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Alt 19.05.2014, 16:55   #1
männlich Hank94
 
Dabei seit: 05/2014
Alter: 30
Beiträge: 2

Standard Zurück in die Zukunft

Zurück In Die Zukunft

Über die Wunder der modernen Technik
und die Kritik der Zurückgebliebenen



Das Rad, der Taschenrechner, das Farbfernsehen oder der Photonentorpedo. All dies sind Erfindungen, die die Welt grundlegend veränderten und unser Leben angenehmer machten. Aber was genau wurde verändert, und wie ist die Antwort auf die Frage ob alles besser wurde?


Im Laufe des technischen Fortschritts der letzten dreihundert Jahre wurde unser bisheriges anstrengendes und jämmerliches Dasein durch ein Besseres und viel Angenehmeres ersetzt. Dieser atemberaubende Sprung, der uns zu dem machte was wir heute sind, nämlich bestens informierte, mit dem Internet verwachsene und hochintelligente Wesen einer privilegierten Art, war nur durch geniale Erfindungen wie das Bügeleisen oder die Büroklammer möglich. Aber nicht nur nützliche kleine Helfer für den bürokratischen und penibel arbeitenden deutschen Beamten, die man sogar schon in digitaler Form auf den heimischen Textprogrammen findet, machten unser tägliches Leben besser. In allen Bereichen gab es einen derartigen technologischen Fortschritt, der selbst Michael J. Fox und den verrückten Professor mit ihrer durch die Zeit reisenden, Sprit-fressenden Blechbüchse in den Schatten stellt.

Beispielsweise die Erfindung des Penizillins, des Defibrillators oder im Allgemeinen die rasante Entwicklung der Medizin bildeten die Grundlage für ein langes und im Vergleich zu früher sehr unbeschwertes Leben. Wenn man bedenkt, dass man früher schon an einer lächerlichen Erkältung oder an dem Stich einer wildgewordenen Biene sterben konnte, erscheinen die Möglichkeiten der medizinischen Behandlung heutzutage doch recht angenehm.

Auch die neuen Fortbewegungsmöglichkeiten schleuderten uns ein gewaltiges Stück in Richtung Zukunft. Kutschen, die sich wie von Geisterhand bewegen oder stählerne Pferde, die um einiges stärker und schneller sind als die uns bekannten Tiere, die wir auf Koppeln oder manchmal auch in der Lasagne finden. Wie bereits erwähnt, fand in allen Bereichen des Lebens eine unglaubliche geistige Entfaltung menschlichen Denkens statt, die sich in der Verbesserung unseres Alltags niederschlug.
Doch wo es Lob und Begeisterung gibt, herrscht auch nie enden wollende Kritik, die krampfhaft versucht, die technischen Schöpfungen des Menschen in den Dreck zu ziehen. Der dabei am meisten ins Visier genommene Aspekt ist die Kommunikationstechnologie der heutigen Zeit. Diese hat ein derart ausgeprägtes Stadium erreicht, dass einem eine Weiterentwicklung unmöglich erscheint. Wie die letzten Jahrhunderte jedoch zeigten, gab es revolutionäre Erfindungen am laufenden Band und einen unstillbaren Durst nach Innovationen, eine Tatsache, die sich wahrscheinlich auch in Zukunft bestätigen wird. Die Frage ist nur, wie weit wir unseren schöpferischen Geist ausreizen können. Werden wir wirklich eines Tages wie die Besatzung der Enterprise mit vielfacher Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum reisen können und neue Galaxien entdecken oder verfällt unsere Gesellschaft doch wieder in ein hirnloses Delirium dümmlicher Natur? Es liegt in unserer Hand.

Aber nun zurück zur Kritik, wir schweifen schon wieder ab. Wer ist es, der die neuen Medien tadelt und die moderne Welt in Ungnade fallen lässt? Es lässt sich wohl nicht ganz beantworten, aber doch vermuten, dass die zahlreichen Kritiken einer wütenden Masse von selbsternannten und teilweise sogar professionell anmutenden Lästerern stammen. Der Grund für diese Vermutung ist, dass es sich als einfach herausstellt, über die Hälfte der Erwachsenen und die meisten Jugendlichen herzuziehen, die die Vorzüge der modernen Medien genießen, und dabei durch eine breitgefächerte Argumentation ein wütendes und höchstwahrscheinlich technophobisch veranlagtes Publikum anzusprechen. An dieser Stelle ein großes Lob an die so einfallsreichen und versierten Kritiker, die die Problematik unserer Kommunikationstechnologie hervorragend erkennen und die drastische Lage so facettenreich beleuchten. Schließlich findet auch ein blindes Huhn mal ein Korn im Getreidesilo.

