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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 21.06.2010, 21:24   #1
weiblich sturmmöwe
 
Benutzerbild von sturmmöwe
 
Dabei seit: 05/2010
Alter: 34
Beiträge: 110

Standard ein regentag

graue betonmauern lauern

wut wallt gegen weiße wände

fensterglas kühlt heiße hände

rauher regenschauer klopft

eine stumme träne tropft

freiheit feiert in der ferne
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Alt 21.06.2010, 22:56   #2
männlich Glasauge Bill
 
Dabei seit: 07/2007
Alter: 34
Beiträge: 494

Hallo Sturmmöwe,

Recht wirkungsvolle Gebilde lässt du auf uns los. Mir gefallen die Mischungen aus Alliterationen und Reimen größtenteils, weil sie Kopfkino abspulen. Probleme ergeben sich für mich im zusammenfügen der Bilder. Ich sehe das LI vor dem Fenster sitzen. Es scheint unzufrieden zu sein, ja sogar wütend (Z2). Ist das Wallen ein Aufschrei? Ich kann es recht gut von den Wänden widerhallen hören. Jedoch korrespondiert das nicht mit der stummen Träne in Zeile 5 - generell verbinde ich mich Regen ehr eine Melancholie, die zu träge bzw verzweifelt ist um in Wut zu brechen.

Heiße Hände klingt für mich nach (sexueller) Erregung, ich sehe eine beschlagene Scheibe, an die sich Handflächen abdrücken. Da ist keine Wut. Oder trommelt da jemand gegen das Glas?

Der letze Vers verstärkt in mir das melancholische Gefühl. Jedoch wieder unpassend zu den anderen Bilder. Ich frage mich, ob mir diese Zeile etwas über die Wünsche des LI aussagen soll. Sehnt es sich nach Freiheit? Im einfachen Sinne nach dem Ende des Regens oder doch viel mehr nach einer Person/ einem Ding was dort (in der Ferne) wartet, oder was ohne ihn dort hingegangen ist(und seine Abwesenheit feiert)?



Der Aufbau gefällt mir größtenteils. Ich frage mich nur, warum die erste Zeile im Vergleich zu den anderen so schwach ist. Klar, da ist der Binnenreim Mauern-lauern, aber der haut mich nun wirklich nicht aus den Latschen. Da hast du im schlechten Stil der Überschrift - denn die, und da brauchen wir auch nicht streiten, ist wohl absolut zuvielsagend und unkreativ- angefangen. Kannst dich dann aber zum Glück schnell steigern und mir gefällts am Ende, auch mit Szenenwirrwarr und mit oder wegen der ein oder anderen offenen Frage.

Glasauge
Glasauge Bill ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2010, 00:23   #3
weiblich sturmmöwe
 
Benutzerbild von sturmmöwe
 
Dabei seit: 05/2010
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Beiträge: 110

Hallo Bill

Vielen Dank für deine ausführliche und konstruktive Kritik. Ich freue mich, dass du dich so intensiv mit dem Gedicht auseinander gesetzt hast!

Erstmal:Ja, es geht um Wut. Um nicht ausgelebte Wut. Und um das Gefühl des Eingesperrtseins. Man kann es als Wut über das Eingesperrtsein interpretieren. Oder eben als eingesperrte Wut.

Zitat:
Ist das Wallen ein Aufschrei?
Nein, das LI lässt seinen Gefühlen eben nicht freien Lauf. Vielleicht kennst du das Gefühl, so wütend zu sein, dass die Wut schon fast greifbar ist, dich wie eine Aura umgibt. Und dann eben gegen die Wände des Raumes wallt. Vielleicht ist "wallen" hier auch nicht so passend. Zugegeben, ich habs vor allem wegen der Alliteration so geschrieben.

Die "stumme Träne" ist eher eine Träne der Wut. Schliesslich kann man auch vor Wut weinen.

Mit dem "rauhen Regenschauer" wollte ich eigentlich betonen, dass es sich nicht um die ruhige Art des Regens handelt, der man melancholisch zusieht. Aber du hast schon Recht: Es ist immer noch Melancholie mit drin, und die passt nicht so richtig zur sonstigen Stimmung.

Zitat:
Heiße Hände klingt für mich nach (sexueller) Erregung, ich sehe eine beschlagene Scheibe, an die sich Handflächen abdrücken. Da ist keine Wut.
Wieso nicht? Wut ist doch auch eine Art von Erregung.


Zitat:
Der letze Vers verstärkt in mir das melancholische Gefühl. Jedoch wieder unpassend zu den anderen Bilder. Ich frage mich, ob mir diese Zeile etwas über die Wünsche des LI aussagen soll. Sehnt es sich nach Freiheit?
Ja, es sehnt sich nach Freiheit. Es will raus in den Regen. Wobei dieser auch eine Art Gefühlsausbruch darstellt.

