Nächstenliebe - Selbsthass

[Persephone]

Wie ist das eigentlich, wenn ich mich selbst nicht ausstehen kann?

Wenn ich mich selbst hasse - darf ich dann auch meinen Nächsten hassen?Selbsthass, Autoaggression, Depression - das sind ja alles pathologische Erscheinungen, die ganz oft einen äußeren Anlass haben. Familiäre Häufung, Prädestination - alles ganz recht und nett, aber selten die alleinige Ursache.

Angenommen, ein Kind wird missbraucht - Päderast=1. Verursacher -.
Es ist aber nicht fähig, sich zu Wehr zu setzen - Eltern und Erziehung= 2. Verursacher.
Es richtet seinen Hass also nicht auf seinen Vergewaltiger, sondern sucht die Schuld bei sich - Prädestination=3. Verursacher. Oder umgekehrt, ist ja egal.

Das Kind schlägt sich also mit einer Depression herum, die es vielleicht nicht hätte, wenn sie ihr nicht eingebrockt worden wäre.

Wenn jemand nicht fähig ist, sich selbst zu lieben - wie könnte er dann fähig sein, seinen Nächsten zu lieben?

[Desperado]

Zitat von Persephone

Wenn jemand nicht fähig ist, sich selbst zu lieben - wie könnte er dann fähig sein, seinen Nächsten zu lieben?

Ist sicher ein krasses Beispiel, Persephone, aber warum nicht?

Allzu oft gleichen Menschen mit beschädigtem Selbstwertgefühl diesen "Makel" eben grade durch "selbstlose" und geradezu devote Empathie aus, was ihnen nicht zusteht und was sie selbst für sich nicht verdienen, nämlich Liebe um ihrer selbst Willen, verlangen sie sich umso gnadenloser ab, wenn es ein mitunter selbstsüchtiges Gegenüber zu lieben bzw. ertragen gilt, und verurteilen sich zu Duldern und mehr oder weniger zwangsläufigen Opfern, um sich ihren Unwert erneut zu bestätigen. (Frag mich nicht warum, alles Beobachtung.)

Nun heißt es aber "wie Dich selbst" und eben nicht "mehr als Dich selbst".

Was ich also an mir selbst nicht mag, muss ich auch am Nächsten nicht unbedingt mögen, was mich an mir selbst stört, darf mich auch am Nächsten zur rechten Zeit stören, und was ich an mir selbst liebenswert finde, brauch ich beim Nächsten nicht um ein viel höheres liebenswerter finden, hegen und pflegen oder es mir regelrecht zusammenkonstruieren, wenn es gar nicht da ist.

Dennoch: Menschen mit dieser "Prägung", Wesensart und Charaktereigenschaft sind mir hundertmal lieber als solche, die fast ausschließlich nur sich selbst lieben und diese Eigenliebe vom Nächsten einfordern ohne Rücksicht auf Verluste und ohne sie deshalb glauben erwidern zu müssen, weil es eine Selbstverständlichkeit ist, geliebt zu werden und gönnerhafte Großzügigkeit, daselbst zu lieben. Die sind sehr viel ärmer dran, weil sie im Grunde liebesunfähig sind.

Das schrittweise erlernen, sich selbst so zu lieben, wie man nun mal ist, mit allen Ecken und Kanten, und diese gewonnene Selbstakzeptanz auch meinem Gegenüber zu vermitteln einerseits und ihm andrerseits die Chance zu geben, von ihm geliebt zu werden und diese seine Liebe ernst und annehmen- das reicht überall hin.

Interessanter Thread!
Desperado