Um aber nun den faden Beigeschmack des wieder und wieder durchgekauten Themas der menschlichen Verblödung durch neue Wege der Kommunikation zu nehmen und die einfältigen Argumente der zukünftigen Schafrichter ein wenig zu erweitern, machen wir eine kleine Zeitreise und betrachten dabei verschiedene Aspekte auf dem Weg zu unserer modernen Welt. Fangen wir doch mit den Bereichen an, die unsere Miesmacher ein wenig vernachlässigt haben. Zum einen wäre da der medizinische Fortschritt, den wir bereits kurz erwähnten. Durch neuartige Erfindungen wie die Seife, medizinische Gerätschaften und eine Vielzahl von unterschiedlichsten Medikamenten gegen alles was uns nicht bekommt, gelang es, den zeitweise verwahrlost anmutenden und von Seuchen geplagten Menschen ein längeres und erheblich komfortableres Leben zu erlangen.




Wer könnte sich heutzutage etwa die Aspirin wegdenken, die einen von schrecklichen Kopfschmerzen nach der letzten Kneipentour befreit, oder Geräte, die einen nach einem schweren Unfall am Leben erhalten. All dies sind Erfindungen und Erfahrungen, die uns das heutige physische Dasein erheblich erleichtern. Die Lebenserwartung der Menschen ist in vierhundert Jahren um etwa vierzig bis fünfzig Jahre gestiegen. Man muss dabei jedoch auch bedenken, dass man im Mittelalter beispielsweise verbrannt werden konnte, weil man eine fremdartige Suppe kochte oder man wurde bei einem spontanen Spaziergang durch den Wald von hinterhältigen Meuchelmördern erschlagen. Die damaligen Möglichkeiten den Tod zu küssen schienen recht abwechslungsreich.

Natürlich gibt es in der heutigen Zeit keine Hexenverbrennungen oder grausame Folterungen mehr, außer vielleicht in Gefangenenlagern der US-Armee. Auch Seuchen, die aus einem einen schwammartiges Etwas machen oder eiternde Beulen hervorrufen sind höchst selten geworden. Man liest hier und da lediglich mal etwas von wahnsinnig gewordenen Rindern oder Vögeln mit erhöhten Körpertemperaturen. Im Großen und Ganzen aber sind wir eine körperlich gesunde Gesellschaft und es ist heutzutage auch gar kein Problem mehr achtzig oder neunzig Jahre alt zu werden. Wenn man nur etwas auf sich und seinen Körper achtet, nicht trinkt, nicht raucht, in den späteren Jahren die richtigen Medikamente nimmt und bereit dazu ist, sich im Alter pflegen und am Leben erhalten zu lassen, während man vor sich hinvegetiert, ist das Erreichen eines hohen Alters gar kein Problem mehr. Vorausgesetzt wird dafür natürlich, dass man sich in den jungen und wilden Jahren nicht komplett schwachsinnig verhält und beispielsweise mit dem Auto im Baum landet, weil man zu schnell oder gar betrunken war, oder auch sonstige dumme Zufälle wie eine Überdosis Heroin vermeidet. Wie in allen Bereichen spielt sicherlich das Glück auch eine kleine Rolle, denn keiner kann etwas dafür, wenn scheintote Rentner nicht mit dem Navigationssystems ihres Autos klarkommen, kurzerhand auf die falsche Autobahnauffahrt fahren und dabei sich und viele andere unschuldige Menschen in den Tod reißen. Aber um nun wieder auf die Verurteiler der neuzeitlichen Bewegungen zurückzukommen, betrachten wir die vernetzte, soziale Gesellschaft und machen wieder eine kleine Zeitreise in die Vergangenheit.








