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Alt 28.07.2012, 08:15   #1
männlich Desperado
 
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Standard Sklavenjäger

Unmittelbar nach Kriegsende eröffnen die Amerikaner die „California Road“, errichten ein Fort nach dem anderen ihre Route entlang, insgesamt deren zehn festungsähnliche, am Rio Grande, am Peco River, im Big Bend des Davis Mountain und El Paso, sie treiben ihre „bewachte“ Handelsroute tief hinein ins Apacheland, durch den Doubtful Canyon der Guadelupe Berge, über das San Simon Tal weiter durch den Apachepass der Chiricahua Berge zu den Salzebenen der Sulphur Springs und von da aus durch die Dragoon Berge bis nach Tucson.

Die Maultierkarawanen wachsen an zu einem gewaltigen Strom ohne Anfang und Ende, reiche Erzvorkommen in den Big Burro Bergen und die Santa Rita Kette entlang wollen gehoben sein, das zur Eisen-, Silber- und Goldgewinnung notwendige Quecksilber erobert einen eigenen äußerst lukrativen Markt, zumal es sich als bestens für die Herstellung von Sprengstoff gegeignet herausstellt, langer Geschäftsrede kurzer Sinn, um all das gewinnbringend zu schultern, braucht der weiße Mann ein Heer an Indiosklaven.

Sie kommen mit Ochsengespannen, die Wagen sind vollbeladen mit Ketten, eisernen Halsfesseln und ehernen Jochen, die für gebeugte Schultern und Häupter geschmiedet sind und für erschlaffte Beine, ich sehe die mächtige Staubwolke am Horizont, die rohen Fuhrknechte johlen und pfeifen, peitschen brutal auf die bulligen Zugtiere ein, mit jedem Tag rücken sie ein Stück näher heran, unaufhaltsam ist ihr riesiger Treck des Grauens.

Mit Lederschürzen umspannt ihre muskelbepackten schwitzenden Leiber, polierte Ringe um Brust und Bizeps gewunden, der Hals im Nacken breit wie ihr kahlgeschorener Schädel, in klotzigen Fäusten die glühenden Peitschen, so treiben sie ihre dampfenden keuchenden Ochsen an. Die Karren ächzen, quietschen und knarren, tiefe Furchen graben die Stahlgürtel ihrer gewaltigen Räder in den aufgerissenen Boden.

Aus schwarzvermummten Kastenwägen springen behände Männer in ledernen Roben und schwarzen Stiefeln, mit Knüppeln und Eisenstöcken dringen sie in die Häuser, treten die Türen ein, zerren die Schlafenden aus den Betten, die Frauen und Mädchen an den Haaren ins Freie, seht her, rufen sie, welch prächtige Huren für unseren Meister, unberührt und unverbraucht, gerade recht für den Strich und die Bordelle, welch fette Beute, der Herr wird’s uns lohnen.

Hörst du die Dollars klimpern in meiner Tasche, schreit einer dem andern freudig zu.

Die grässlichen Kerle knüppeln die ergriffenen Männer brutal und roh nieder, legen den Wimmernden eherne Fesseln an Füße und Hände, ziehen eine Kette durch eiserne Laschen den Körper hinauf , winden ihnen einen Eisenring um den Hals und befestigen diese daran, so dass Knöchel, Gelenke und Hals am selben Strang hängen, treiben und stoßen die Klirrenden auf die Planken der Wagen, seht her, rufen sie, starke gesunde Männer für die Stollen und Minen, geschaffen zu Arbeit und Schinderei für eine Handvoll Dollar im Jahr, geboren zu schuften für hartes Brot, willig und fähig das große Reich unseres Herren zu errichten.

Wo vorher Ketten und Fesseln sich stapelten, kauern nun ängstliche Menschen zusammengedrängt, weinend und betend, die Augen flehend zum Himmel erhoben, mag sein dass wir Knechte sind unseres Herrn und Gebieters, höhnen die Menschenfänger, doch euch Erbärmlichen sind wir König! Wer ist euer Herr, fragt mutig ein kräftiger Mann, schweig Bastard, schlägt ihm ein Rohling die Faust ins Gesicht, doch warum sollte ich euch Würmern den Höchsten nicht nennen, du elender Krüppel, sein glorreiches Wesen ist Ausbeutung und Habgier, Reichtum und Macht seine ehrwürdigen Titel.

