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Alt 01.11.2023, 21:21   #1
männlich Eisenvorhang
 
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Standard Die Stille des Hauses

In einer kleinen Stadt, die sich in der Biegung eines träge fließenden Flusses schmiegte, stand ein altes Haus. Die geschlossenen Fenster voller Vergangenheit, starrten blicklos auf einen Garten, der im Herbstlaub versank. Johannes, der letzte Spross einer Familie, die einst wie eine Eiche im Dorf verwurzelt war, stand vor diesem Haus und spürte, wie die Zeit in ihm zu stocken schien.

Johannes' Blick haftete an der Fassade des Hauses, das nicht mehr ihm gehörte. Der Verkauf hatte sich wie ein unabwendbarer Akt vollzogen, fast so, als wäre das Haus selbst bereit gewesen, von den Erinnerungen Abschied zu nehmen, die es beherbergte. Er hatte den Schlüssel übergeben, das letzte Band durchtrennt, und doch fühlte sich jeder Schritt weg von der Haustür an, als würde er eine tiefe Spur im Boden hinterlassen.
Die neuen Eigentümer würden bald einziehen, das Haus nach ihrem Geschmack umgestalten, eine neue Geschichte in diesen alten Mauern beginnen. Johannes jedoch stand da, als könne er nicht begreifen, dass sein Zuhause nun ein Ort sein würde, an dem er nur noch als Gast willkommen wäre.

Das Knirschen des Kiesweges unter seinen Schuhen brach die Stille, als er langsam um das Haus herumging, so, als könnte er dadurch den Wandel aufhalten. Er schaute durch die Fenster, doch der Anblick der leeren Räume verstärkte nur das Gefühl der Entfremdung. Nichts war mehr da, was ihm ein Anrecht auf Trauer geben würde; die Möbel, die Bilder, sogar die kleinen Makel, die jeder Winkel trug, waren verschwunden.

Ein kalter Herbstwind trieb Blätterwirbel durch den Garten, und Johannes sah zu, wie sie über die Stellen tanzten, an denen einst seine Mutter Johannesbeeren gepflanzt hatte. Er konnte sie noch sehen, die Blumen und Früchte, in ihrer prächtigen Vielfalt, jedes Jahr neu erblühend, und seine Mutter, die mit liebevoller Hand die Erde umgrub.
Nun waren dort nur noch die stummen Zeugen der Jahreszeit zu finden, und in den kahlen Zweigen der Bäume schien ein Flüstern zu liegen, das ihm von Vergänglichkeit erzählte. Ein tiefes Gefühl der Melancholie ergriff ihn, als er erkannte, dass mit dem Verlust des Hauses mehr verbunden war als nur der Abschied von Ziegeln und Mörtel.
All die Geräusche – die Stimmen seiner Eltern, die Schritte auf dem Holzboden, die Laute des Lebens, die das Haus erfüllt hatten – waren nun der Stille gewichen. Die Zeit hatte ihre unaufhaltsame Reise fortgesetzt, und er, Johannes, stand da, ein verwaister Sohn, der die Endlichkeit des Seins begreifen musste.
Noch einmal ging sein Blick zurück, als er sich abwandte, eine Geste, die schwerer wog als alle Gegenstände, die er aus dem Haus getragen hatte. Es war ein Abschied von der Kindheit, von der Unschuld, von einer Welt, die so sicher und unveränderlich schien und doch so zerbrechlich war.
Mit schweren Schritten setzte Johannes seinen Weg fort, das Rauschen des Flusses im Ohr, der unaufhörlich floss, gleichgültig gegenüber dem Bedauern. Und während er ging, wurde ihm bewusst, dass er zwar das Haus verloren hatte, aber die Erinnerungen daran, die fest in seinem Inneren verankert waren, ihn überallhin begleiten würden:

Herr, es ist Zeit. Der Abschied naht, so groß.
Leg deinen Schatten auf das Elternhaus,
und lass mich bitte los.
Befiehl dem Herzen, stark zu sein;
gib ihm noch zwei geduldige Tage,
dränge den Abschied, und präge
die letzte Erinnerung in das Fundament des Mutes.
Wer nun kein Heim mehr hat, verliert so viel.
Wer nun verwaist ist, wird es tiefer spüren,
wird trauern, schweigen, in Gedanken führen
und wird in eignen Zimmern hin und her
unruhig wandeln wie ein Fremder.
Still, tiefe Stille, wo einst Leben klang. Feste Dinge,
zurückgelassenes Leben, das gebunden ist,
das befragt und nicht beantwortet werden will, - füge
doch auch mich ein in den Reigen des Verlassenen,
das du bewahrst und das nun schweigsam ruht. Harren
denn meine Gedanken noch zu sehr bei Mutter und Vater?
Würde sich denn mein Inneres
noch immer sträuben gegen das Vergängliche
abzuheben? Wäge an meinem Herzen:
Ruht es nicht aus wie verlassenes Gut und Kram?
Ist nicht der Abgang selbst bloß
eine Heimat, und ruht die Stille
nicht ganz so, schwer mit Bedeutung, um sie, -
als wären sie Relikte, die, vergangen,
nicht anders zeugen, als im Sein?
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Alt 02.11.2023, 07:51   #2
weiblich Silver
 
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Standard Guten Morgen EV,

Hallo Eisenvorhang,

gern habe ich Deine Geschichte vom alten Haus und den Erinnerungen, die es beherbergt, gelesen. Du hast eine sehr schöne Art des Ausdrucks.

Mit dem ersten Satz habe ich jedoch Schwierigkeiten.

"In einer kleinen Stadt, die sich in der Biegung eines trägen fließenden Flusses schmiegte, stand ein altes Haus."


In einer kleinen Stadt, die sich schmiegte? Müsste es nicht: eine kleine Stadt heißen? Wobei sich meines Erachtens eine ganze Stadt nicht an der Biegung eines Flusses befinden kann. Sicher bezieht sich Flussbiegung auf das Haus. Eines träge fließenden Flusses...., statt in der Biegung schmiegte, würde ich sagen:

In einer kleinen Stadt stand ein altes Haus, das sich an die Biegung eines träge fließenden Flusses schmiegte.

Für fließenden Fluss - vielleicht: träge (dahin)rinnenden Fluss

Im zweiten Absatz:

"...als wäre das Haus selbst bereit gewesen, von den Erinnerungen Abschied zu nehmen, die es beherbergt hatte. Er hatte den Schlüssel übergeben, das letzte Band durchtrennt, und doch fühlte sich jeder Schritt weg von der Haustür an, als würde er eine tiefe Spur im Boden hinterlassen."

- die es beherbergte. Denn es beherbergt die Erinnerungen aus Sicht von Johannes ja weiterhin.
Zumal der nächste Satz dann wieder mit: Er hatte... beginnt.

"Er blickte durch die Fenster, doch der Anblick der leeren Räume verstärkte nur das Gefühl der Entfremdung."

blickte , doch der Anblick ? - sah durch die Fenster und der Anblick der leeren Räume verstärkte noch das Gefühl.... oder sah suchend durch die Fenster, doch der Anblick leerer Räume verstärkte nur das Gefühl...

Die Melancholie wird beim Lesen spürbar und ich kann mir gut vorstellen, wie schwer es für Johannes war, Abschied zu nehmen.

Die Gedanken im Anschluss an die Geschichte finde ich sehr gut. Sie bestätigen den Leser und bekräftigen ihn, im Bezug auf die Gefühle von Leere und Trauer, die Johannes empfindet.

Liebe Grüße Silver
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Alt 02.11.2023, 08:35   #3
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Silver Beitrag anzeigen
In einer kleinen Stadt, die sich schmiegte? Müsste es nicht: eine kleine Stadt heißen? Wobei sich meines Erachtens eine ganze Stadt nicht an der Biegung eines Flusses befinden kann. Sicher bezieht sich Flussbiegung auf das Haus.
Guten Morgen, Silver,

vielleicht kann ich - in Verteidigung des gelungenen Textes - zur Aufklärung beitragen. Der Satz ist an sich in Ordnung, bis auf das monierte "n", das in der Tat gestrichen gehört.