Während sie den modernen Menschen und insbesondere der Jugend von heute vorwerfen ein entindividualisierter und handysüchter Haufen zu sein, trauern unsere alten Herren um eine alte, auf Onkel Dolfis Kosten zerstörte und dann vom kommunistischen Humbug geschändete Weltordnung. Noch gar nicht vor langer Zeit nämlich wurde die bis dato schon sehr weit entwickelte soziale Kompetenz durch plötzliche Hirnverblödung und einen Geisteskranken mit einem komischen Bart um locker vierhundert Jahre zurückgeworfen. Nach einigen Jahren der Massenvernichtung und schlagkräftigen Argumenten der restlichen Welt, konnte man sich wieder zusammenreißen. Es ist klar, dass die Alten wohl kaum den Schrecken und die Barbarei vermissen, aber was ist es dann, was sie dazu veranlasst, uns böse Blicke zuzuwerfen wenn wir unterwegs E-Mails abrufen oder eine SMS-Konversation führen? Es mag vielleicht die Erschrockenheit darüber sein, dass es diese Möglichkeiten damals nicht gab und man Nachrichten mit Schreibmaschinen oder von Hand schreiben musste. Oder ist es vielleicht doch die Angst davor, dass sie der Progress des Fortschritts eines Tages mit eiskalten Klauen ereilt und sie gezwungen sein werden, Smartphones und hochkomplizierte Computersysteme zu benutzen? Selbst dafür wurde schon gesorgt; es gibt speziell entwickelte Mobiltelefone für Rentner, und diejenigen die Smartphones nicht akzeptieren, die besonders große Tasten für eine leichte Bedienung und sogar eine Notfalltaste besitzen, falls der Besitzer einen spontanen Herzanfall erleidet. Abgesehen von den Alten, die am wenigsten wissen, wie sie mit der Situation des ständigen Fortschritts umzugehen haben und teilweise schon an der Bedienung eines Toasters verzweifeln, treiben sich im Gemenge von Pseudo-Kritikern auch einige Individuen herum, die über die Jugend und die schrecklich schnelle Welt lamentieren, obwohl sie ihr selbst gänzlich angehören. Sie werden wie die Jugendlichen auch alltäglich mit den neuen Medien konfrontiert und sind beispielsweise aufgrund ihres Berufs dazu gezwungen, Geräte wie Computer oder Tablets zu benutzen. Aber warum kritisieren gerade die Menschen die ganze moderne Technik, die am meisten davon profitieren?

Man wird es wohl nie verstehen warum die Leute stets das Schlechte extrahieren und sich krampfhaft und nach Aufmerksamkeit ringend völlig sinnlose Kritiken aus den Fingern saugen.
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Alt 19.05.2014, 19:32   #2
weiblich Ilka-Maria
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Beiträge: 31.103

Lieber Hank,

da hast Du Dir ein vielschichtiges Thema ausgesucht, das leicht der Verallgemeinerung zum Opfer fällt.

Zunächst hat mich Dein Text an ein Buch erinnert, das ich vor mehr als zehn Jahren gelesen hatte: "Das Lächeln der Medusa - Die Geschichte der Ideen und Menschen, die das moderne Denken geprägt haben" von Peter Watson. Spätere Auflagen erschienen unter dem Titel "Ideen". Mir waren in dem Buch zwei oder drei Fehler aufgefallen, aber es ist dennoch lesenswert.

Was Deinen Text angeht, frage ich, ob Du sicher bist, dass Du diesen Satz wirklich so gemeint hast:

Zitat:
Während sie den modernen Menschen und insbesondere der Jugend von heute vorwerfen ein entindividualisierter und handysüchter Haufen zu sein, ...
Ich war bisher der Meinung, dem modernen Menschen (der westlichen Welt) werde im Gegenteil eine immer stärkere Individualisierung und eine zunehmende Abkehr vom Gemeinschaftssinn vorgeworfen. Kann es sein, dass Du "immer anonymer werdend" im Sinn hattest?

Aber wie dem auch sei, es gibt Soziologen und Psychologen, die beides nicht allgemein gelten lassen. Jede Entwicklung hat ihre Vor- und Nachteile, ihre sinnvolle Nutzung und ihre Auswüchse. Die moderne Technik kann nichts dafür, wenn mir in der S-Bahn jemand einen halben Meter gegenübersteht und in sein Handy hineinbrüllt, wie sein letzter One-Night-Stand war oder was für ein Arschloch sein Chef ist. Das ist eine Sache von Stil, Benehmen und Rücksichtnahme - aber das ist ein anderes Thema.

Zu allgemein finde ich die Gegenüberstellung von Jung und Alt, was die Einstellung zur modernen Technik angeht. Ich kenne Menschen jenseits der Jugendlichkeit, also zwischen 30 und 80 Jahren, die durchaus mit modernen Fernsehgeräten, Recordern, Computern, Handys, Fotokameras, Filmkameras usw. routiniert umgehen könnrn, die ihre Flüge und Hotelzimmer via Internet buchen und sich vor Antritt der Reise online einchecken. In meiner Firma sind wir nicht nur mit moderner Technik gesegnet und weltweit vernetzt, sondern alle paar Jahre kommt etwas Neues dazu, und da müssen alle mitmachen, egal welchen Jahrgangs.

Ich glaube, die "Alten", die der modernen Technik skeptisch, hilflos oder sogar feindlich gegenüberstanden, sterben allmählich aus. Von den 70jährigen können viele schon recht gut mithalten, und die Menschen in ihren 50ern und 60ern sind mit der Entwicklung der letzten 30 Jahre ohnehin mitgewachsen.

Meine Mutter ist 85 Jahre alt, und die Vorstellung, es gäbe keine schnurlosen Telefon-Duo-Apparate, wäre für sie eine Katastrophe von der Qualität des Weltuntergangs.

Habe Deinen Text gerne gelesen - er regt zum Nachdenken an.

LG
Ilka
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