Fridolins Kurzgedichte

[Fridolin]

Späte Erkenntnis

Ein junger Mann, der vor den Toren
von Heidelberg sein Herz verloren,
erkannte erst als Ehegatte,
dass er den Kopf verloren hatte.

Konsequent

Ein Mann, der schon als Kind gelesen,
dass alles schon mal da gewesen,
behauptet seither unbeirrt,
dass was schon war, auch noch mal wird.

Glücksstein

Man hat mir einen Stein geschenkt,
als Zeichen, dass man an mich denkt.
Der Stein verleiht mir Lebenskraft
und schützt mich auch bei Schwangerschaft.

Erbschaft

Meine Frau ist fein heraus.
Sie hat geerbt ein schönes Haus.
Doch ich von meiner Blase
nur eine krumme Nase.

Makaber

Ein Mann schrieb lang mit Charme Gedichte.
Doch eine dumme Darmgeschichte
hat schließlich ihm so sehr gestunken,
dass er vor Scham ins Grab gesunken.

Guter Rat

Wie schnell setzt man sich in die Nesseln,
und das ist nie was Gutes.
Sag keiner Frau, sie würd dich fesseln –
sie ist imstand und tut es!

[Ex-Sabi de Sombre]

deine kurzgedichte, fridolin, gefallen mir. da steckt viel wahrheit drin.
kommt bald mehr?

lg sabi

[Fridolin]

Hallo Sabi,

ich hab da noch was:

Das liebe Geld

Ein Mann erklärt vor aller Welt,
dass er sich nicht viel macht aus Geld.
Doch heimlich spielt er samstags Lotto
und träumt von einem dicken Otto.

Himmel

Der Himmel senkt sich immer wieder
am Horizont zur Erde nieder.
Willst du den Himmel dir verbreitern,
musst du den Horizont erweitern.

Charakter

Ein alter Sturknopf, ein beknackter,
hält seinen Starrsinn für Charakter.


Luxus

Der Luxus ist der Überfluss,
den ich zum Glück nicht haben muss.


Vielleicht fällt mir im Urlaub noch etwas ein. Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren.

LG Fridolin

[Ilka-Maria]

Lieber Fridolin,

hab' mich köstlich über Deine Verse amüsiert. Höre ich da etwa Eugen Roth trappsen?

Ein alter Sturknopf, ein beknackter,
hält seinen Starrsinn für Charakter.

Das stimmt nicht ganz, denn ich kenne auch junge Menschen, die Sturheit mit Charakterstärke verwechseln. Und ich kenne Menschen, die im Alter zugänglich wurden. Warum nicht ohne Altersdiskriminierung schreiben: ... Ein dummer Sturkopf, ein beknackter ..."?

Nur mal so. Bin ja auch nicht mehr jung.

LG
Ilka-M.

[Fridolin]

Hallo Ilka,

es freut mich, dass meine Gedankensplitter gefallen. Den alten Sturkopf sehe ich auch nicht an ein Lebensalter gebunden; beknackt steht ugs. für dumm, unerfreulich. Dummer Sturkopf in Verbindung mit beknackt wäre doppelt-gemoppelt.

Mit Eugen Roth liegst du wohl richtig, gerne oute ich mich als Epigone von ihm. Ich habe in meiner "Rot(h)en" Phase viele Gedichte im Stil von Eugen Roth geschrieben.

LG Fridolin

[Ex-Sabi de Sombre]

Der Himmel senkt sich immer wieder
am Horizont zur Erde nieder.
Willst du den Himmel dir verbreitern,
musst du den Horizont erweitern.

das finde ich sehr sehr weise, fridolin. gefällt mir im nachschlag auch richtig gut.

ilka hat recht, im alter kann auch der sturste kopf zugänglich werden.
wobei ich "alter sturkopf" auch nicht unbedingt nur aufs alter beziehen würde. alter zausel sage selbst ich zu einem wesentlich jüngeren, wobei der schwerpunkt auf zausel liegt und das "alter" als rechthaberisch oder großmäulig auslege

lg sabi

[Thing]

Halli Hallo Fridolin -

das sind ja wirkliche Leckerbissen!
Erinnern mich s e h r an den großen Wilhelm Busch (mit einem Schuß Heinz Erhardt).
Gekonnt, gekonnt!
Lebensweisheiten lustig zu verpacken:
Das ist eine Kunst, die nicht Jeder kann.

Thing

[Fridolin]

Hallo Sabi und Thing,

vielen Dank für die netten Kommentare.

Aber Wilhelm Busch und Heinz Erhardt, das sind große Schuhe.....

