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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 17.04.2015, 19:22   #1
weiblich anna amalia
 
Dabei seit: 01/2014
Beiträge: 3.534

Standard Der Wasserkreislauf

Ein Nass hat sich aufs Blatt gelegt,
es ruht sich darin aus,
nachdem es äußerst stark bewegt
aus einer grauen Wolke fiel
und nun von einem schlanken Stiel
im Grün ganz sanft geschaukelt wird
und von dem Treiben unbeirrt
sich Mimulus hinwendet,
der winzig kleinen Gauklerblume,
die ihre Blüten formvollendet
verschlossen hält in ihrer Welt,
als unvermittelt eine Böe
dem Glück ein Ende setzt,
o wehe.

Das Nass zerspringt in tausend Nasse
und fällt unsanft auf eine Trasse
aus dunklem Lavastein erbaut -
es schaut verdutzt und tief erschüttert
bis es die große Chance wittert,
im Dunst befreit sich zu erheben
und in das Wolkengrau zu krabbeln,
um fröhlich mit dem Nass zu babbeln.
anna amalia ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.04.2015, 21:01   #2
weiblich Ilka-Maria
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Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.165

Liebe Anna,

die Idee ist gut, sie könnte sich gut für ein Kindergedicht eignen. So wie es hier steht, sieht es aber wie ein Entwurf aus, ein schnell hingeworfener Einfall, den Du nicht verlieren wolltest. Mal Reim, mal kein Reim, Brüche im Rhythmus, die Verben sind - verzeih mir den Ausdruck - zum Teil schlampig gewählt. Ein Vers wie "nachdem es äußerst stark bewegt" ist eine vage Äußerung, die nichts ins Bild bringt, sondern nur Fragen stellt: Bewegt von wem oder was, bis zu welchem Grad der Erschöpfung, wofür steht "stark", welcher Art war das Bewegtsein? Kurz gesagt: Dieser Vers ist überflüssig.

Die Trasse aus Lavastein ist ein bisschen merkwürig, eine Trasse besteht aus Schienen, Querverbindungen und Schotter.

Ich habe mal einen Versuch gestartet, Dein Gedicht, das für mich durchaus einen Zauber hat, "aufzupeppen", wobei ich zwischen Kreuz- und Paarreimen wechsele, was ihm aber nicht wehtut:

Zitat:
Ein Nass hat sich aufs Blatt gelegt,
das aus den grauen Wolken fiel,
nun ruht es still und unbewegt,
geschaukelt von dem schlanken Stiel
der Mimulus, der Gauklerblume,
die, winzig klein, Erholung spendet
und ihre Blüten, formvollendet,
verschlossen hält in ihrer Welt
und Nasses Traum für sich behält -
als unvermittelt eine Böe
das Glück zerstört: o ach, o wehe!

Das Nass zerspringt in tausend Nasse
und fällt unsanft auf eine Trasse
aus Eisenschienen und aus Schotter,
schaut recht verdutzt und tief erschüttert,
wird denn im Denken aber flotter,
bis es die große Chance wittert,
im Sonnendunst sich zu berappeln
und auf die Wolken hochzukrabbeln.
Vielleicht ist das eine Anregung für Dich.

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Ilka
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.04.2015, 22:25   #3
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Jonnny Beitrag anzeigen
und in das Wolkengrau zu krabbeln,
um fröhlich mit dem Nass zu babbeln.

so sehr...
Es hat irgend etwas Inniges.
Finde ich nicht.

Das Nass mit sich selbst "babbeln"?

Das klingt für mich nach Demenz und Selbstgespräch. Wie passt das zu einem Regentropfen, der wiedergeboren wirdd?