Die Welt wird er unterwerfen und an sich reißen in verschwindend kurzer Zeit, nichts und niemand vermag seinen Siegeszug aufzuhalten, darum wenn ihr klug seid, unterwerft euch ihm und dient ihm mit all euren Kräften und Sinnen, ja liebt ihn mit ganzem Herzen und all euren Gedanken, den größer ist er und mächtiger als der besitzlose und bettelarme Penner dort oben, der euch nicht helfen und retten kann.

Schaudern beobachte ich das Grauen durch mein Fernrohr, der Wind trägt mir die schrecklichen Schreie zu. Ich erinnere mich an eine Weissagung des alten Mescalero, deren Wortlaut mir nur bruchstückhaft in Erinnerung ist, sie klingt aber auch so beunruhigend genug.

„Ein finsterer machtvoller Geist wird sich auf die Völker der Erde senken, ein abscheuliches Ungetüm wird aus dem Abgrund steigen, mit zweierlei Gesichtern wird es mit der Gewalt von zwei mächtigen Häuptern regieren, das eine den Westen und das andere den Osten, Feind werden sie einander nennen, das eine Gesicht wird die eigenen Untaten dem anderen in die Schuhe schieben, die eigenen Verbrechen verbergen und dem anderen vorwerfen und umgekehrt, beide werden unermüdlich mit schallender Stimme von Freiheit und Gleichheit predigen und sich übertreffen an Unrecht, Lüge und Heuchelei, sie werden Völker unterwerfen und knechten, einander bekämpfen, hassen und bekriegen bis aufs Blut, bis eines der beiden Häupter nach langer Schreckensherrschaft fällt, gewaltig wird der Sturz des mächtigen Riesen mit goldenem Haupt, silberner Brust und bronzenen Beinen auf tönernen Füßen sein, und das andere Tier wird alle Vollmacht in sich vereinen, doch dessen gewaltiges Reich wird um nichts heller, freundlicher und menschlicher sein als das seines bezwungenen Widerparts, nur ist er ein größerer Meister in der Kunst des Blendens und der schamlosen Lüge.“

Der alte Schamane und seine Weissagungen, Rätsel über Rätsel. Doch kann es sein, dass ich gerade mit atemlosem Entsetzen beobachten muss, wie eines der beiden Scheusale die Menschen unterjocht und versklavt? Wie seine grausamen Handlanger dabei sind, seine Herrschaft einzuleiten und aufzubauen? Ist das der glorreiche Beginn des neuen goldenen Zeitalters, das in aller Munde ist?

Die großen Augen der riesigen langbeinigen Hunde mit den spitzen Ohren und Alligatorzähnen im Rachen funkeln im Schein der Fackeln wie glänzende Dollarmünzen. Was wird geschehen wenn die grauenvolle Meute über den Südwesten herfällt? Ihre entseelte Gewalt wird die Kranken, Trübsinnigen und Niedergedrückten ebenso wenig schonen wie jeden anderen beliebigen Menschen, der ihnen in die Hände fällt. Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen, werden ihre lästerlichen Mäuler höhnisch aus der Bibel zitieren und auch die in gnadenlosen Frondienst knechten, die mit dem Zahnfleisch den Boden pflügen.

Zu ihrem Wunderdoktoren werden sie die Gefesselten zerren und diesen drohen, mach sie gesund, aber rasch, damit sie für unseren Senore taugen! Denn dieser speist keine nutzlosen Bettler, mach ihnen das klar, er hasst eine bittende leere Hand, die ihm keinen Nutzen bringt! Er wird nicht zögern sie abzuhacken, wenn sie ihm zum lästigen Ärgernis wird! Richtet die nutzlose Bande wieder her, arbeitswillig und brauchbar sollen sie sein bis sie tot umfallen, droht ihnen, erpresst sie, peitscht sie an, die faule Brut, worauf wartet ihr noch?

