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Alt 03.05.2006, 20:47   #1
Farunkelchen
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 3


Standard Hat man geliebt, kann man sich fallen lassen...

„Freiheit“

„Komm, lass dich fallen, einfach fallen...!“.
Wer hätte das gedacht? Niemals mehr wollte ich hinter meiner Schutzmauer hervorblicken. Niemals mehr.
„Siehst du, ich hab dich gefangen und dir ist in meinen Armen nichts passiert, oder?“.
Das eigene Herz ist wohl das Verletzlichste in uns, das wir besitzen. Kein Wunder, dass wir es mit aller Macht schützen wollen. Und genau dann einen Menschen zu finden, der einem Wärme schenkt und neuen Mut, das ist wirklich wunderbar, oder nicht? Mein schüchterner Blick huscht vor dem Fall kurz zurück zu ihm. Steht er auch wirklich da unten?
„Du hattest ernsthaft Angst, nicht wahr?“.
Dieser gespielte vorwurfsvolle Blick von ihm, ich könnte ihn so ewig betrachten. Diese geschmeidigen, etwas längeren Haare, die ihm verspielt ins Gesicht fallen, als wollten sie nicht zu diesem bösen Blick gehören, bringen mich zum Schmunzeln.
„Was gebe ich nicht Alles für dieses Lächeln, mein Sonnenschein.“. Tage zu verbringen, als wäre es Sommer, Tage, an denen die Wärme der Liebe einen umspielt, Nichts will ich gegen sie eintauschen. Dann der sanfte Druck auf den Lippen, so unbeschreiblich schön.
„Das nächste Mal überlegst du dir vorher, ob du alleine und heil wieder herunter kommst, wenn du schon wie ein kleines Kind auf den Baum kletterst!“.
Hm, allmählich könnte man denken, dass es Besorgnis ist, die hier spricht. Dabei war das Fallen wirklich nicht schlimm gewesen. Er hat ja selbst vorher gesagt, er würde mich sicher fangen. Wie gerne würde ich all den Menschen da draußen sagen, wie glücklich ich bin und verliebt. Nie wieder werde ich diese Liebe hergeben. Nie wieder!
Langsam wird es wieder kalt, schnell gib mir erneut von deiner Wärme. Er drückt so fest! Was ist mit ihm? Auf einmal ist es anders...Er sieht mich mit ruhigem wissenden Blick an. Weiß er mehr als ich? Weißt du warum mir so kalt ist? Hast du wieder aufgehört zu drücken? Der Druck auf meinen Lippen wiederholt sich, doch stärker, gröber. Warum zerrt es meine Lippen so unkontrolliert mit der Bewegung mit? Weißt du warum?
„Noch mal, na los, noch mal!“.
Wer spricht da, wenn nicht wir? Und wer nur hat es da so eilig? Warum erscheint die Stimme so rau und düster? Kein Grund zur Sorge, sagst du? Nein? Gut, ja natürlich glaube ich deinem wissenden, ruhigen Blick. Da, da ist sie wieder, diese Wärme, doch sie ist so anders, so... flüssig?
„Wir haben sie, wir haben sie.“.
Wen haben sie? Sag mir was geht hier vor, wo bin ich? Die Umgebung hat sich verändert. Wer sind diese ganzen Leute und was ist das für ein Lärm? Wo sind wir, Schatz? Schatz? Schatz, ich weiß woher die Wärme kommt. Schatz, blute ich?... Ich kann nicht reden... Schatz hol mich hier weg!
„Können sie mich hören? Hören sie mich? Sie hatten ei-...!“.
Die Stimmen werden leiser, Schatz. Ist das o.k.? Ich hab Angst. Was sagst du? Zurück? Zum Baum? In deinen Armen? Ja, bitte, gern.
Habe ich euch schon erzählt, wie unendlich stark man sich fühlt, wenn man einen Partner an seiner Seite hat, der einen liebt? Solche Tage zu verbringen, als wäre es Sommer, Tage, an denen die Wärme der Liebe einen umspielt, Nichts will ich gegen sie eintauschen.

„Wir haben...haben sie verloren.“.
Auch wenn sie es nicht verstand, auch wenn sie den Sturz schon nach Kürze nicht mehr wahrnahm, der durch den Unfall zustande kam, auch wenn sie keine Schmerzen bis kurz vor ihrem Ende empfand, sie war tot. Der Fall von der Brücke hatte sie tödlich verletzt, der Fall, den sie in ihrer Welt heil überstanden hatte. Jede Hilfe, zuerst die Mund-zu-Mund-Beatmung, ihr „sanfter Druck auf den Lippen“, dann die ärztliche Reanimation, der „zu feste Druck“, der Wärme spenden sollte, Alles kam zu spät. Ihre „Wärme der Liebe“, die sie umfloss, floss zu schnell. Sie verblutete.
Was bleibt ist die Verzweiflung, die Wut, der Schmerz, die Fassungslosigkeit, die Trauer, das „Nichtwahrhabenwollen“, der pure Wahnsinn ihres Freundes, dessen geschmeidiges, längeres Haar auch heute noch verspielt in sein Gesicht fällt. Zusammengekauert, nichtaufnahmefähig sitzt er nun unten auf dem Boden und muss unweigerlich an ihr erstes Treffen vor drei Jahren denken. Das Picknick und ihr Klettern auf den Baum, wie wunderschön war es gewesen tage zu verbringen, als wäre es Sommer. Damals hatte er sie fangen können, warum nur jetzt nicht? Als das kaputte, brüchige Geländer brach?

„Komm, lass dich fallen, einfach fallen. Ich fang dich auf!“ Natürlich, ich vertraue dir. Niemand wird uns diese Liebe je wieder nehmen...


Edit: Wie schön wäre doch die Vorstellung nach unserem Tod an einem oder dem Ort zu sein, an dem wir einst die Liebe mehr als nur spürten...
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