Waldgemäuer

[Erich Kykal]

Lang vordem von alter Zeiten
Menschenhand erbaut, entgleiten
Stein um Stein die welken Mauern
ihrer Form, die lang zu dauern
einst ein Wille sie erzog.
Stück für Stück verblasst ihr Nutzen,
Feinden und der Zeit zu trutzen,
die sie sanft zur Erde bog.

Stauden wurzeln in den Ritzen,
Brocken, die schon locker sitzen,
fassen bebend nach den Stürmen,
die sie lösen aus den Türmen,
von der Schanzen morscher Wand.
Aus den Büschen, die sie säumen,
ragt ein Kranz von alten Bäumen
fast wie einer Krone Rand.

Beinah scheint's, als diene alles
hier der Schönheit des Verfalles,
der mit Harmonie vernichtet,
was der Menschen Stolz errichtet,
um der Erde Herr zu sein.
Überwucherte Ruinen
sagen Suchenden, sie dienen
keinem mehr, ob groß, ob klein.

[Thing]

Halli Hallo, Erich Kykal -

meine tiefempfundene Bewunderung findet nicht die passenden Worte.
Laß Dir eines genügen:

Kniefall!


Thing

[muse]

Nach der Entwirrung des Anfangs...wie wunderschön!!!

[joerg]

Aufgrund meiner bereits erwähnten Sprachlosigkeit bin ich zu Kommentaren zu deinen Gedichten nicht in der Lage, sei dir aber gewiss:
Ich lese sie.

in stiller Bewunderung

Jörg

[Erich Kykal]

Hi, Thing, muse, joerg!

Als einer, der gern wandert, finde ich öfter so alte Gemäuer - ich steh auf Burgruinen! Der letzte Romantiker - so hat man mich schon in den Foren genannt...

Vielen Dank für eure freundlichen Gedanken!

Zur "Verwirrung des Anfangs" - als Rilkefan versteige ich mich ab und an in solche schnörkeligen Satzkonstrukte, aber einfach auch, weil ich gern mit Sprache spiele. So viele Möglichkeiten, die sie bietet, werden heute oft nicht genutzt, entweder, weil es nicht "Mode" ist oder weil die meisten schlicht verlernt haben, sich eines wohlstrukturierten Satzbaus zu befleißigen.

LG, eKy

[Ex-Odiumediae]

Zitat von Erich Kykal

Lang vordem von alter Zeiten
Menschenhand erbaut, entgleiten
Stein um Stein die welken Mauern
ihrer Form, die lang zu dauern
einst ein Wille sie erzog.

Besonders diese Stelle nenne ich ästhetisches Sprachkino! Die Sprache ist meisterhaft und trotzdem verblasst darüber nicht das Bild vor dem inneren Auge, sondern stellt sich – im Gegenteil – noch scharf.

Insgesamt ist dir ein perfektes Zusammenspiel von Rhythmus, Sprache und Bildern gelungen. Ein Natur-memento mori. Es ist schwer, Deine Gedichte zu kommentieren, weil ich so selten etwas zu meckern finde und eben das ist es doch, was einem hilft, auf den optimalen eigenen Stil hinzuarbeiten.

[Ex-Schamanski]

Zitat von joerg

Aufgrund meiner bereits erwähnten Sprachlosigkeit bin ich zu Kommentaren zu deinen Gedichten nicht in der Lage, sei dir aber gewiss:
Ich lese sie.

in stiller Bewunderung

Jörg

Das geht mir genau so.

Den ersten Satz aber muß ich grammatisch noch einmal unter die Lupe nehmen. Der scheint mir nicht richtig.

[Erich Kykal]

HI, Odi!

Freut mich, wenn ich als Inspiration dienen kann - da fühle ich mich fast ein wenig wie ein Großer, nah an meinem Vorbild Rilke, der mich, ach, so oft inspiriert hat...ewig unerreichbar, seine Sprachbrillianz!

Hi, Schamansky!

Die Diskussion gab's schon in anderen Foren.
Von alter Zeiten Menschenhand lang vordem erbaut...
Wenn man den Satz umstellt, wird die Konstruktion klar: "alter Zeiten Menschenhand" gehört sozusagen zusammen.

[Thing]

M i r hat das keine Rätsel gebaut!

[Erich Kykal]

Hi, Rom.!

Wie gesagt, wurde schon hinterfragt. Es ist "altmodisches" Deutsch, und ich mag das, weil ich es gewohnt bin, aber für "moderne" Ohren klingt es vielleicht etwas schräg. Aber die Casi stimmen, und die Phrasen sind stimmig und richtig angewendet.

[Thing]

Wem schreibst Du das ......


Knieend:
Thing

[Schmuddelkind]

Ach, ich war viel zu lange nicht mehr regelmäßig hier im Forum. Das wird mir besonders beim Lesen deiner Gedichte (nicht nur dieses!) deutlich. Wunderschöne, bildhafte Sprache, die ich einfach nur bewundern kann!

[Erich Kykal]

Hi, Schmuddel!

Bin neu in diesem Forum, daher ist noch nicht viel da. In anderen Foren ist mein Archiv mehrseitig!
Vielen Dank für dein Lob und die freundlichen Worte!
Ich habe auf deine Seite geschaut und ein wenig in dein Archiv. Gefällt mir, hat aber noch Luft nach oben.
Mein Tipp: Rainer Maria Rilke lesen! Keiner verbindet so gekonnt elaborierte Wortmagie, butterweiche Sprachmelodie und lebendigste Bilder!

LG, eKy