Satire: Bogart bei Poetry.de

Jeronimo · 16.10.2011, 15:59

Bogart (Satire in zwölf Indiskretionen)

1. Sonntag

Es ist noch nicht einmal Mittag, als meine Frau ins Schlafzimmer stürmt, um die Rollos hochzuziehen. Mich erinnert das Geräusch eher an eine Zugbrücke.
Ich blinzle verschlafen und schaue aus dem Fenster.
Millionen von Motorradfahrer rauschen auf der Straße vorbei zu oder von irgendeinem Treffen.
Ich zähle 42 Motorräder, dann folgen zwei mit Beiwagen und ich gebe es auf.
Auf dem Weg ins Bad schalte ich den PC ein, der zum Hochfahren genau so lange braucht wie ich zum Aufstehen.
Meine wesentlich bessere Hälfte beobachtet mich kopfschüttelnd vom Küchenstuhl aus.
Sie sitzt im Ledertrikot, als warte sie auf Kundschaft, aber sie wartet nur auf Fred.
Fred ist ihr Freund und hat sie zum Essen eingeladen. Er ist Buchhalter in einer großen Firma, spricht so gewählt wie ein Professor für Rhetorik, ist Excel – und Motorradfan.
Seit es Fred gibt, habe ich abends wieder mehr Zeit für meine Hobbys und muss nicht jeden verkaufsoffenen Sonntag in irgendein Möbelhaus oder in die Heuschrecken-Ausstellung.
Fred nimmt mir das alles ab einschließlich der ehelichen Pflichten.
Früher waren Fred und meine Frau gute Freunde. Heute sind meine Frau und ich gute Freunde.
Draußen heult im Stand eine Kawasaki auf.
Ich schlurfe noch im Pyjama zum Fenster und winke hinaus. Keine Bügelfalte im Lederdress.
Das mir unbekannte Wesen in der Küche hüpft erfreut auf, wirft mir ein „Tschau“ zu und verlässt die Wohnung.
Fred hilft ihr auf den Sozius, als sei er mit einem Gaul da.
Sie begrüßen sich mit einem Kuss auf die Wange, und er schielt zu mir ´rüber. Ich werfe ihm einen Kussmund zu und winke ihnen nach.
Man darf die Ehe nicht verteufeln. Sie hat auch ihre guten Seiten.
Ich koche mir einen Kaffee, übersehe grinsend den vorbereiteten Eintopf und lese meine Emails.

Karla hat geschrieben.

Wir haben uns im Internet in einem Singleforum kennen gelernt und uns nach ein paar Tagen aus dem Forum ausgeklinkt. Sie mag meine sensible, zurückhaltende Art und schätzt es, dass ich nicht gleich über Sex geredet habe.
Karla ist sehr tolerant.
Es macht ihr nichts aus, wenn ich unrasiert bin oder rülpse, fluche und rauche.
Sie sieht mich ja nicht.
Sie ist ein Weib, das der liebe Gott aus dem Fegefeuer gerettet und mir zur Obhut übergeben hat.
Und damit ich interessiert bin, hat er ihr die Beine von Sharon Stone, den Busen von Salma Hayek, den Po von Elizabeth Hurley und den Verstand von Lothar Matthäus gegeben.
Das jedenfalls konnte ich nach eingehender Analyse ihres Fotos mit Photoshop entnehmen.
Auf mein Foto muss Karla noch warten.
Wir kennen uns schließlich erst vierzehn Tage, und ich muss ihr erst beibringen, dass ich doch nicht George Clooney bin.
Aber das bekomme ich schon hin.
Immerhin weiß Karla, dass ich um die 50, schüchtern und sensibel bin, vom Leben und den Frauen enttäuscht und nicht nur das „Eine“ will. Jedenfalls im Moment nicht.
Karla glaubt, dass ich intelligent bin, und das habe ich früher sogar selbst geglaubt.
Es ist jetzt dreizehn Uhr, und ich sollte den Sonntag mit dem Frühstück beginnen.
Dann werde ich Karla antworten.
Wir schreiben uns jeden Tag und wir wollen ja soviel voneinander wissen.
Jedenfalls ich.
Schließlich möchte ich ja nicht, dass es mir so geht wie Fred…

Wird fortgesetzt

Jeronimo

Thing · 16.10.2011, 16:11

Klasse!