Habe ich eine Lücke in meiner Vorstellungskraft? Maybe.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2015, 08:44   #4
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.165

Danke, Jonny. Schade, dass noch niemand sonst reagiert hat, Annas Gedicht liefert nämlich mal eine Idee und ein Bild, das vom Üblichen absticht.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2015, 09:58   #5
männlich Versard
 
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Man könnte das Ganze so interpretieren das der Regentropfen nach seiner Heimkehr zu den zweifellos zahlreichen anderen Regentropfen die er da Oben kennt seine Geschichte zu erzählen. Also babbelt er mit dem nass. Nicht mit seinem eigenen Nass oder dem Erde Nass sondern dem immernoch in der Wolke nass
Versard ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2015, 17:31   #6
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.165

Hört mir auf mit Euren Verrenkungen. Hier im Hessischen, wo das Wort "babbeln" beheimatet ist, bedeutet es nichts anderes als oberflächliches bzw. törichtes Geschwätz. Wenn jemand Blödsinn redet, bekommt er zu hören: "Babbel net!" oder: "Babbel keinen Scheiß!" Dieses Wort ist nicht nur Volksgut, sondern auch negativ besetzt. Da hilft die ganze Schönrederei nichts.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2015, 17:36   #7
männlich Versard
 
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Beiträge: 1.750

Tja, hier, wo ich herkomme ist Babbel ein anderes Wort für Mund und es heisst "Halt den Babbel" wenn jemand zuviel redet...
Versard ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2015, 17:55   #8
weiblich Ilka-Maria
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Beiträge: 31.165

Bei uns ist das "die Gosch" .

Jetzt wäre es aber mal an der Zeit, dass sich Anna zu Wort meldet.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2015, 19:46   #9
männlich Meishere
 
Dabei seit: 05/2014
Ort: Berlin
Alter: 28
Beiträge: 875

Hallo Anna,

dieses Gedicht gefällt mir sehr gut.
Es ist so schön geschrieben

Auch die Kommentare sind interessant.
Mir persönlich gefällt "babbeln" nicht so sehr, weil es für mich irgendwie aus der Sprache des restlichen Gedichtes rausfällt. Aber das liegt sicher auch daran, dass ich mit diesem Wort als Berliner natürlich wenig in Berührung komme.
Insgesamt aber gern gelesen!

Ich mache sowas normalerweise nicht, aber ich bin jetzt so frech und lass dir mal einen Link zu einem meiner Gedichte da.
Es ist inzwischen etwas älter, aber es behandelt exakt das gleiche Thema, daher:
https://www.poetry.de/showthread.php?t=54745

LG,
Meishere
Meishere ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2015, 19:47   #10
weiblich anna amalia
 
Dabei seit: 01/2014
Beiträge: 3.534

und schwups hier bin ich ...

da ich eben einen ellenlangen Kommentar geschrieben und aus Versehen gelöscht habe, hier die Kurzversion.

Liebe Ilka,

vielen Dank für die Konstruktive Kritik, ich werde sie in meinem Herzen bewegen und finde eine Auseinandersetzung auf der Sachebene immer erfrischend. Lediglich das Wort schlampig, das ganz klar eine Bewertung beinhaltet, werde ich im Sinne einer möglicherweise unkonzentrierten Wortwahl verstehen . Obwohl .. wenn ich Gedichte hier einstelle , empfinde ich sie entweder rund oder - es ich hoffe auf Anregungen ..

Lieber Versard, du hast es auf den Punkt gebracht: Das Nass ist der Tropfen und er krabbelt in die Wolke zurück ..

und lieber Jonny,

das babbeln ist genauso innig gemeint, wie du es empfindest. Bei mir kommen ähnliche Assoziationen , glaube ich , wie bei dir und da kann jeder empfinden wie er mag . B ist ein weicher Buchstabe, ich lasse gerne bibbern oder blubbern oder brabbeln .. es ist weich und hat etwas stilles - sagt mal flüsternd blubbern vor euch hin, dann seid ihr fast wie Captain Nemo , der zwischen den Korallen gleitet.....

All in all, tausend Dank für eure Auseinandersetzung und einen sonnigen Abend noch ..

Ännchen
anna amalia ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2015, 20:05   #11
weiblich anna amalia
 
Dabei seit: 01/2014
Beiträge: 3.534

Lieber Meishere,

det kann ick jut verstehen . Für Berliner ist babbeln viel zu weich - det knallt jar nicht so wie der Berliner Dialekt wunderbar knallen kann. Obwohl det z ja ooch so`n janz weichet is...

Danke für Lob und Link !

Anna
anna amalia ist offline   Mit Zitat antworten
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