Morgen wird alles anders

[Ilka-Maria]

Heute war wieder so einer von diesen typischen „Zu-spät-Arbeitstagen“. Nachdem es gelungen war, vier (vier!) Werktage lang das Chaos mit übermenschlichen Anstrengungen abzuwenden und die Woche einigermaßen würdevoll auslaufen zu lassen, brach gegen zehn Uhr die Katastrophe herein.

Dabei hatte der Tag ganz entspannt begonnen. Ich machte mir wie üblich einen Humpen Bohnenkaffee, schmiss den Computer an und paddelte beim Schlürfen der braunen Brühe in aller Gelassenheit durch eine lustige Internetseite namens „Poetry“, die mir richtig gute Laune machte. Um halbneun herum hatte ich allmählich das Gefühl, in die Dusche springen und mich zum Ausgang fein machen zu müssen, denn der Kühlschrank war gähnend leer, und schließlich wollte ich nicht am Wochenende Hungers sterben.

Im Supermarkt war zunächst alles gut. Ich packte gemächlich meine Lieblingsmarken in den Caddy, aber zwischen dem dritten und vierten Griff ins Regal signalisierte mir mein Bauchgefühl eine Störung: Hier stimmte etwas mit der Atmosphäre nicht, das war nicht das gewohnte Samstagsmorgenspublikum. In mir stieg eine böse Ahnung auf: Sollte ich heute früh möglicherweise ein wenig zu stark entspannt gewesen sein? Oder anders gezweifelt: Hatte ich mir selbst einen Streich gespielt?

Im Eilschritt schob ich meinen Caddy zum Zeitungsstand und griff mir die Tageszeitung …

Shit! Wir hatten nicht Samstag, sondern erst Freitag!

Die nächsten zwanzig Minuten liefen im Telegrammstil ab: Auto in die Garage, Einkauf in die Küche geschleudert, Anruf zum Chef … Beichte. Urlaub einreichen oder noch kommen? Kommen!!!

Soweit klar: Meinen Kopf durfte ich retten, wenn ich am Nachmittag die Tagesration zu bewältigen imstande war. Kleinigkeit für mich - geistig und körperlich kein Problem.

Nur wussten das die Leute vom RMV nicht. Diesen Krücken war nicht bewusst, dass es um meinen Hals samt Kragen (und aus medizinisch nachvollziehbaren Gründen um meinen Kopf) ging, und so legten sie glatt zwei Stunden lang die S-Bahn-Strecke lahm. Grund: Eine Taube hatte sich ungeachtet der Taubenabwehrverordnung in Form von Spikes zwischen diesen Stricknadeln urgemütlich niedergelassen und an irgendeinem empfindlichen Punkt einen Kurzschluss ausgelöst. Das muss man erst einmal verdauen: Ein harmloses, blaugraues, gurrendes Vögelchen, das bislang am meisten wegen seiner ekligen Kackerei aufgefallen war, gebärdet sich wie ein Terrorist und bringt den gesamten RMV zum Erliegen!

Nun ja … der Rückweg war nicht besser. So eine terroristisch hirngewaschene Taube kann Sachen anrichten, die dem Pendler-Rhythmus richtig weh tun. Kurz gesagt: Die Techniker waren Pflaumen. Sie hatten weder die Taube gefangen und von der Polizei abführen lassen, damit sie vor einem ordentlichen Gericht zur Verantwortung gezogen werden konnte. Sie hatten es auch nicht geschafft, vor zehn Uhr abends dem Schaden zu reparieren und den geregelten Verkehr wiederherzustellen.

Egal … irgendwie und irgendwann war ich zu Hause. Spät, sehr spät ... Und ein halber Urlaubstag war futsch.

Und derweil darbt mein geliebtes Auto in der Tiefgarage, scharrt mit den Hufen, um wenigstens zum Einkaufen und/oder zum Fußballspiel mitgenommen zu werden – einmal pro Woche an die Luft.

Seine Ahnen hatten es besser, die durften noch gefahren und gelenkt werden und parken.

Das waren andere Zeiten: Das stand noch Leistung gegen Bezahlung.

Heute wird Leistung abgezockt.

Und deswegen lässt man lieber das Auto im Garten oder in der Tiefgarage stehen, besucht keine Freunde mehr (bei denen kann man nicht parken), versagt sich so ziemlich alles und hortet das Geld, das man nicht mehr ausgeben kann, weil alles mit Auflagen belegt ist.

Egal … ich bin hier und gehe zu Bett. Wie sagte Scarlett O’Hara, die gescheiteste Frau der 30er Jahre: Tomorrow is another day!“

[Ex-Ralfchen]

flüssig und ansprechend - eben aus dem realen leben, mein liebling.

[Thing]

Klasse!

Deine KG haben einen sehr hohen "Wiedererkennungswert", deswegen ist es immer wieder ein Genuß, sie zu lesen.
In meinen Augen perfekt.


LG
Thing

[Ex-Ralfchen]

jaaaaaaaa nur eben sehr selten...