Da kann sich so Mancher drei oder vier Scheiben abschneiden!
Schnell! Rasch!
Die Fortsetzung!

Übrigens:
Der entsetzlich eitle Clooney ist jetzt auch über Fünfzig.....

Und ich glaube, Jay-Lo hat d e n Hintern, auf dem man ein Glas abstellen kann (sagte Clooney).

Thing

Martho · 16.10.2011, 20:49

Zitat:

Zitat von Thing

Klasse!

Da kann sich so Mancher drei oder vier Scheiben abschneiden!
Schnell! Rasch!
Die Fortsetzung!

Thing

So isses!

Jeronimo · 16.10.2011, 23:10

Hallo Thing, hallo Martho,

lieben herzlichen Dank für die Kommentare!
Jeden Sonntag soll ein Teil folgen. Die ersten drei Teile sind geschrieben, weil sie mal um ein Haar der Auftakt für eine Kolumne in einer großen Männerzeitschrift gewesen wären, wenn nicht im letzten Moment die Redaktionskonferenz für die Erlebnisse eines Festangestellten mit seinem Hund gestimmt hätte.

Ja, und die Lopez hat d e n Hintern überhaupt.
(Um Sexismus-Verdacht vorzubeugen: Ich mag alle unbescholtenen Hintern.Zumindest satirisch...)

Jeronimo

Thing · 16.10.2011, 23:11

Da freu ich mich auf die Sonntage!
Die sind dann gerettet.

LG
Thing

Martho · 16.10.2011, 23:18

Zitat:

Zitat von Thing

Da freu ich mich auf die Sonntage!
Die sind dann gerettet.

LG
Thing

So isses!