Doch, eine kleine Stadt kann sich in eine Flußbiegung schmiegen. Das ist der Fall in meiner Heimatstadt Offenbach, in der sich zwei komplette Stadtteile (Bürgel und Rumpenheim, ehemals eigenständige Gemeinden) in den weitläufigen sog. "Mainbogen" schmiegen. Nach ihm ist in Bürgel das "Hotel Mainbogen" benannt. Genau genommen handelt es sich um eine S-Kurve, die der Main an dieser Stelle macht. Die Offenbacher Stadtteile liegen im im nördlichen Bogen liegt der Frankfurter Stadtteil Fechenheim. Der Satz ist also bis auf den Typo korrekt.

Zitat:
- die es beherbergte. Denn es beherbergt die Erinnerungen aus Sicht von Johannes ja weiterhin.
Zumal der nächste Satz dann wieder mit: Er hatte... beginnt.

"Er blickte durch die Fenster, doch der Anblick der leeren Räume verstärkte nur das Gefühl der Entfremdung."
Dem kann ich mich anschließen. Ergänzend hierzu:

Zitat:
...wurde ihm bewusst, dass er zwar das das Haus verloren hatte, aber die Erinnerungen daran, die fest in seinem Inneren verankert waren, ihn überallhin begleiten würden ...
LG
Ilka
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Dateityp: jpg Offenbach_Mainbogen.jpg (156,1 KB, 1x aufgerufen)
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Alt 02.11.2023, 09:39   #4
männlich Eisenvorhang
 
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Hallo Silver und Ilka,

danke für das Feedback. Die Lappser werde ich korrigieren. Leider kann ich den Text nicht mehr editieren.

Silver, die Architektur wird sich immer der Natur fügen und sich ihr anpassen. Neben des Maintals gibt es auch in meiner Heimat, in China oder Indien unzählige Orte, die die gleiche Szenerie beschreiben.
Beim Schreiben hatte ich jedoch mit "träge" Probleme und musste mir dazu einige Videos anschauen... bevor ich das Wort dann eingepflanzt habe. Ein rinnender Fluss jedoch ist ziemlicher Quatsch. (vgl. Rinnsal)

Lg

EV
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Alt 02.11.2023, 17:16   #5
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Rinnen ist ein anderes Wort für "fließen" und träge ist ja auch nicht sehr schnell.

Aber, das ist nur so am Rande bemerkt.

Eine gute Geschichte von Dir. LG Silver
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Alt 02.11.2023, 17:24   #6
männlich Eisenvorhang
 
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Es beschreibt das Fließen einer geringen Menge. (Die stets langsam ist)

Wasser kann aus dem Wasserhahn rinnen oder aus einem Fluss in einen kleinen Abzweig rinnen.
Vielleicht ließe sich das auf einem Fluss übertragen, würde es aber als weinger gebräuchlich bezeichnen und rein phonetisch mag es mir nicht gefallen.

Ich danke dir trotzdem für deine Teilnahme und dein Gefallen.

Lg EV
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Alt 02.11.2023, 18:00   #7
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Eisenvorhang Beitrag anzeigen
Es beschreibt das Fließen einer geringen Menge. (Die stets langsam ist)
Richtig, rinnen geht nicht einmal für ein Flüsschen, denn auch das hat für gewöhnlich eine flotte Strömung (es sei denn, ein Bieber legt ihn mit seinem Holzbau lahm). Im Grunde ist gegen "der Fluss fließt" nichts einzuwenden, denn das Substantiv leitet sich von seiner Tätigkeit ab.

