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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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29.09.2021, 16:47 | #1 |
Castor und Pollux(Nach einer wahren Begebenheit)
Zwilingsgleich lagen zwei Brennstäbe im Kühlwasser
Wie zwei Boote, eines dem anderen gleich, auf einem ungetrübten See Doch sie begannen zu Glühen und der Funke brach das Holz Es knackt trotz ihres Flehens, und die Strahlung setzt sich frei Und ein starkes Beben läuft über, in die See Fukushima ist so schön Wenn Brennstäbe sich vereinen, die sich so sehr ähnlich sehn Die Zwillinge sind atomar vereint, und auch gebrochen und entzweit Ihre Teilchen aus dem Kraftwerk strahlen weit in die Welt hinaus Und falln dann alle Lichter aus, weil das Kraftwerk unterging Spenden die Zwillinge vom Firmanent, noch Licht Auf Schatten die doch keiner kennt, wie sie dort durch die Trümmer streifen Nicht nur im Aokigahara stapeln sich die Leichen Weil sie schon bald zu Schatten noch entschweben Geheimnisvoll bleibt der Schrecken durch die Zwilingsstäbe Die sich überhitzten, und Geigerzähler zum Ausschlag hinjustierten Bevor sie dann am Himmelszelt erfrieren, Ihr Strahlen weit und breit zu sehn, in Eiseskälte wunderschön Ineinander Verschmolzen sind sie nicht mehr zu trennen Während sie nun ewig weiter brennen |
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29.09.2021, 17:39 | #2 | ||
Forumsleitung
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Hallo, Friedrich,
du hast seit deiner Anmeldung im August neun Gedichte eingestellt, aber noch nie einen Kommentar zu ihnen erhalten. Ich will dieses hier zum Anlass nehmen, das nachzuholen. Zunächst: Dieser Text ist kein Gedicht, sondern Prosa, denn lyrische Elemente sind durchweg nicht erkennbar. Eher liest er sich wie ein Ausschnitt aus einer Reportage, als sei ein Journalist vor Ort gewesen und schildere seine Beobachtungen - ein bisschen blumig, das stimmt, aber das reicht nicht aus, um lyrisch zu sein. Bei deinen anderen Texten ist mir aufgefallen, dass sie kaum rhythmisch sind, oft sogar dann nicht, wenn Versmaße wie z.B. ein Jambus eingehalten werden. Weiterhin ist mir aufgefallen, dass du ein bisschen voreilig in der Wortwahl bist. Sein Gedicht "Schwarze Schwäne", z.B., beginnt so: Zitat:
https://www.poetry.de/showthread.php?t=95507 Eigentlich sollte das Nachfolgende unter diesem Gedicht als Kommentar stehen, aber ich lade meine Kritik hier ab, weil sie im Kern all deine Gedichte betrifft und nur beispielhaft sein soll. Die schwarzen Schwäne kann man durchgehen lassen, denn man weiß längst, dass es nicht nur weiße gibt. Aber wenn sie über den Dächern fliegen, ist das hoch, das ist also ein "Doppel-Moppel". Auch macht es sich nicht gut, nochmal zu erwähnen, dass ein schwarzer Schwan schwarze Flügel hat - das weiß der Leser ja bereits seit der ersten Zeile. Auch gibt der letzte Vers dieser Strophe nichts her: Was soll der Leser damit anfangen, dass die Flügel "so" schwarz, "so" groß und "so" glatt sind? Wie schwarz, groß und glatt denn? Zum Metrum: Der erste Vers ist ein Trochäus, der zweite beginnt mit einem Jambus mit Auftakt und endet mit einem Daktylus. Der dritte ist eine Mischung aus Jamben und Daktylen, der vierte besteht aus Jamben mit einem Daktylus in der Mitte. Kurz: ein ziemliches Durcheinander. Zitat:
Schwarze Schwäne fliegen bei Nacht,Ich hoffe, das alles klingt nicht zu vernichtend. Als ich mit der Lyrik anfing, waren meine Texte auch nicht perfekt. Ich kenne das untrügliche Gefühl, sich auf seinen Bauch zu verlassen, einfach loszuschreiben und das Ergebnis toll zu finden. Aber ich erinnere mich auch an die Prügel, die ich dafür einstecken musste. Inzwischen habe ich gelernt, Kritik ernst zu nehmen und sie als Motor zu nutzen, das nächste Rennen besser zu planen Nicht unterkriegen lassen. Aber ein bisschen Beschäftigung mit den Grundlagen wäre gut. Natürlich kann man auch in freien Versen oder freien Rhythmen schreiben. Aber um das richtig gut zu können, muss man das Handwerk beherrschen. Besten Gruß Ilka. |
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29.09.2021, 20:21 | #3 |
Hallo Ilka-Maria,
Ich freue mich deine erste Kritik erhalten zu haben. Ich weiß nur nicht so recht, ob sie durch ihre Pauschalisierungen noch als sonderlich konstruktiv gelten darf. Du schweigst dich ja doch recht beharrlich darüber aus, was ein Gedicht ist. Wenn ich andere Beiträge in diesem Forum lese, sind sie oft in (vierhebigen) Jamben geschrieben. Diese Versform könnte man aber fast schon als vulgär bezeichnen, so überschwänglich, wie sie gebraucht wird. Ich habe mir in meinen freieren und sicherlich dadurch prosaischeren Gedichten etwas die Finger verbrannt und hatte gehofft in diesem Forum auf eine Kritik zu stoßen, die nicht versucht meine Vers in ein falsches Korsett zu pferchen, sondern mir vielleicht erklären kann, wie man eine daktylische Auflockerung sinnvoll umsetzt. Ich möchte meinen eigenwilligen Rhythmus gerne begradigen. Aber eben nicht auf Kosten einer zu starken Vereinfachung. Meinem aktuellen Literaturwissenschaftlichen Kentnnisstandes nach, ist eine sinnvolle Trennung der "natürlichen Formen" der Dichtung trennscharf gar nicht möglich. Ich hätte es schön gefunden, wenn du dein Urteil meine Gedichte seien Prosa also stärker belegt hättest. Auch wenn ich gemerkt habe das gerade der dritte Vers über die Schwarzen Schwäne tatsächlich sehr maniriert wirkt, halte ich eine Ersetzung durch eine rhetorische Frage ebenfalls nicht für angemessen. Sie fliegen ja deswegen, weil sie in dieser "Anderswelt" tatsächlich fliegen sollen. Damit sind sie in Doppelterweise von der Welt dort unten abgegrenzt. Ich kenne die Einführung in die Lyriktheorie von Burdorf zu relativ großen Teilen auswendig. Ich komme nur eben von der anderen Seite. Hast du Tipps für mich, wie man ein Gedicht am besten schreibt? (Ich bin nicht davon überzeugt, dass man einfach aus dem Bauch heraus schreiben sollte und das dann einfach schön finden sollte. Ich habe nur auch kein Erarbeitungssystem für Lyrik) Mit freundlichen Grüßen heute mehr Friedrich als Lukasciewic |
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