Zitat:
Ich frage mich nur, warum die erste Zeile im Vergleich zu den anderen so schwach ist
Die erste Zeile beschreibt die Aussicht des LI, das ja vor dem Fenster steht: eine Mauer. Eigentlich hatte das Gedicht eine weitere Zeile (zwischen Z5 und Z6), die die Umgebung beschreibt: "weiche Wiesen, grün gestrichen". Das gefiel mir aber dann doch nicht so gut, deshalb hab ichs gelöscht. Jetzt steht die Mauer halt alleine da.

Die Überschrift ist wirklich unkreativ, das stimmt. Mir fiel wirklich nichts Besseres ein! Aber ich finde nicht, dass sie zu viel sagt.

Die meisten deiner Kritikpunkte kann ich gut nachvollziehen. Da gibt es wirklich noch einige Unstimmigkeiten, vor allem am Anfang. Ich werds wohl nochmal überarbeiten müssen. Wobei das gar nicht einfach wird, denn das Gedicht stützt sich ja zu einem Großteil auf den Effekt von Alliterationen. Und ich weiss nicht, ob ich neue finden werde.

Ich hoffe, meine Ausführungen waren nicht zu langatmig!

glg
sturmmöwe
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Alt 24.06.2010, 12:28   #4
weiblich Lux
 
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Dabei seit: 03/2010
Alter: 38
Beiträge: 839

Hallo Sturmmöwe,

ein Text der mich berührt, der Erinnerungen an Fluchtgedanken weckt.
Irgendwie erinnert es mich an einen Fensterblick des LI, dass seiner momentanen Situation entfliehen will. Da sind Gegensätze: Heiße wut und Schmerz im Inneren und kalter Regen, trist und monoton, draußen. In der Ferne ein erlösendes Gewitter, welches dem LI verwehrt bleibt.

Soweit meine Gedanken dazu.
Der Titel - na ja ;-) das findet sich sicher etwas Besseres.

LG
Lux
Lux ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.06.2010, 15:51   #5
weiblich sturmmöwe
 
Benutzerbild von sturmmöwe
 
Dabei seit: 05/2010
Alter: 34
Beiträge: 110

Hallo Lux

Vielen Dank für deine Gedanken. Ja, etwa das wollte ich auch aussagen.
Ich freue mich, dass der Text dich berührt hat.

Jaa, der Titel... Ich bin wirklich langsam geneigt, ihn zu ändern. Allerdings ist mir noch immer nichts Besseres eingefallen. Vorschläge sind also herzlich willkommen!

lg
sturmmöwe
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Alt 25.06.2010, 21:14   #6
männlich Ex-JavaScript
abgemeldet
 
Dabei seit: 04/2010
Beiträge: 652

Hey Sturm der Worte,

Ich wollte dir keine konstruktive Kritik geben, dafür schonmal eine Entschuldigung, lediglich ein dickes Lob. Ich habe das Gedicht schon mehrmals gelesen und wollte schon etliche Male was schreiben, aber ich denke, ich kann die Stimmung nicht subjektiv radikalisieren, so bleibt Mir nur Bewunderung für das klangvoll starke Stück.

Vorschlag Titel: klirrende Mauern

Grüsst JL
Ex-JavaScript ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.06.2010, 21:28   #7
weiblich sturmmöwe
 
Benutzerbild von sturmmöwe
 
Dabei seit: 05/2010
Alter: 34
Beiträge: 110

Hallo John

Vielen Dank für dein Lob!
Der Titel-Vorschlag gefällt mir. Klingt auf jeden Fall besser als der Jetztige. Danke! Bin aber trotzdem noch nicht ganz sicher, ob ich ihn annehme. Werde nochmal drüber nachdenken.

lg
Sturmmöwe
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Alt 28.06.2010, 12:15   #8
männlich hendrik
 
Benutzerbild von hendrik
 
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Ort: Kraichtal
Alter: 53
Beiträge: 54

Hallo Sturmmöwe,

ich war zuerst auch von den "heißen Händen" etwas irritiert.
Vielleicht wurden die Hände auch heiß, weil sie zuviel "heiße Eisen" angefasst haben. Wer weiß.
So war jedenfalls mein erstes Bild.
Natürlich kann (wie fast immer im Leben) auch Sex eine Rolle spielen.
Wie auch immer, mir gefallen deine Zeilen sehr gut.
Intensiv und beeindruckend.

Liebe Grüße
Hendrik
hendrik ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.06.2010, 21:00   #9
weiblich sturmmöwe
 
Benutzerbild von sturmmöwe
 
Dabei seit: 05/2010
Alter: 34
Beiträge: 110

Hallo Hendrik

Ich hab ja oben schon irgendwo geschrieben, dass ich eigentlich mehr an emotionale als an sexuelle Erregung gedacht hab. Aber man kann das natürlich interpretieren wie man will.
Jedenfalls danke für deinen Kommentar und dein Lob!

lg
Sturmmöwe
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