Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Philosophisches und Nachdenkliches

Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 06.06.2018, 00:40   #1
männlich Psychopath
 
Benutzerbild von Psychopath
 
Dabei seit: 04/2018
Beiträge: 136

Standard Niemand kommt zu Gott, denn durch mich.

Ich muss euch etwas beichten.

Als ich damals so dasaß,
auf meinem Fischerboot,
und fischte,
da weinte ich heimlich.

Ich weinte, weil
es so viel Leid und Elend gab,
und ich verstand nicht,
warum.

Da fasste mir mein Vater auf die Schulter
und sagte:

Mein Sohn,
der Mensch ist erblindet durch Licht,
ertaubt durch den Ton
und erstummt durch die Sprache.

Verzeih dem Irren, denn er wurde irregeführt.
Verzeih dem Irreführenden, denn er wurde verführt.
Verzeih dem Verführer, denn durch seine Lüge
erkennst du die Wahrheit.

Du, mein Sohn,
bist nicht erblindet,
nicht ertaubt und
nicht verstummt.

Drum gehe hin zu deinen Brüdern,
die mich vergessen haben
und erinnere sie daran,
wie ich schmecke, rieche und
wie ich mich anfühle.

Da machte ich mich auf,
euch zu umarmen,
in meinen Händen,
Brot und Wein.

Doch als ich euch erzählte,
was unser Vater mir sagte,
da glaubtet ihr mir nicht.

Und bevor ich euch alle umarmte,
damit ihr fühlen könnt,
und bevor ich euch das Brot und den Wein gab,
damit ihr schmecken und riechen könnt,

da tötetet ihr mich,

ohne zu erkennen,
dass ich ebenso erblindet,
erstummt und ertaubt war,
wie ihr.


Ich glaubte es nur nicht.
Psychopath ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.06.2018, 11:59   #2
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Standard Hallo, Psychopath -

die Rubruk scheint mir nicht sehr glücklch gewählt zu sein -
ich empfehle
Fantasy, Magie und Religion
als passender.

Der letzte Vers macht mich nachdenklich -
gilt er dem
"Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?"

Dieser Monolog ist in meinen Augen gut verfaßt, die unterschiedliche Verslänge kommt dem Inhalt sehr entgegen.
Selbst mir als eingefleischtem Atheisten sagt er zu.

Freundlichen Gruß
von
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.06.2018, 23:39   #3
weiblich Ex-Serpentina
abgemeldet
 
Dabei seit: 04/2018
Ort: Zwischen den Gedanken
Alter: 57
Beiträge: 697

Hallo Psychopath,

das finde ich ganz hervorragend geschrieben.
Dir gelingt auf überraschende Weise eine religiöse Idee zu verdichten, ohne dass es knirscht.
Die letzten Strophe bringt mich allerdings auch zum nachdenken und mehrmals lesen.
Ex-Serpentina ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.06.2018, 00:00   #4
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.082

Zitat:
Zitat von Thing Beitrag anzeigen
die Rubruk scheint mir nicht sehr glücklch gewählt zu sein -
ich empfehle
Fantasy, Magie und Religion
als passender.
Das passt schon in die Philosophie. Eher steht die Religion in einer unglücklichen Verbindung mit Fantasy und Magie und hätte besser mit der Philosopie-Rubrik gekoppelt werden sollen.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.06.2018, 01:27   #5
männlich Psychopath
 
Benutzerbild von Psychopath
 
Dabei seit: 04/2018
Beiträge: 136

Standard Thing

Zitat:
die Rubruk scheint mir nicht sehr glücklch gewählt zu sein -
ich empfehle
Fantasy, Magie und Religion
als passender.
Hallo Thing,

ich hatte zunächst auch meine Bedenken, tatsächlich habe ich jedoch manchmal so meine Probleme mit dem Wort "Religion", deshalb hielt ich es für angebracht, meinen Text in die Philosophiespalte zu packen.


Zitat:
Der letzte Vers macht mich nachdenklich -
gilt er dem
"Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?"

Interessant. Natürlich kann sich jeder selbst eine Antwort oder ein Gefühl dafür zurechtlegen. Meine eigene Intention war viel mehr:

"Als mein Vater zu mir sprach, da glaubte ich ihm. Obgleich mich all das irdische blendete, so verstand ich das Ungreifbare und mein trüber Blick wurde klar."


PS: Wie kriegt man es denn hin, dass über dem Zitat "Zitat von ..." steht?


(: LG
Psychopath ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.06.2018, 01:34   #6
männlich Psychopath
 
Benutzerbild von Psychopath
 
Dabei seit: 04/2018
Beiträge: 136

Standard Serpentina

Zitat:
Dir gelingt auf überraschende Weise eine religiöse Idee zu verdichten, ohne dass es knirscht.
Die letzten Strophe bringt mich allerdings auch zum nachdenken und mehrmals lesen.
Gestern 11:59
Hallo Serpentina,

vielen lieben Dank! Vor allem dafür, dass du dir Zeit genommen und es mehrmals gelesen hast.

Schön, dass ich zum Nachdenken anregen konnte.
Wahrhaftig ein sehr sensibles Thema...

Ich gebe zu, die richtigen Worte zu finden fiel mir nicht sehr leicht.