LG Fridolin

[movfaltin]

In der Tat haben Heinz E. und Wilhelm B. große Schuhe, und ich finde, sie passen auch nur halbwegs ("denn diese Verse können ihm | nicht mal das Wasser reichen", frei nach dem dicken Spaßvogel Erhardt, kurz aus'm Gedächtnis, sorry für Fehler). Inhaltlich, da muss ich den anderen Foristen voll beipflichten, sind gleich einige hochgradig aphorismustaugliche und intelligente Dinger dabei. Toll!
Nur formal holpert es bisweilen eben noch, finde ich.
Ganz kurz, was ich (hoffentlich konstruktiv) anzumerken hätte.
Formal vollendet sind m.E. folgende Stücke (also gut so und nicht anders):
Charakter, Luxus, Späte Erkenntnis, Konsequent, Guter Rat.

Kurz zu den anderen:
Das liebe Geld - inhaltlich etwas dürftig; formal okay.
Himmel - fände ich nur als finalen Zweizeiler um Welten besser (nämlich richtig gut). Beides zusammen hört sich etwas zusammengestoppelt an (Quasi-auktorialer Stil wird zum Zeigefingerstil; das holpert m.E. etwas).
Glücksstein - verstehe ich nicht. Mir inhaltlich etwa zu hoch oder zu nieder.
Erbschaft - schlecht geverst, und die "Blase" (Base?) will mir nicht einleuchten.
Makaber - zwei tolle erste Zeilen (Charme Gedichte - Darmgeschichte, sehr geil), aber das Gerüst drumrum scheint mir etwas wacklig-konstruiert.

Alles in allem: Sehr gerne gelesen! Danke!
(Ich hoffe, Du fasst die Kritik als konstruktiv auf, so wie sie gemeint ist. Fände ich den Post schlecht, hätte ich gar nicht erst kommentiert.)

Cheers,
Mov

[Fridolin]

Hallo Mov,

ich würde mich nie mit Heinz Erhardt, Eugen Roth u.a. vergleichen wollen, denn wer würde sie erreichen können. Den Schuh muss ich mir also nicht anziehen.

Deine konstruktive Kritik nehme ich dankend zur Kenntnis.

Deinem Profil entnehme ich, dass du "Glei newwa da Elegdrisch" wohnst. Das klingt nach Pfälzer oder Kurpfälzer. Ich stamme aus der Gegend von Heidelberg. Mit der "Blase (Kurpfälzisch Bloos) ist die bucklige Verwandtschaft gemeint, müsstest du dann eigentlich auch kennen.

LG Fridolin

[movfaltin]

Zitat von Fridolin

Deinem Profil entnehme ich, dass du "Glei newwa da Elegdrisch" wohnst. Das klingt nach Pfälzer oder Kurpfälzer. Ich stamme aus der Gegend von Heidelberg. Mit der "Blase (Kurpfälzisch Bloos) ist die bucklige Verwandtschaft gemeint, müsstest du dann eigentlich auch kennen.

Hajo. Alla. Schab bloos ned gwissd/gedengt dess des ä Sprooch is wie dohin geredd werd. Alla guud - do braache ma dann gar keen Kibbes oofange, gell. Schwees als ned obs iwwahaubd noch en Dialegd hod in HD. Die due do driwwe iwwahaubd nemma so babble wie dänne frija die Gosch gwachse is. Wo isch des letzde Mol do iwwa de Trottwa dobbs, fazehle die Leid am Negga ebbes bloos uff hochdeitsch. Jetz heerisch awwaremol uff zu schänne iwwa d'Neigeplackde.

Allatschau ins Ländle,
Mov

PS: Wannd misch frogsch: der Fagleisch hingd an sisch gar ned so. Vor allem isses die Bekanndheid, werdischemol saache. Die Gedange wo dohinnaschdehe sin als subba, un des onnare is aa bloos ä kleeni lappalie.

[quixi]

Hallo Fridolin!

Ich kann mich vielem hier Gesagten nur anschließen - in deinen Kurzgedichten steckt so viel Wahres drin, das du auf teils humoristischer Ebene wunderschön niedergeschrieben hast. Besonders gefällt mir Charakter, wenn es auch schade ist, dass in deiner Fassung von einem Sturknopf die Rede ist, aber wer würde sich bei solch geballter Kreativität über einen einfachen Rechtschreibfehler beschweren!

Ich hoffe auch, dass du uns noch weiterhin mit Kurzgedichten versorgen wirst!

[Fridolin]

Hallo Quixi,

vielen Dank für den Hinweis auf meinen Schreibfehler, den ich nun nach meinem Urlaub nicht mehr korrigieren kann.

Weitere Kurzgedichte? Vielleicht mit Schüttelreimen?

Bei einer Wanderung auf dem Brocken sind mir mal folgende Schüttelreime eingefallen:

Wanderer schwärmt auf dem Brocken

Wie schöner Mädchen Lockenpracht
die Welt mir hier am Brocken lacht!
Vor Lust mein Herz am Brocken singt!
(wenn man mir frische Socken bringt)

Ostern in Soest:

An Ostern fällt den Soestern ein,
es müsste öfter Ostern sein.
Läuten dann die Soester Glocken,
verschenken Mönche Klostersocken.

Selbstironie

Wer früher mich als Bengel kannt',
sieht heute mich am Gängelband.

LG Fridolin