Optional wäre "strömen" möglich (das kann langsam oder schnell sein, je nach Wasserstand) oder "gleiten" (was mit "träge" kompatibel wäre) oder "vorwärts treiben" (dann geht aber "träge" nicht mehr). Man könnte auch davon schreiben, dass sich das Wasser des Flusses träge fortbewegt. Synonyme für "fließen" gibt es nicht viel, vor allem keine passenden für diesen Text (fluten, quellen, rauschen). Aber wie gesagt, finde ich nicht störend, dass ein Fluss fließt. Man könnte im Umkehrschluss darüber streiten, ob es sinnstiftend ist, bei einem ausgetrockneten Fluss noch von "Fluss" zu sprechen. Mein Vorschlag: Den Fluss fließen lassen. Das Deutsche bietet bei vielen Wörtern wenig bis keine Alternativen. Auch für Fluss lässt sich kaum ein Synonym finden, das hier weiterhelfen könnte. Ein "Strom" wäre ein paar Nummern zu groß.

Ich habe noch eine Anmerkung zu der Lyrik, mit der die Geschichte ausklingt:

Zunächst ist mir nicht klar, wer oder was hier spricht. Ist der mit "Herr" Angesprochene das Prosaische Ich? Ist es das Haus, das zu ihm spricht ("lass mich bitte los")? Könnte sein. Aber wenn dem so ist, erscheint mir die Ansprache zu lang. In der Geschichte sind bereits alle Gedanken des Prosaischen Ich zur Vergangenheit und dem Verlust des Hauses beschrieben, und zwar sehr einfühlsam für den Leser. Es ist nicht notwendig, ihn nochmal, wenn auch aus anderer Perspektive, die ganze Sentimentilität durchleben zu lassen. Was erhaben und tröstend rüberkommen soll, droht bei dieser Langatmigkeit ins Seichte abzurutschen. Natürlich sollte nicht ein kurzer, knackigter Lehrspruch am Ende kommen wie "mach halblang und finde dich ab". Aber nach meinem Gefühl könnte der Text mit halb so vielen Wörtern auskommen, damit der Leser merkt, dass die Geschichte nicht nochmal von vorn beginnt, sondern einen Abschluss findet.

Diese Meinung muss natürlich niemand mit mir teilen. Sie soll nur zum Überlegen anregen.

Die von Silver ansonsten monierten Stellen sowie den Typo habe ich, dein Einverständnis vorausgesetzt, korrigiert.
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Alt 02.11.2023, 18:12   #8
männlich Eisenvorhang
 
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Hallo Ilka,

ich finde, ein Fluss tut, was er tut: fließen. Wenn er ausgetrocknet ist und nur noch vor sich hin siecht, könnte er vielleicht eher als ein Rinnsal bezeichnet werden. Abgeleitet von der Strömung wäre natürlich ebenfalls das Strömen sinnvoll.

Was die Lyrik betrifft: Das Gedicht schrieb ich als Erstes und es hat mit dem Text eigentlich nicht viel zu tun, außer dass es thematische Überschneidungen gibt.

Nachdem ich das Gedicht fertiggestellt hatte, kam mir der Gedanke, meine erste Novelle zu entwickeln, und der Text, den du siehst, ist ein Ideenentwurf. Da das Gedicht jedoch zur Idee für den Text geführt hat, wollte ich beide zusammen im Forum präsentieren, obwohl ich ursprünglich geplant hatte, das Gedicht separat zu veröffentlichen. Ich hatte deswegen für 30 Minuten eine kleine Krise in meiner Entscheidungsfindung und stand kurz davor, dir eine private Nachricht zu schreiben.

Letztendlich habe ich jedoch eine Entscheidung getroffen. Und auf das Feedback hier im Forum kann ich ja – dankend – aufbauen.

Danke für das Verbessern! Wollte dich das schon fragen. Habs vergessen...

PS: Mit "Herr" ist "Gott" gemeint.
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Alt 02.11.2023, 18:19   #9
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Eisenvorhang Beitrag anzeigen
Letztendlich habe ich jedoch eine Entscheidung getroffen.
Warum auch nicht ...

Beethovens Neunte präsentiert ja auch am Ende eine Ode. Und wenn man manche Leute fragt, was ihnen bei dieser Symphonie einfällt, ist es zuerst Schillers Dichtung.
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Alt 02.11.2023, 20:56   #10
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Ich würde gerne mehr Prosa schreiben, aber irgendwie scheitere ich an meinen eigenen Ansprüchen. Charaktere und Dialoge zu entwickeln, die handwerklichen Aspekte, Logik und Struktur, den roten Faden zu behalten – all das überfordert mich maßlos, wenn ich darüber nachdenke.

