Albtraum in einer Sommernacht

[Heinz]

Pflücken rotwangige reife Äpfel
wir beide auf hohem Baum
mühlos balancierend
Körbe füllend
vor sengenden Strahlen
schützen stroherne Hüte

Neben uns
auf blumenprangender Wiese
spielen unsere Kinder
flechten Kränze
singen Lieder
zerschnittene Löwenzahnstengel
krümmen kringelnd sich
in einer Wasserschale

Den gefertigten Kranz
einer Krone gleich
dir mit Knabengebärde
ins eigenwillig gelockte
Haar setzend
schwimmt schwerelos
durch hitzeflirrenden Äther
unser Sohn
seine Augen leuchten
wetteifern siegend
mit der Bläue
unseres Palastes Dach

Steine sammelnd
im Silberbach
der schmeichelnd
nackten Waden
wohlgeformter Mädchenbeine
unter aufgekrempelten Jeans
Kühlung spendet
unsere Tochter
ihre geschäftigen Hände
geben Kieseln Kuchenform
Silberregen sprüht ihr Blick
bittet befehlend zum Mahle

Aus meinem Knie
kriechen flügelschwirrend
gestreifte schwarzgelbe Wespen
ständig fressend
ihre gezackt geränderte
Ausflugöffnung
vergrößernd

Grauenhaft ihr Obeliskenblick
angstvoll sehe ich
blau und orangefarben
die Knochen
meines Kniegelenks
wabernd trübes Wasser
füllt das hohle Bein

Mühevoll bewegungslos
mühsam vermeidend
dass nur ein Tropfen
verschüttet werde
erstarre ich
meine Augen irren
hilfeheischend

Die Bäume blattlos
von hochragendem Ast
springt plötzlich kopfvoran
unser Sohn
stürzt
fliegt
zu Hilfe eilend
Erleichterung schaffend
wehrt er wütend den Wespen
die schmerzbringend
meine schwärende Wunde weitern

Grüngefiltert der Sonne Glanz
Stille
unheilvolles Schweigen
flüssige Luft
erschwert das Atmen

Lindernde Arznei
von deiner Hand
löst zuweilen
die Starre der Glieder
Balsam
Geliebte dein Wort

Rütteln an meiner Schulter
unverkennbar unserer Tochter
fester Griff
du träumst
wach auf
ein Blick zum Knie
nichts
eratmend sinke ich in deine Augen
genieße Geliebte
unendliches Glück

Ockerfarbene Wände
ein neues Trugbild
geometrisch gegittertes Sonnenlicht
das Knie
nichts
wo bist du
ich schlafe nie mehr
auf dem Rücken

[norbert]

...sehr eindrucksvoll, pralle bilder voller naturromantik und dann die "andere seite" der natur, die ja garnicht so idyllisch ist und im Traum ihren tribut zollt -
liebe grüße
norbert, (klugsch.)

[Heinz]

n`Abend, Norbert,
es zeugt von Seelengröße, wenn Du mein Werklein so lobend erwähnst, nachdem ich Dich als Klugschreiber (hast Du etwa etwas anderes gedacht?) bezeichnet habe. Vielen Dank und auf Wiederlesen,
Heinz