Ballade vom Kickers-Spiel

[Ilka-Maria]

1. Halbzeit

Die Mannschaft kommt aus der Kabine
und stellt sich auf in einer Riege,
da tobt es auch schon auf den Rängen:
der Bieb’rer Berg fängt an zu brennen!
Bengalen-Feuer wird entzündet,
daß man im Qualme fast erblindet.
Als wieder frei ist aller Blick
auf das geliebte Rasenstück,
da ist das Spiel schon angepfiffen
und unser Team wird angegriffen.
Die Abwehrkette ist durchbrochen,
doch das hat der René gerochen,
prescht blindlings aus dem Tor heraus
und kickt den Ball ins Seitenaus.
Rasch ist der Einwurf ausgeführt,
schon kommt Frank Kastner angestürmt
und schnappt sich eifrig diesen Ball,
frech bringt der Gegner ihn zu Fall!
Den Schiri kümmert das nicht sehr
und läuft den Spielern hinterher.
Ein Aufschrei geht durch’s Stadienrund:
„Der Schiri braucht ‘nen Blindenhund!“
Schon läuft die nächste Angriffswelle,
doch ist Bernd Gramminger zur Stelle
und drischt den Ball dem Paule zu,
der - ganz gelassen, ganz die Ruh’ -
die Kugel noch ein Stückchen treibt;
denn vor dem Tor steht Roth bereit:
Die Flanke kommt, Roth läuft behende -
prompt bringt ein böses Foul das Ende!
Gleich ist er wieder auf den Beinen.
„Das gibt Elfmeter!“ muß er meinen.
Es war im Strafraum, sicherlich,
jedoch - den Elfer kriegt er nicht,
worauf entbrennt wilder Raudau
auf den Tribünen: „Schwarze Sau!“
Einhellig sind die Fans der Meinung,
daß dies war eine Fehlentscheidung.
Beim OFC macht Zorn sich breit
ob so viel Ungerechtigkeit,
dem Gegner nimmt man kurz und knapp
den Ball im Mittelfeld schon ab,
doch schwer ist es, den Ball zu halten
und ganz in Boysens Sinn zu walten:
„O nein, schon wieder nicht gelungen,
der Ball ist ihm vom Fuß gesprungen!“
Dem Trainer sitzt im Hals ein Kloß:
„Was machen die, was ist bloß los? -
Der steht im Abseits, ist der blind?
Das sieht hier doch ein jedes Kind!“
Zum Halbzeitstand die Analyse:
Die Kickers sind in einer Krise!


2. Halbzeit

Im zweiten Teil wird’s hitziger,
die Kickers werden bissiger,
drei Spieler sprinten gleichsam vor,
der Simon schießt - und trifft ins Tor.
Ein lauter Jubel füllt das Rund,
der Schiri zeigt zum Mittelpunkt
und aus des Fan-Blocks dichter Menge
ertönen Kickers-Schlachtgesänge.
Kaum ist der Anstoß ausgeführt,
läuft die Attacke wie geschmiert:
Der Gegner stürmt jetzt unverzagt,
was kräftig an den Nerven nagt.
den Ausgleich gilt’s rasch zu erzwingen,
will dieses Match man noch gewinnen.
Sie stoßen durch die Hinterreihen
und wollen Keffels Tor entweihen,
sie nähern sich der Straufraumgrenze,
da hilft nur noch die Notfallbremse!
Die rote Karte wird gezückt
und scharf zum weißen Punkt geblickt,
und auf des Schiedsrichters Geheiß
geht einer raus in Rot und Weiß.
Anstatt des Kampfrufs „OFC“
keift man jetzt laut:„Scheiß DFB!“,
denn dieses Foul, wie jeder sah,
war außerhalb - doch sonnenklar!
Protest ist müßig, wie man weiß:
der Schuß geht rein zum Eins zu Eins.
Das kann man so nicht akzeptieren,
den Gegner gilt’s zu attackieren,
Der Ball fliegt vor - schockschwere Not,
wo ist den bloß der Olli Roth?
Vorbei - vertan die fette Chance,
der Gegner stürmt und sucht Revanche!
Das Spiel entwickelt sich zum Drama -
da kommt von linker Seite Dama!
Weit dringt er vor des Gegners Tor
und legt dem Roth die Flanke vor.
Der zögert nicht, und ohne Rührung
schießt er ins Tor zur Kickers-Führung!
Auch Methfessel geht jetzt an’s Werk,
zum Hexenkessel wird der Berg,
als er den Gegner überrennt
und kalt den Ball im Tor versenkt:
Schon läuft die neunzigste Minute,
dem Gegner wird ganz schwach zumute,
für Nachspielzeit besteht kein Grund:
Die Pfeife in des Schiris Mund
verkündet schrill des Spieles Ende -
hoch wirft das Publikum die Hände
Der Kickers-Chor singt voller Freude:
„Ein Tag, so wunderschön wie heute.“

September 1997
by Ilka-Maria

(Zwei Jahre später ist der OFC unter Trainer Boysen aufgestiegen in die 2. Bundesliga)

[Ilka-Maria]

Danke, Risiko. Es gibt im Forum bereits andere Fußball-Gedichte von mir, liegt schon etwas zurück. Dieses hier habe ich der Länge wegen - und weil es auch der Vergangenheit angehört - bislang zurückgehalten.

[Ex-Sabi de Sombre]

spannendes spiel, liebe ilka.

mir gefällt das tempo, das beim lesen immer mehr an fahrt gewinnt.
alles klingt ebenso aufregend, wie ein radio-moderator das spiel kommentieren würde.
hier wurde viel liebe ins detail gelegt; respekt.

gern gelesen.

lg sabi

[Jeronimo]

Hallo Ilka-Maria,

die Reportage hat mir ausnehmend gut gefallen!

Jeronimo

[Ilka-Maria]

Danke an Euch!

Und Ehrenwort: Die Namen in dem Gedicht sind alle echt, da ist keiner einem Reim unterlegt worden.

[Thing]

Habe nur den ersten Teil gelesen und muß gestehen:
Alle diese großen Namen sind mir unbekannt.

Deine andern Teile les ich später.
Als Nicht-Fußball-Fan.
(Drücke aber jederzeit den Offenbacher Kickers die Daumen).

Hier hats bei mir gehapert:
[I]
Den Schiri kümmert das nicht sehr
und läuft den Spielern hinterher.


(Den Schiri kümmert das nicht sehr.
Er läuft den Spielern hinterher)

Na, das nur am Rande!


Thing