(: LG
Psychopath ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.06.2018, 01:36   #7
männlich Psychopath
 
Benutzerbild von Psychopath
 
Dabei seit: 04/2018
Beiträge: 136

Standard Ilka-Maria

Zitat:
Das passt schon in die Philosophie. Eher steht die Religion in einer unglücklichen Verbindung mit Fantasy und Magie und hätte besser mit der Philosopie-Rubrik gekoppelt werden sollen.
Ganz genau so habe ich es auch empfunden...
Psychopath ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.06.2018, 07:50   #8
weiblich Ex-Serpentina
abgemeldet
 
Dabei seit: 04/2018
Ort: Zwischen den Gedanken
Alter: 57
Beiträge: 697

Hallo Psychopath,

nachdem ich deine Antwort an Thing gelesen habe, ist mir jetzt deutlicher, wie das gegen Ende von dir gemeint war.

Der Begriff Religion kann sehr unterschiedlich verwendet werden. Dein Blick ist, zumindest nach meinem Verständnis, aus der mystischen (zur Mystik gehörenden) Perspektive geschrieben. Oder religiös, im Sinne von "rückverbunden".


Verneigende Grüsse,
Serpentina
Ex-Serpentina ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.07.2018, 12:17   #9
männlich San Fabiano
 
Benutzerbild von San Fabiano
 
Dabei seit: 01/2018
Ort: in jeder Tiefkühltruhe erhältlich
Beiträge: 194

Stark!
San Fabiano ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.07.2018, 12:48   #10
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Gut gschrieben, lieber Psychopath.

Der letzte Vers straft den Glauben des LI an seine Erleuchtung (aus postmaler Einsicht) lügen. Sonst müsste es in in etwa lauten: Ich ließ es aber hinter mir.

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.08.2018, 00:33   #11
männlich Psychopath
 
Benutzerbild von Psychopath
 
Dabei seit: 04/2018
Beiträge: 136

Hallo Serpentina,

Interessant, wie du meinen Blick nach deinem Verständnis beschreibst.

Mit dem Begriff Religion konnte ich jedoch noch nie etwas anfangen, da hört mein Glaube dann auf...
Psychopath ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.08.2018, 00:34   #12
männlich Psychopath
 
Benutzerbild von Psychopath
 
Dabei seit: 04/2018
Beiträge: 136

Danke, San Fabiano
Psychopath ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.08.2018, 00:46   #13
männlich Psychopath
 
Benutzerbild von Psychopath
 
Dabei seit: 04/2018
Beiträge: 136

Hey Gummibaum,

Vielleicht lügt er ja nicht und sie waren blind den Dingen gegenüber, die sie nicht sehen wollten.
Taub dem gegenüber, der die Wahrheit sprechen wollte und
stumm dem gegenüber, der die Wahrheit verlangte.
Psychopath ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.08.2018, 21:22   #14
weiblich Ex-Serpentina
abgemeldet
 
Dabei seit: 04/2018
Ort: Zwischen den Gedanken
Alter: 57
Beiträge: 697

Zitat:
Zitat von Psychopath Beitrag anzeigen
Hallo Serpentina,

Interessant, wie du meinen Blick nach deinem Verständnis beschreibst.

Mit dem Begriff Religion konnte ich jedoch noch nie etwas anfangen, da hört mein Glaube dann auf...
Hallo Psychopath,

sorry dafür.
Richtig war das nicht. Autor, Text und Leser bilden eine Dreieck und eine gewisse Sorgfalt bei der Unterscheidung ist angebracht.

Vergiss also meinen Versuch, eine mystische Perspektive bei dir erkannt zu haben. Das ist mindestens gleich 2mal Quatsch.

Also:
2. Versuch meine Leseart und Gedanken zu deinem Gedicht zu beschreiben:

Jesus, der Mensch geworden ist und seine göttliche Herkunft vergass, rückerinnert sich mit Hilfe von Gott, dass er Gottes Sohn ist. Nun geht er zu den anderen, bekennt, dass er Mensch wurde, um nun als Gottes Sohn den anderen zu sagen, dass sie, wenn sie ihm folgen, zu Gott finden. In meiner Deutung, durch ihn erfahren, dass sie Kinder Gottes sind.
Es kommt, wie es kommen muss. Wenn es Gott nur gelang, sich bei Jesus Gehör zu verschaffen und bei den anderen nicht, dann werden die meisten anderen natürlich für Jesus auch kein Verständnis haben, weil sie die unmittelbare Erfahrung "wie ich schmecke, wie ich rieche..." (mystische Erfahrung der Rückverbindung, Religio=Rückverbindung), nicht nachvollziehen können.
Und sie töten ihn, weil sie nicht so wie er, erkennen konnten, eigentlich erblindet zu sein.

Die letzte Strophe lässt aber offen, ob da vielleicht doch nur ein Mensch starb, der nur glaubte, wirklich sehend geworden zu sein oder ob da ein wirklich Sehender getötet wird, der Sehend wurde, weil er daran zweifelte, dass sein Erblinden als Mensch, was die anderen für Sehen halten, seine wahre Natur ist.

LG,
S.
Ex-Serpentina ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Niemand kommt zu Gott, denn durch mich.

Stichworte
vergebung



Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
Dein Gott ist auch mein Gott Ex-DrKarg Fantasy, Magie und Religion 9 12.07.2015 08:01
Wie siehst du mich denn nicht? Aniqa Elaurie Gefühlte Momente und Emotionen 7 02.02.2015 16:02
Durch mich hindurch nimmilonely Gefühlte Momente und Emotionen 0 24.06.2013 00:57
was immer gott für mich vorsah sommermann Liebe, Romantik und Leidenschaft 6 04.01.2011 13:25


Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.