16.10.2011, 15:59	#1
Jeronimo gesperrt Dabei seit: 10/2011 Alter: 70 Beiträge: 4.237 Meine Favoriten	Satire: Bogart Bogart (Satire in zwölf Indiskretionen) 1. Sonntag Es ist noch nicht einmal Mittag, als meine Frau ins Schlafzimmer stürmt, um die Rollos hochzuziehen. Mich erinnert das Geräusch eher an eine Zugbrücke. Ich blinzle verschlafen und schaue aus dem Fenster. Millionen von Motorradfahrer rauschen auf der Straße vorbei zu oder von irgendeinem Treffen. Ich zähle 42 Motorräder, dann folgen zwei mit Beiwagen und ich gebe es auf. Auf dem Weg ins Bad schalte ich den PC ein, der zum Hochfahren genau so lange braucht wie ich zum Aufstehen. Meine wesentlich bessere Hälfte beobachtet mich kopfschüttelnd vom Küchenstuhl aus. Sie sitzt im Ledertrikot, als warte sie auf Kundschaft, aber sie wartet nur auf Fred. Fred ist ihr Freund und hat sie zum Essen eingeladen. Er ist Buchhalter in einer großen Firma, spricht so gewählt wie ein Professor für Rhetorik, ist Excel – und Motorradfan. Seit es Fred gibt, habe ich abends wieder mehr Zeit für meine Hobbys und muss nicht jeden verkaufsoffenen Sonntag in irgendein Möbelhaus oder in die Heuschrecken-Ausstellung. Fred nimmt mir das alles ab einschließlich der ehelichen Pflichten. Früher waren Fred und meine Frau gute Freunde. Heute sind meine Frau und ich gute Freunde. Draußen heult im Stand eine Kawasaki auf. Ich schlurfe noch im Pyjama zum Fenster und winke hinaus. Keine Bügelfalte im Lederdress. Das mir unbekannte Wesen in der Küche hüpft erfreut auf, wirft mir ein „Tschau“ zu und verlässt die Wohnung. Fred hilft ihr auf den Sozius, als sei er mit einem Gaul da. Sie begrüßen sich mit einem Kuss auf die Wange, und er schielt zu mir ´rüber. Ich werfe ihm einen Kussmund zu und winke ihnen nach. Man darf die Ehe nicht verteufeln. Sie hat auch ihre guten Seiten. Ich koche mir einen Kaffee, übersehe grinsend den vorbereiteten Eintopf und lese meine Emails. Karla hat geschrieben. Wir haben uns im Internet in einem Singleforum kennen gelernt und uns nach ein paar Tagen aus dem Forum ausgeklinkt. Sie mag meine sensible, zurückhaltende Art und schätzt es, dass ich nicht gleich über Sex geredet habe. Karla ist sehr tolerant. Es macht ihr nichts aus, wenn ich unrasiert bin oder rülpse, fluche und rauche. Sie sieht mich ja nicht. Sie ist ein Weib, das der liebe Gott aus dem Fegefeuer gerettet und mir zur Obhut übergeben hat. Und damit ich interessiert bin, hat er ihr die Beine von Sharon Stone, den Busen von Salma Hayek, den Po von Elizabeth Hurley und den Verstand von Lothar Matthäus gegeben. Das jedenfalls konnte ich nach eingehender Analyse ihres Fotos mit Photoshop entnehmen. Auf mein Foto muss Karla noch warten. Wir kennen uns schließlich erst vierzehn Tage, und ich muss ihr erst beibringen, dass ich doch nicht George Clooney bin. Aber das bekomme ich schon hin. Immerhin weiß Karla, dass ich um die 50, schüchtern und sensibel bin, vom Leben und den Frauen enttäuscht und nicht nur das „Eine“ will. Jedenfalls im Moment nicht. Karla glaubt, dass ich intelligent bin, und das habe ich früher sogar selbst geglaubt. Es ist jetzt dreizehn Uhr, und ich sollte den Sonntag mit dem Frühstück beginnen. Dann werde ich Karla antworten. Wir schreiben uns jeden Tag und wir wollen ja soviel voneinander wissen. Jedenfalls ich. Schließlich möchte ich ja nicht, dass es mir so geht wie Fred… Wird fortgesetzt Jeronimo

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16.10.2011, 16:11	#2
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Favoriten	Klasse! Da kann sich so Mancher drei oder vier Scheiben abschneiden! Schnell! Rasch! Die Fortsetzung! Übrigens: Der entsetzlich eitle Clooney ist jetzt auch über Fünfzig..... Und ich glaube, Jay-Lo hat d e n Hintern, auf dem man ein Glas abstellen kann (sagte Clooney). Thing

16.10.2011, 23:10	#4
Jeronimo gesperrt Dabei seit: 10/2011 Alter: 70 Beiträge: 4.237 Meine Favoriten	Hallo Thing, hallo Martho, lieben herzlichen Dank für die Kommentare! Jeden Sonntag soll ein Teil folgen. Die ersten drei Teile sind geschrieben, weil sie mal um ein Haar der Auftakt für eine Kolumne in einer großen Männerzeitschrift gewesen wären, wenn nicht im letzten Moment die Redaktionskonferenz für die Erlebnisse eines Festangestellten mit seinem Hund gestimmt hätte. Ja, und die Lopez hat d e n Hintern überhaupt. (Um Sexismus-Verdacht vorzubeugen: Ich mag alle unbescholtenen Hintern.Zumindest satirisch...) Jeronimo

16.10.2011, 23:11	#5
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Favoriten	Da freu ich mich auf die Sonntage! Die sind dann gerettet. LG Thing