Lügt ihnen vor, ihr nutzlosen Quacksalber, dass unentwegtes Schuften und Schinden gesund ist und das beste was Wilden wie ihnen passieren kann, ja dass sie genesen werden daran, schneller und besser als durch all eure Medizinen, betrügt sie gewissenlos, wenn die Tagediebe anders nicht hören wollen! Nur so könnt ihr den Überflüssigen das erbärmliche Leben retten, denn unser Herr wird sie weder schonen noch Gnade walten lassen, wenn sie ihm keinen Gewinn bringen und eine Last sind, auf die er gerne verzichten kann und ohne Zögern wird, verlasst euch drauf!

Ich werde meinen Colt wieder laden müssen fürchte ich.

Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Minenarbeiters der mittel- und südamerikanischen Indianer beträgt vier Jahre, weshalb der Sklavenhandel als wenn auch nicht üppiger so wenigstens unerschöpflicher Pfrund vorwiegend mexikanischer Organisation und Geschäftstüchtigkeit überlassen ist. Um den niemals abreißenden Nachschubbedarf decken zu können, rekrutieren die mexikanischen Miltärbehörden kurzerhand Bestia-Bandidos zu Sklavenjägern, die als sogenannte Guerilleros sprich Irreguläre ihrem Namen alle Ehre machen.

Um zu vermeiden, dass die Ware durch die Grausamkeit und Brutalität ihrer Überbringer nicht allzu sehr beschädigt wird, erlassen die Zuständigen den Bandidos die zahlungsabhängige Auflage, die männlichen Indianer zumindest arbeitsfähig abzuliefern und erweitern ihre Bedingungen durch die ausdrückliche Order, dass die gefangenen Frauen, wenn sie denn schon unbedingt geschändet werden müssen, es wenigstens so taktvoll vollzogen werden möge, dass ihre Geschlechtsorgane dabei keinen Schaden nehmen.

Was keineswegs einen Akt von Menschlichkeit bedeutet, im Gegenteil, es geht dabei um die zu erhaltende Gebärfähigkeit der Indianerfrauen, Mestizen erweisen sich als widerstandsfähiger und langlebiger als Indios, und es gibt durchaus ernst gemeinte Bestrebungen, den Sklavenbedarf auf lange Sicht durch Züchtung im eigenen Lande zu decken, was sehr viel weniger Kostenaufwand und Schererei bedeutet, weshalb die Obersten ihren Soldaten unter der behandschuten Hand den unausgesprochenen Befehl erteilen, die ohnedies für schwere körperliche Arbeit weniger gut geeigneten Indiofrauen nach Belieben zu decken.

Wenn dem nicht so wäre, könnte ich es mir ersparen, diese schier unglaublich abscheulichen Widerwärtigkeiten zur Sprache zu bringen, aber es ist vonnöten, um das folgende Ereignis verständlich werden zu lassen, dass den abgetauchten und verdrängten Geronimo schlagartig zurück ins Bewusstsein der mexikanischen Öffentlichkeit befördert.

Apache erweisen sich seit jeher als untauglich für die Sklaverei, nicht allein deshalb, weil sie aufmüpfig, widerspenstig, arbeitsunwillig und unberechenbar sind, diese „Diablos“ können zudem jederzeit überaus gefährlich werden und töten ohne Zögern, nicht nur wenn sie sich dazu genötigt fühlen. Außerdem ist jederzeit mit einem furchtbaren Vergeltungsschlag seitens dieser unbeugsamen Wilden zu rechnen, wenn ein Mitglied ihres Haufens in Gefangenschaft gehalten wird oder eine Squaw auf Nimmerwiedersehen in den fernen Süden des Kontinents verkauft.

Aus diesem Grunde sind bei den Sklavenhändlern ausgehobene Apache als „Excremento“ nicht so gerne gesehen, wird dennoch im Eifer der Jagd mal die eine oder andere Frau eingefangen und abgeliefert, wird sie zuallererst in einen eigens für Apache angefertigten besonders kleinen Käfig gepfercht, der ihr lediglich ein bewegungsunfähiges Kauern ermöglicht, ihr rasch und quasi als Warnung für die Kundschaft mit glühendem Eisen ein großes „A“ in die Schulter gebrannt und sie schnellstmöglichst so weit weg wie möglich nach Süden verfrachtet.
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