Andererseits könnte ich versuchen, den ganzen Anspruchskram einfach zu ignorieren und alles, was mir durch den Kopf geht, zu Papier zu bringen. Und vielleicht wird auch hier Übung den Meister machen. Da ich keine spezifischen Ziele habe, scheint dieser Weg eine mögliche Option zu sein.

Die kommenden Tage werden dies zeigen, welche Richtung ich einschlagen werde.

Vielen Dank auf jeden Fall für die Kritik. Ich bin immer offen für konstruktives Feedback.

lg

EV
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Alt 02.11.2023, 21:18   #11
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Eisenvorhang Beitrag anzeigen
Ich würde gerne mehr Prosa schreiben, aber irgendwie scheitere ich an meinen eigenen Ansprüchen.
Ging mir auch lange Zeit so. Ich dachte, es nicht zu können.

Dran bleiben!
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Alt 03.11.2023, 01:44   #12
männlich Heinz
 
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Lieber Eisenvorhang,
das abschließende Gedicht verführt mich zu einer Gegenüberstellung:

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Ich gestehe: Eine gelungene Adaption!

Liebe Grüße,
Heinz
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Alt 03.11.2023, 09:43   #13
männlich Eisenvorhang
 
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Hallo Heinz,

da hat dich Ilka mit der Anmerkung der Ode auf eine Idee gebracht, oder?
Ich dachte auch schon darüber nach, fühlte mich dann aber dazu gennötigt zu einer "Asklepiadische Strophe" greifen zu müssen.

XxXxxXXxxXxX
XxXxxXXxxXxX
XxXxxXx
XxXxxXxX

Worauf ich wirklich keine Lust hatte.

Ich finde deine Gegenüberstellung überaus hübsch!

Lg

EV
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Alt 03.11.2023, 11:17   #14
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Hallo Eisenvorhang,

also dass das Gedicht an Rilkes Gedicht „Herbsttag" angelehnt ist, fiel mir direkt auf.

Zitat:
Ich würde gerne mehr Prosa schreiben, aber irgendwie scheitere ich an meinen eigenen Ansprüchen
Das ist ganz einfach: Learning by doing. Und denk beim Schreiben nicht daran, was andere womöglich zu kritisieren hätten, das hemmt dich bloß. Außerdem gibt es jede Menge Bücher über kreatives Schreiben, ich empfehle vor allem „Short Shortstorys schreiben" von Roberta Allen.

Zitat:
Andererseits könnte ich versuchen, den ganzen Anspruchskram einfach zu ignorieren und alles, was mir durch den Kopf geht, zu Papier zu bringen. Und vielleicht wird auch hier Übung den Meister machen. Da ich keine spezifischen Ziele habe, scheint dieser Weg eine mögliche Option zu sein.
Genau.

Deine Geschichte finde ich schön, in poetischen Sätzen geschrieben, nur der erste Absatz ist mir etwas zu verschwurbelt:

Zitat:
In einer kleinen Stadt, die sich in der Biegung eines träge fließenden Flusses schmiegte, stand ein altes Haus.Die geschlossenen Fenster voller Vergangenheit, starrten blicklos auf einen Garten, der im Herbstlaub versank . Johannes, der letzte Spross einer Familie, die einst wie eine Eiche im Dorf verwurzelt war, stand vor diesem Haus und spürte, wie die Zeit in ihm zu stocken schien.
Vor allen Dingen:
Zitat:
.Die geschlossenen Fenster voller Vergangenheit, starrten blicklos auf einen Garten, der im Herbstlaub versank
Wie können Fenster erstens überhaupt starren und zweitens blicklos? Ich würde den Satz umformulieren, z. B. „Hinter den geschlossenen Fenstern lag die Vergangenheit. Der Garten versank im Herbstlaub."

