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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 13.10.2006, 23:19   #1
Johannes Matzke
 
Dabei seit: 09/2006
Beiträge: 76

Standard Nahdistanz

Hände tasten
nach Wärme
im Niemandsland.

Augen suchen
den Spiegel
im Irgendwo.

Zeit tropft
zu Boden
ins Nichts.

Verloren
stehen wir
uns gegenüber.

Rücken
an
Rücken.
Johannes Matzke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.10.2006, 12:12   #2
cute_fighter
 
Dabei seit: 02/2006
Beiträge: 1.123

Mit offenem Mund las ich deine Zeilen. Ich hatte nicht viel erwartet... Der Titel hat mich nicht gefesselt, aber neugierig gemacht. Ich dachte, da kommen fremde Worte, die ich vielleicht nicht kommentieren kann, weil sie mich nicht berühren... aber da kam etwas anderes. Worte. Zeilen. Ein magisch verstrickter Kreis, der einen gefangen nimmt - bis zum letzten Wort. Ich muss mich ehrlich entschuldigen, dass ich darauf nicht gefasst war, vielleicht bin ich noch ein wenig müde. Aber das hier... das ist wunderschön. Kontraste, die trotzdem zusammen gehören. Ein Alleinsein und die hilflose Suche nach Wäre, wo keine ist. Man ist sich nah und dreht sich trotzdem den Rücken zu.
Ich kann nur sagen, das hier ist so eine seltene Perle in den tiefen unseres Lyrikozeanes. Wunderbare Metaphern udn Gefühle, die sich sofort mit meinen eigenen verbunden haben. Dazu kein einziges falsches Wort.

vlg
cute_fighter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.10.2006, 12:21   #3
Johannes Matzke
 
Dabei seit: 09/2006
Beiträge: 76

Hallo cute_fighter,

ich danke Dir sehr für Deinen ausführlichen Kommentar, der mich berührt hat, weil ich mich erkannt und verstanden fühle.


Lieber Gruß

Johannes
Johannes Matzke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.10.2006, 13:10   #4
rezitarre
 
Dabei seit: 10/2006
Beiträge: 17

Hallo Johannes,

ein wunderbares gedicht, das mich sehr anspricht. Du baust mit wenigen Worten eine bedrückende Stimmung. Man ist sich nah, will sich vielleicht auch nahe sein, kann sich aber nur den Rücken zudrehen. Irgendwie beklemmend.
Toller Text. :-)
rezitarre ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.10.2006, 21:35   #5
norbert
gesperrt
 
Dabei seit: 02/2006
Beiträge: 276

Standard RE: Nahdistanz

...grauenhaft, was der spätkapitalismus aus uns gemacht hat...
lg
norbert
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Alt 25.10.2006, 10:37   #6
borderworld
 
Dabei seit: 10/2006
Beiträge: 8

wow...
sehr schön... sehr ansprechend...

lg
borderworld ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.10.2006, 21:34   #7
Johannes Matzke
 
Dabei seit: 09/2006
Beiträge: 76

@norbert böll: Du machst es Dir etwas zu einfach, wenn Du den sogenannten Spätkapitalismus ins Spiel bringst. Mein Gedicht hätte genauso gut im Mittelalter, im ersten Weltkrieg oder in den 50er Jahren entstanden sein können!

@rezitarre und borderworld: Freut mich!
Johannes Matzke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.10.2006, 22:16   #8
norbert
gesperrt
 
Dabei seit: 02/2006
Beiträge: 276

...das mag sein, johannes, ich habe zu keiner anderen zeit als der jetzigen gelebt - es passt in jede zeit, in der der "einfache, nicht privilegierte" mensch sich den überforderungen der "geldgeber" stellen muss und in isolation, fremdbestimmung, verlust der gattungsidentität("divide et impera") gestürzt wird...
liebe grüße
norbert

mach weiter so...
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Alt 26.10.2006, 16:45   #9
pantiger
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 293

Es gefällt mir sehr.

Ich las es wegen des titels, denn ich mag solche spezielle titel.

LG
pantiger
pantiger ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.10.2006, 17:26   #10
Felix
 
Dabei seit: 10/2006
Beiträge: 195

Zitat:
Original von norbert böll
... divide et impera"...
Das hat nichts mit Gattungsidentitäten, noch nicht mal mit Kapitalismus zu tun.


Aber das Gedicht gefällt mir. Ein schönes Beispiel, für sich nah und zugleich unendlich weit von einander entfernt zu sein
Felix ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.10.2006, 16:24   #11
norbert
gesperrt
 
Dabei seit: 02/2006
Beiträge: 276

..woher kommt es denn dann, dass wir uns so oft weder in uns noch unter andern menschen so unwohl fühlen?
lg
norbert
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Alt 27.10.2006, 16:31   #12
Felix
 
Dabei seit: 10/2006
Beiträge: 195

Zitat:
Original von norbert böll
..woher kommt es denn dann, dass wir uns so oft weder in uns noch unter andern menschen so unwohl fühlen?
lg
norbert
Schwierige Frage..

