Der Hochzeitstag

[Nubo Catrik]

Schöne Lieder spielen die Glocken,
Kirchenlied und Hochzeitsmarsch,
klingen froh durch die barocken
Mauern an dem Hochzeitstag.

Alle Welt ist eingeladen,
alle Welt ist angereist,
und das Brautpaar in dem Wagen
gleich geeint vorm Heiligen Geist.

Leute von ganz vielen Sippen,
Gilden, Cliquen, allen Clans,
Schnauzbärte und Buckelrücken
Vielfalt, die zur Eintracht mahnt.

Hastig schwafeln alle Leute,
wichtig oder unwichtig,
nur junge Damen, bald selbst Bräute
wissen heut', was wichtig ist.

Ganz im Fokus ihrer Fragen,
ein Textil besonderer Art,
ist das Brautkleid, das seit Tagen
spielt mit Mädchenträumen zart.

Kaum des schönen Frühlingsmorgens
Morgentau geschmolzen ist,
steht der Priester aus dem Orden
des August im Kirchenschiff.

Und der Vorhang lichtet sich,
Nebel werden klar,
Jedes Auge richtet sich
in Richtung des Altar.

In die dunklen, alten Bänke,
ist kaum Ruhe eingekehrt,
kollektives Kopfverrenken,
die Kirchentür wird aufgesperrt.

Ein Schock bricht ein auf steilen Wogen
Es kann nicht! Nein! Es kann nicht sein!
die Braut kahm wahrlich ungelogen
nackt zur Kirchentür herein.

Bis heute heißt es, dort im Stillen,
konnten Blinde plötzlich Sehen,
es hörte aus verlornem Willen
Die Erde auf sich selbst zu drehen.

Als sei ein ganz normales Ding es,
schritt das Weib in Ruh voran,
und ein wenig, sah man, fing es,
Blicke ein von jedem Mann.

Wie ein mystischer Zyklon,
oder, besser, wie ein Geist,
vom Platschen ihrer nackten Sohlen
begleitet kam die Braut herein.

Ich kann nun weiter nicht erzählen,
Was sich zugetragen hat,
man hört nur in verqualmten Sälen
manchmal noch: die Braut war nackt.