LG DieSilbermöwe
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Alt 03.11.2023, 11:35   #15
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Hallo DieSilbermöwe,

beim Schreiben denke ich weniger daran, was andere zu kritisieren hätten, viel mehr aber daran, was ich kritisieren würde.
Es gibt beispielsweise ein metaphorisches Bildnis an dem ich seit drei Jahren arbeite. Und es sind nur zwei Zeilen in einem 5er Jambus mit weiblicher Kadenz.

In 2015 gab es das Max-Ernst-Stipendium, war ein Kulturstipendium und mein Beitrag waren Fotografien mit Häusern, die "Gesichter" haben. Mittlerweile sind drei Bücher entstanden mit Bildern wie dieses:

https://ibb.co/R0cY9jM

An Rilke ist das Gedicht nicht angelehnt, freue mich aber über den Vergleich.
Fließtexte zu schreiben fühlt sich für mich immer schwer an. Denke oft, mein Hirn ist für Prosa nicht geschaffen. Aber ich bleibe dran und ich bedanke mich fürs Mutmachen!
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Alt 03.11.2023, 12:28   #16
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Ich habe mir das Bild angeschaut. Welche Titel haben die drei Bücher mit den Fotografieren denn? Sind sie im Handel erhältlich? Die Bilder würden mich interessieren.

Zitat:
beim Schreiben denke ich weniger daran, was andere zu kritisieren hätten, viel mehr aber daran, was ich kritisieren würde.
Beim Schreiben am besten gar nicht an Kritik denken, auch nicht an die eigene. Verbessern kann man später immer noch. Wenn man im Schreibfluss ist, dann einfach nur schreiben.
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Alt 03.11.2023, 13:02   #17
männlich Heinz
 
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Lieber Eisenvorhang,
die blicklosen Fenster gefallen mir allemal besser als der im Herbstlaub versinkende Garten.
Herbstlaub bedeckt einen Garten, okay. Aber wie stelle ich mir einen versinkenden Garten vor?
Gruß,
Heinz

Geändert von Heinz (03.11.2023 um 14:30 Uhr)
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.11.2023, 13:05   #18
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Zitat:
Zitat von DieSilbermöwe Beitrag anzeigen
Ich habe mir das Bild angeschaut. Welche Titel haben die drei Bücher mit den Fotografieren denn? Sind sie im Handel erhältlich? Die Bilder würden mich interessieren.
Die Bücher sind selbstgebunden und nicht im Handel zu finden, DieSilbermöwe.
Nummer eins und zwei liegen in der Hochschule noch irgendwo und Nummer drei ist letztes Jahr erst fertig geworden. Das muss ich noch binden. Die Arbeit heißt "Faces" und ist ein Teil von "StadtNameLand", in der ich die ländliche Architektur untersuche. Seit 2016 bis ca. 2021 jedoch geschah gar nichts, da ich 2015 chronisch erkrankte und das Studium abbrechen musste.

Die Bücher sehen ungefähr aus wie die:

https://ibb.co/h9qmcxM
https://ibb.co/gR7Lkgj
https://ibb.co/3vfzNvn
https://ibb.co/TRScq2r
https://ibb.co/KLhd8Hb

https://ibb.co/MgyKQNB
https://ibb.co/02RbxM4
https://ibb.co/6b06vFW

Eine Leerseite, ein Bild. Schwere Grammatur. "Bleib mir nah" ist eine Arbeit über die Heimat und "weine nicht, denn du bist schön" ist eine Arbeit über Körperkultur.

@Heinz - der Garten versank im Herbstlaub... Ist das unlogisch? Ich habe jetzt drei Tage nicht gekehrt und mein Garten liegt quasi unter Laub. Hm... Muss ich mal nachdenken.
Eisenvorhang ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.11.2023, 11:21   #19
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Hallo Eisenvorhang,

sehr schön gemacht!

LG DieSilbermöwe
DieSilbermöwe ist gerade online   Mit Zitat antworten
Alt 04.11.2023, 12:39   #20
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Ich danke dir!

Lg EV
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