erinner' mich daran, wie hilflos ich war vor den Karten,
die mich dann letzten Endes doch zurück zur Liebe führten,
an die ich niemals glaubte.

Die Tauben vor dem Fenster, die mal weiß war'n, sind jetzt dreckig grau.
Die Nacht war einmal unser und ich tanzte durch den Morgentau.
Wir waren Körper, die einander nur im Dunkel spürten,
an die ich nicht mehr glaube.

Bin ich nur in den Polstern oder ganz und gar versunken?
Ich habe mich am Leben so besinnungslos getrunken.
Ich kann in den verschwomm'nen Augen lange nicht mehr lesen.
Weil ich an sie nicht glaube.

Die letzten Worte schmiegen sich an den, der längst vergessen,
an dem sich andere ja mit Verzweiflung heute messen.
Du bist nur nichts und du bist nie auch nur etwas gewesen.
Woran ich niemals glaubte

Ilka-Maria · 21.02.2012, 13:57

Da schreitet ein altbekanntes Thema mal in einem ganz ungewöhnlichen Kleid heran, und die Form des Gedichts weicht ebenfalls vom Allgemeinen ab. Der Inhalt läßt zudem viel Spielraum für Interpretation. Das alles hat mir den Text schon beim ersten Lesen sympathisch gemacht.

LG
Ilka

Thing · 21.02.2012, 14:05

Hochinteressant
und in meinen Augen außergewöhnlich gut gestaltet.
Wenn man Absicht dahinter sieht, daß der Schlußpunkt fehlt - dann ist das raffiniert.
Das Gedicht ist eine Perle in all den poetryschen Sandkörnern.

Ich bin sehr selten U-Bahn gefahren, aber viele Jahre lang im Zug.
In dem ich mich auch Gedanken und Gefühlen widmen konnte (das "hingeben" ist mir zu drastisch).

Dort sind viele meiner Gedichte entstanden.

Ich schließe mich Ilka-Maria an und

sage mit einem Halli, Hallo Sehnsucht -

Gruß
von
Thing

Sehnsucht · 21.02.2012, 14:19

Ich danke euch für eure Kommentare.

Ich muss zunächst einmal zugeben, dass der Schlusspunkt nicht absichtlich fehlt. Allerdings hast du recht, das ist interessant und ich lasse es so.

Ich bin auch selten U-Bahn gefahren und gerade das macht die Gefühle, die beim Gedanken daran aufkommen, so einzigartig an die Person gebunden, zu der ich fuhr, wenn ich fuhr.

Ich war mir sehr unsicher, ob die unkonventionelle Form eventuell störend sein könnte und bin recht froh, dass sie euch nicht übel aufstößt.

Einen schönen fast-Nachmittag.

21.02.2012, 13:41	#1
Sehnsucht Dabei seit: 04/2009 Ort: Pampa Alter: 30 Beiträge: 44 Meine Gedichte	U-Bahn Ich träume mich zurück in Polster alter U-Bahn-Fahrten. Erinner' mich daran, wie hilflos ich war vor den Karten, die mich dann letzten Endes doch zurück zur Liebe führten, an die ich niemals glaubte. Die Tauben vor dem Fenster, die mal weiß war'n, sind jetzt dreckig grau. Die Nacht war einmal unser und ich tanzte durch den Morgentau. Wir waren Körper, die einander nur im Dunkel spürten, an die ich nicht mehr glaube. Bin ich nur in den Polstern oder ganz und gar versunken? Ich habe mich am Leben so besinnungslos getrunken. Ich kann in den verschwomm'nen Augen lange nicht mehr lesen. Weil ich an sie nicht glaube. Die letzten Worte schmiegen sich an den, der längst vergessen, an dem sich andere ja mit Verzweiflung heute messen. Du bist nur nichts und du bist nie auch nur etwas gewesen. Woran ich niemals glaubte

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21.02.2012, 13:57	#2
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.089 Meine Gedichte Meine Favoriten	Da schreitet ein altbekanntes Thema mal in einem ganz ungewöhnlichen Kleid heran, und die Form des Gedichts weicht ebenfalls vom Allgemeinen ab. Der Inhalt läßt zudem viel Spielraum für Interpretation. Das alles hat mir den Text schon beim ersten Lesen sympathisch gemacht. LG Ilka

21.02.2012, 14:05	#3
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hochinteressant und in meinen Augen außergewöhnlich gut gestaltet. Wenn man Absicht dahinter sieht, daß der Schlußpunkt fehlt - dann ist das raffiniert. Das Gedicht ist eine Perle in all den poetryschen Sandkörnern. Ich bin sehr selten U-Bahn gefahren, aber viele Jahre lang im Zug. In dem ich mich auch Gedanken und Gefühlen widmen konnte (das "hingeben" ist mir zu drastisch). Dort sind viele meiner Gedichte entstanden. Ich schließe mich Ilka-Maria an und sage mit einem Halli, Hallo Sehnsucht - Gruß von Thing

21.02.2012, 14:19	#4
Sehnsucht Dabei seit: 04/2009 Ort: Pampa Alter: 30 Beiträge: 44 Meine Gedichte	Ich danke euch für eure Kommentare. Ich muss zunächst einmal zugeben, dass der Schlusspunkt nicht absichtlich fehlt. Allerdings hast du recht, das ist interessant und ich lasse es so. Ich bin auch selten U-Bahn gefahren und gerade das macht die Gefühle, die beim Gedanken daran aufkommen, so einzigartig an die Person gebunden, zu der ich fuhr, wenn ich fuhr. Ich war mir sehr unsicher, ob die unkonventionelle Form eventuell störend sein könnte und bin recht froh, dass sie euch nicht übel aufstößt. Einen schönen fast-Nachmittag.