Aber "Divide et Impera" kommt aus einem völlig anderen geschichtlichen Kontext und hat nichts mit zwischen menschlichen Beziehungen zu tun
Felix ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.10.2006, 16:48   #13
norbert
gesperrt
 
Dabei seit: 02/2006
Beiträge: 276

"divide et impera" heißt nach meinem verständnis: zerstöre den gattungszusammenhalt der menschen (divide = teile), dann sind sie haltlos und lassen sich - in einem naiven sinne orientierungslos - von den machtinteressen (impera) der mächtigen leiten.
lg
norbert
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Alt 27.10.2006, 16:53   #14
Felix
 
Dabei seit: 10/2006
Beiträge: 195

Ja, gut... Wenn du es soweit abstrahieren möchtest. Dann kann man es so sagen. Doch eingentlich ist es sehr praktisch gemeint. Wenn du ein Land oder eine Gruppe von Menschen beherrschen möchtest, dann sieh zu dass sie sich untereinander nicht mehr leiden können -> Verhaltensregel des Imperialismus. Haben die Römer erfunden.

Ich fand bloß es hat mit dem Gedicht nicht viel zutun. Da es hierbei weniger um beziehungen zwischen einzelnen, sondern um die beziehungen großer Interressengruppen geht.
Felix ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.10.2006, 17:03   #15
Last One Left
 
Dabei seit: 03/2005
Beiträge: 151

Hallo Johannes,

das weiß durch seinen starken Schluss sehr zu überzeugen. Dabei hätte ich beinahe nach der zweiten Strophe aufgehört zu lesen, denn nachdem die erste Strophe neugiereig macht ("Gibt es da was?"), fällt die Spannungskurve in der zweiten Strophe ("Hmm, scheint nichts zu sein...") Doch dann:

Verloren
stehen wir
uns gegenüber.

Rücken
an
Rücken.


Punkt. Und selbst der Spannungsrückgang bekommt seinen Sinn nachträglich durch Strophe drei. Hat gefallen, danke.
Last One Left ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.10.2006, 22:21   #16
norbert
gesperrt
 
Dabei seit: 02/2006
Beiträge: 276

hallo johannes,
"rücken an rücken" kann man auf zwei weisen verstehen:
1.) voneinander abgewandt, fremd oder
2.) uns gegenseitig den schutzlosen rücken abschirmend...

welche der bedeutungen meinst du?

lg
norbert
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Alt 28.10.2006, 12:26   #17
Johannes Matzke
 
Dabei seit: 09/2006
Beiträge: 76

Hallo Norbert,

"Rücken an Rücken": Zwei Menschen sind sich (physisch) nah und haben doch ganz andere Perspektiven und Blickrichtungen. Sie sehen sich nichts ins Gesicht (können oder wollen es nicht, nicht mehr). Kommen nicht voneinander los, obwohl sie separate Leben führen ...

Soweit meine Intention.

Gruß

Johannes
Johannes Matzke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.10.2006, 15:56   #18
norbert
gesperrt
 
Dabei seit: 02/2006
Beiträge: 276

wenn sie nicht voneinander loskommen, gehören sie vielleicht mehr zusammen, als sie glauben wollen...
lg
norbert
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Alt 28.10.2006, 16:14   #19
Lorelai
 
Dabei seit: 03/2006
Beiträge: 354

Zitat:
Original von cute_fighter
Mit offenem Mund las ich deine Zeilen. Ich hatte nicht viel erwartet... Der Titel hat mich nicht gefesselt, aber neugierig gemacht. Ich dachte, da kommen fremde Worte, die ich vielleicht nicht kommentieren kann, weil sie mich nicht berühren... aber da kam etwas anderes. Worte. Zeilen. Ein magisch verstrickter Kreis, der einen gefangen nimmt - bis zum letzten Wort. Ich muss mich ehrlich entschuldigen, dass ich darauf nicht gefasst war, vielleicht bin ich noch ein wenig müde. Aber das hier... das ist wunderschön. Kontraste, die trotzdem zusammen gehören. Ein Alleinsein und die hilflose Suche nach Wäre, wo keine ist. Man ist sich nah und dreht sich trotzdem den Rücken zu.
Ich kann nur sagen, das hier ist so eine seltene Perle in den tiefen unseres Lyrikozeanes. Wunderbare Metaphern udn Gefühle, die sich sofort mit meinen eigenen verbunden haben. Dazu kein einziges falsches Wort.
cute-fighter spricht mi hier aus der seele!das gedicht ist so wunderschön!
die metaphern, die uns die gefühle von verlorenem so nahe bringen,...
Zitat:
Hände tasten
nach Wärme
im Niemandsland.
schon der anfang ist so wunderschön!Wärme, die es nicht mehr gibt- deren existanz nur noch im traum existiert...lange nicht gefühlt...wow!
Zitat:
Augen suchen
den Spiegel
im Irgendwo.
und dann diese einsamkeit die aus diesen zeilen schreit...wundervoll...dass man sein eigenes spiegelbild sucht um sich zu sagen, dass man gar nicht allein ist...so allein sein kann...spitze!
Zitat:
Zeit tropft
zu Boden
ins Nichts.
und hier die zeit mit rein zu bringen ist genial!
Zitat:
Verloren
stehen wir
uns gegenüber.

Rücken
an
Rücken.
und das ist ein tooles, hervorragendes ende!
du siehst:alle deine gewählten worte haben mich gefesselt und lassen mich nur ein einziges wort sagen:klasse!

liebe grüße,
lorelai
Lorelai ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.10.2006, 21:56   #20
norbert
gesperrt
 
Dabei seit: 02/2006
Beiträge: 276

manche - scheint mir - sind zum dichten geboren...
johannes gehört dazu!
lg
norbert
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