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Alt 06.03.2007, 18:09   #1
Smaointe
 
Dabei seit: 02/2007
Beiträge: 61


Standard Dein Abschied

Mmmmmh, der Titel hat keine Würdigung verdient, vielleicht habt ihr ja eine Idee ... solange heißt es noch:

Dein Abschied

Sie riss das Papier in Streifen. Nicht wegen des Papiers; sie mochte das Geräusch und die schnurgerade Linie, die der Riss nach unten zog. Sie mochte die kleinen Fasern, die ihn säumten und sie mochte das Gefühl, mit dem der Widerstand unter ihren Fingern zerbrach.
Das Fenster war offen. Sie hatte es selbst aufgemacht, aber inzwischen war es kalt geworden und sie fror. Sie stand auf, aber sie konnte sich nicht entschließen, hinzugehen und es zuzumachen. So kalt war es gar nicht. Oder doch? In gewisser Weise freute sie sich darüber.
Sie ging hin und berührte den Fenstergriff mit der Hand. Dann schlug sie es entschlossen zu und wandte sich ruckartig ab. Die Farben in ihrem Zimmer wirkten wie aufgepinselt, aber sie wusste, dass das vorbeigehen würde.
Auf dem Tisch lag der Brief. Die Handschrift war noch unverkennbar die seine, aber sie konnte sie nicht mehr lesen, denn das Blatt war in schmale, längliche Streifen gerissen.

So. Kommentare, bitte ... )
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Alt 06.03.2007, 19:00   #2
Werther
 
Dabei seit: 01/2007
Beiträge: 404


Hallo,
das kann sich sehen lassen! Im ersten Satz dachte ich, sie zerreißt einen Brief. Dann aber wiederlegten die nachfolgenden Sätze meinen Gedankengang: es war wohl doch nur ein einfaches Stück Papier. Wie ich darauf kam: nun, sie war so eins mit sich, so ruhig - da war keine Wut, keine Enttäuschung kein Frust.
Und am Ende war es doch ein Brief, aber das bleibt einem bis zum letzten Satz verborgen. Es stellt sich auch die Frage, hat sie ihn vorher gelesen, oder nicht? Selbst wenn, sie wusste schon vorher, dass sie ihn in Streifen reißen würde.
Für sie ist das alles schon lang vorbei - die Geschichte erzählt soviel mehr, als wörtlich dasteht. Das ist wirklich faszinierend.

Einzig den Ausflug zum Fenster verstehe ich nicht ganz. Dass er notwenig war, um die Spannung zu erhalten, leuchtet mir ein, aber warum musste es das Fenster sein? Warum wird ihr kalt? Rein symbolisch finde ich das etwas widersinnig, da es ihr doch sichtlich besser ging, nachdem sie den Brief zerrissen hat. Oder doch nicht? Verflucht sie vielleicht ihre Tat?
Die Geschichte wirft also im gleichen Maße auch Fragen auf und sie lässt mich nicht los. Wie gesagt, du erzählst viel mehr, als wörtlich dasteht, aber immer noch zu wenig. So viele Aspekte, die im Dunkeln bleiben. Vielleicht mag ich auch grade diesen Charakterzug deiner Geschichte. Auf jeden Fall habe ich sie gern gelesen.

Gruß, Werther

EDIT: Der Titel scheint wirklich etwas losgelöst vom Text - es sei denn, man bezieht ihn auf den Brief: ein Abschiedsbrief also, ein "Es war schön mit dir, aber tschüss". Hm...
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Alt 07.03.2007, 15:20   #3
Smaointe
 
Dabei seit: 02/2007
Beiträge: 61


Erstmal danke für deine schönen Gedanken, so ungefähr habe ich's mir auch gedacht. Ich wollte damit das Ende einer Beziehung darstellen, sozusagen beendet von "ihm", aber das Zerreißen zeigt ja schon, dass für sie schon viel eher Schluss war und diese Verbindung gar kein Teil mehr von ihr ist.

So, und nun zum Fenster. In meiner Theorie symbolisiert die Kälte ihre Trauer. Sie hat das Fenster selbst aufgemacht, das kam ja schon vorher, sie hat sich diese Trauer selbst verschafft indem sie sich von ihrem Partner abgewandt hat, aber jetzt ist es ihr zu viel und sie will sich für etwas Neues öffnen. Deshalb schließt sie es. Ihr Zimmer ist ja auch gleich viel bunter ...

Ich hoffe, meine Gedanken erschließen sich dir jetzt ... Freut mich, dass es dir gefällt!

cu Smaointe
Smaointe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.03.2007, 21:55   #4
Werther
 
Dabei seit: 01/2007
Beiträge: 404


Jup, jetzt ist mir alles klar. Und ich frage mich, warum ich nicht selbst drauf kam, ist nämlich ein sehr gutes Symbol, sehr treffend. Danke für die Aufklärung.

Gruß, Werther
Werther ist offline   Mit Zitat antworten
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Lesezeichen für Dein Abschied




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