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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln.

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Alt 16.03.2015, 10:39   #1
männlich urluberlu
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Standard Der Honigbär

Strich ein Bär den andern Bären
täglich Honig um das Maul,
diese ließen drauf die Beeren,
folgten jenem, gar nicht faul.

Dessen Manna einzuschlürfen,
fiel den Bären gar nicht schwer.
Nicht mehr in den Wald zu dürfen,
wurmte sie nicht allzu sehr.

Und sie schenkten ihre Liebe
jenem mit dem Honigtopf,
der, in seinem Allmacht-Triebe,
wähnte sich am Ziel, der Tropf!

Eingefangen von den Träumen,
lebt er nur dem schönen Schein,
muss nun ewig weiter schleimen,
darf nie mehr authentisch sein.
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Alt 16.03.2015, 11:27   #2
männlich Volldaneben
 
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Lieber Urluberlu

aus meiner Sicht ein Meisterwerk, Gratulation!

Es lohnt sich aber auch nicht nur vor der Tür des Honigbähren zu kehren, sondern auch vor anderen Türen, nicht zuletzt vor der eigenen Türe zu kehren, die eigenen Vor und Nachzüge zu erahnen, um so zu erkennen das Alle in Freud und Last als Gemeinsamkeit verbunden sind.

Hochachtungsvoll
Volldaneben
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Alt 16.03.2015, 11:32   #3
männlich urluberlu
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hallo volld.

danke für die rückmeldung.
woher weisst du denn, dass ich da nicht gemeint bin? ;-)

bis bald
url.
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Alt 16.03.2015, 14:56   #4
männlich Jeronimo
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Ich finde den Metpetz sehr elegant geschrieben, und den Honigtopf bekommt jeder mal ans Maul.
Da du, lieber Url, immer so kritiklüsternd bist:
"gar nicht faul"
ist natürlich eine Gedichtfloskel, ein Reimfüller.

Honigbähren ist ja wohl Volldaneben.

Jeronimo
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Alt 16.03.2015, 15:16   #5
männlich urluberlu
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kritiklüsternd ist ja wohl voll ausseriridisch!

dennoch vielen dank für dein feedback. diagnose kann ich bestätigen, dass gar gar zweimal vorkommt, ist dir wohl gar nicht aufgegart?

gruss
ins all

url
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Alt 16.03.2015, 15:22   #6
männlich Jeronimo
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Doch, ist mir sehr wohl aufgefallen! Liest sich aber so weg.
Und bei einem guten Gedicht soll die Kritik ja nicht überwiegen. mache ich ja nur dir zum Gefallen.
Ich helfe ja, wo ich kann.

Jeronimo
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Alt 17.03.2015, 00:26   #7
Stachel
 
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Hallo url.,

"Der Honigbär" hat mein Interesse geweckt und verdient eine genauere Betrachtung.
Ich glaube, durch die Blume verstanden zu haben, dass du hier auch gerne mehr von mir gelesen hättest.
Sollte das so sein, muss ich um Verzeihung bitten. Die Zeit war mir knapp. Ich wollte jedoch nicht ohne Lob gehen, fand ich "Frisch" doch bei schnellem Blick herausragend schön.

Nun aber zum Honigbären:

Zu Metrum und Reim ist nicht viel zu sagen. Es ist solide Handwerkskunst, kreuzgewebt. Nur S4 fällt etwas aus dem Rahmen. Schön wird hier der phonetische Bezug von "Träumen" (V1) über "schleimen" (V3) zu "Schein" und "sein" (V2,4) hergestellt. So platzt der Traum des Honigbären in S4 auch mit stilistischer Unterstützung.

Inhalt:

In S1 schmeichelt ein Bär (HB - Honigbär) den anderen Bären (aB) ("Strich ... Honig um das Maul"). Sie folgen ihm daraufhin und büßen in S2 einen Teil ihrer Freiheit ein ("Nicht mehr in den Wald ... dürfen"), was sie aber nicht weiter stört (V4). Grund dafür ist das Manna des HB, dass sie "einschlürfen" dürfen (V2).
S3 enhält bereits die Wendung zum Ende. HB bekommt die (in S1,2 erkaufte) Zuneigung der aB und möchte sie für sich ausnutzen ("Allmacht-Triebe","Ziel"), doch er entpuppt sich in seinem Streben als Narr ("Tropf").
Quasi als Moral der Geschichte verliert der HB in S4 seine Authentizität (V4) und wird in seiner Rolle als "Honig-ums-Maul-Schmierer" gefangen ("ewig weiter schleimen").

