Rettung in Figueres

[buenito]

Es ist ein schöner Frühlingstag in Figueres der Stadt zwischen Bergen und Mittelmeer.
Auf dem Weg durch die Stadt sehen wir eine kleine Gruppe Spanier versammelt im Halbkreis vor einer Bank am Strassenrand.
Mehrere ältere Spanier stehen andächtig um einen Landsmann der da sitzt mit einer Taube in beiden Händen, welche die Füßchen gen Himmel streckt während ein jüngeren Arbeiter in Handwerkerkleidung gerade dabei ist mit dem kleinen Klappmesser seines Schlüsselanhängers die Füße des Täubchens von einer Schnur freizuschneiden, die sich um die feinen Taubenfüsschen verwickelt und diese bereits tief eingeschnürt hat, ein schwieriger Fall.
Fast schweigend beugen sich die älteren Spanier in tiefster Anteilnahme über das Geschehen, nur selten sagt einer ganz leise einen hilfreichen Kommentar um das Vögelchen nicht zu beunruhigen. Es besteht eine Stimmung mindestens so andächtig wie in der Kirche.
Die Taube hält schön still, sie wehrt sich nicht und nur wenn die Schmerzen zu groß sind, verdreht sie das Köpfchen und schließt kurz die Augen.
Ich hole schnell die kleine Flasche mit meinem Heilkräuter- Desinfektionsalkohol aus meinem Rucksack und halte sie hin, worauf einer der Spanier ganz leise nur "später" sagt.
Einige Minuten später, nachdem auch weitere Passanten angehalten und zugeschaut haben, ist die Rettung geglückt und die Taube fachmännisch von ihren Fußfesseln befreit.
Noch schnell etwas Desinfektionsmittel aus meiner Kräuterapotheke auf die Wunden, dann steht der Spanier mit dem Täubchen in den Händen auf und bewegt die Hände mit der Taube einmal in Richtung dem Gehweg entlang durch die Luft.
Die Taube hat verstanden das sie nicht gleich Richtung Straße fliegen soll.
Ein sachter Schwung und die Hände des Spaniers lassen die Taube frei die erst einige Meter und noch etwas bodennah den Gehweg entlangfliegt.
Wir halten den Atem an denn sie fliegt nun Richtung Strasse, überfliegt diese in sicherer Höhe, steigt weiter und landet dann auf dem Dach eines Supermarktes gegenüber wo sie nun sitzt und uns anschaut.
"Viel Glück" hat der Spanier ihr noch leise zugerufen, wir auch, und fast mit Tränen der Dankbarkeit in den Augen bedanken wir uns danach bei den spanischen Rettern.
Abends, als wir dann in einem kleinen Wäldchen am Stadtrand unser Nachtlager einrichten, kommen zwei Tauben geflogen und wählen einen Schlafplatz in einer hohen Esche über uns von der sie uns die ganze Nacht bewachen und auf ihre Art beschützen.
In einem großen Lorbeerbaum gegenüber haben die Eichhörnchen ihr Nachtlager. Wir sind also in bester Gesellschaft.
Es ist eine milde, trockene Frühlingsnacht unter den flimmernden südlichen Sternen mit Grillengesang.
Sogar eine Nachtigall hat zu uns gefunden und in einem Baum über uns ganz wunderbar gesungen.
Glitzernde Mittelmeersterne, Nachtigallgesang und ein weiterer wunderbarer Tag am Mittelmeer schmückt unsere Sammlung an Erinnerungen als weiterer Edelstein in einer Schatztruhe, welche die Grundsteine für alsbald kommende Paradiese enthält.


Als Dankeschön an die tierlieben Spanier geschrieben
in Figueres, am 4. Mai 2021