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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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28.11.2016, 02:54 | #1 |
Nachtwächterlied
Nachtwächterlied
Mitten in der Nacht hab’ ich aufzusteh’n, soll eine ganze Woche lang den Nachtdienst verseh’n. Es ist kurz nach halb elf, schon der vierte Tag. Ihr müsst schon verstehen, dass ich nicht mehr mag. Die Nacht, an sich die schönste Tageszeit verliert ihre ganze Wunderbarkeit, wenn man wachen muss und das noch allein. Hab mir oft überlegt: muss das wirklich sein? Mit der Körperpflege nehme ich es nicht mehr so genau. Ich zieh’ mich warm an, denn es ist nicht mehr so lau, wie die warmen Sommernächte, von denen ich träume, wenn ich meine Runden mache und den Dreck aufräume. Meine Taschenlampe zieh’ ich aus dem Ladegerät, die Batt’rien sind geladen, klar, es ist auch schon spät. Nickel-Cadmium, sag ich, ihr seid voller Energie, und ich denke mir voll Neid: wär’ ich nur wie sie. Die erste Runde fängt noch recht gemütlich an, ich kontrolliere die Zimmer und die Kegelbahn, den Heizraum und zuletzt die Hausmeisterei; Es ist wieder mal -wie immer- alles O.K. Ab jetzt kommt jede weitere dreiviertel Stunde eine neue, langweilige, kältere Runde. Vor zwei Jahren –denke ich– hat’s hier öfter mal gebrannt. Das wäre jetzt warm und nicht uninteressant. Erinnerung und Kälte kämpfen gegen den Schlaf, es sind noch fünf Stunden bis ich wieder darf. Ab und zu seh’ ich die Sonne am Nachthimmel steh'n, doch die Fata-Morgana wird schon wieder vergeh’n. Um halb sieben sagen mir die ersten Leute „guten Morgen“ Doch ich lächle nur müd’, denn ich hab’ andere Sorgen: Ich bin wirklich so fertig, dass ich echt nichts mehr brauch’. Der Tag ist für mich gelaufen und die Woche auch. |
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