Die gemalten Bilder wirken durchweg bunt, wenngleich sich aus meiner Sicht ein paar Unstimmigkeiten bilden:

1) Das Bild des Honigs wird zweimal benutzt (S1V2, S3V2). Dazwischen kristallisiert sich heraus, dass es nicht bloß um Schmeichelei geht, sondern auch um Ernährung (S1V3: "ließen drauf die Bären", S2V1: "Manna einzuschlürfen")
Diese zweite Bedeutungsebene kann womöglich als versteckter Hinweis auf die Ambivalenz des HB-Verhaltens herhalten.
Sie konterkariert jedoch S1V4, denn die aB sind ja gerade doch faul, wenn sie nicht mehr selbst für ihr Essen sorgen, sondern sich vom HB abhängig machen, sein Manna schlürfen. In gleichem Sinne bildet S1V4 auch mit S2V2 ("fiel ... gar nicht schwer") einen starken Gegensatz.

2) In S2 wird Honig durch Manna, die Nahrung Gottes für die Israeliten in der Wüste, abgelöst. Nun ist Honig zwar für Bären sehr lecker, aber doch sicher nicht göttlich, so dass beide Begriffe sich hier nicht so recht als Synonym anbieten. Begreift man aber diesen Umstand als Steigerung (Honig->Manna), die gleichsam die steigende Abhängigkeit der aB vom HB gut unterstützen würde, so erscheint mir der Rückfall ("Honig", S3V2) nicht mehr sinnig. Allerdings: Vielleicht bin ich da auch zu kritisch, hat Manna doch zumindest den "Geschmack von Honigkuchen“ und enthält zudem eine Vertrauens- und Abhängigkeitskomponente (gegenüber Gott), was einen subtilen Zusammenhang mit der Abhängigkeit der aB vom HB ergibt.

Gut finde ich auch die Verwendung des Wortes "Tropf" (S3V4). Gewünscht hätte ich mir an der Stelle allerdings eher den Tropf, an dem die aB nun hängen. So aber wirkt er reimgeschuldet. Leider wäre umgekehrt die hier gut eingeleitete Wendung damit hinfällig. Einen Tod muss man wohl sterben. ;-)

Was sonst?
Die Freiheitseinschränkung der aB (S2V3) hätte ein wenig Erklärung vertragen, ebenso die Ziele des HB. Was will er mit der Allmacht und wie kann er sich nutzen? Worin besteht sie eigentlich? Die Konsequenz der S4 wäre auch noch zu beleuchten. Das wollte der Dichter aber vermutlich einfach dem Leser und dessen eigener Phantasie überlassen.

Fazit:

Der Stoff ist mit farbenfrohen, kindgerechten Bildern gut verpackt. (Ich vermeide gerade das Wort "comic-artig", obwohl ich an Winnie-Poh denken muss. Es soll aber kein "Kitsch" mitschwingen.) Die durchgehende moralische Komponente trieft dabei nicht vor Moralinsäure, sondern wird augenzwinkernd mit einem kleinen "Ätschibätsch" für den Protagonisten am Ende umgesetzt. Sie bietet dabei gutes Potenzial, weiter ausgeschmückt und sogar in andere Formen gegossen zu werden (Prosa,Fabel,Bild,etc). Ein sehr schönes und facettenreiches Gedicht für den Schulunterricht, wie ich finde.

Grüße sendet
Stachel
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Alt 17.03.2015, 01:16   #8
männlich Ex-Lichtsohn
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Zu diesem Text fällt mir einfach nur spontan und bärig salopp ein:

wunderbar ge(schl)reimt !

Lg
Lichtsohn
Ex-Lichtsohn ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.03.2015, 10:25   #9
männlich urluberlu
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Hallo Stachel
Danke sehr für die Zeit und Mühe, welche du meinen im täglichen Hänsel-Spiel der Forendichter rasch hingeworfenen Versen gewidmet hast.
Es freut mich sehr, wenn die kleine Geschichte auch in einem allgemeineren Rahmen Sinn macht.

zu 1) ja, klar, verstanden.
zu 2) Danke für den Hinweis auf den Honiggeschmack von Manna. Würde ich der Schiene „Bilderbuchgedicht für Kinder“ konsequent folgen, würde ich es auch hier beim Honig belassen. im übrigen klar und verstanden.

Für den Schulunterricht müsste die Geschichte konkreter werden. Du hast ja ein paar Stellen zitiert, wo es zu wenig am Gegenstand bleibt.

Das Ätschbätsch (Landsmann oder- frau?) passt. Siehe Abschnitt 1.

Ein guter Zeichner könnte da bestimmt ein paar Bilder dazu machen und auch gleich die Vierzeiler zu jedem Bild selber in diesme Stil dichten.

Schönen Tag
U.

Hallo Lichtsohn

Danke fürs reinschauen und das feedback!

Einen schönen Tag!
url.
urluberlu ist offline   Mit Zitat antworten
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