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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln.

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Alt 08.09.2023, 16:27   #1
männlich Cornelius
 
Dabei seit: 05/2023
Ort: Lampertheim
Alter: 49
Beiträge: 394

Standard Morgen bringe ich mich um

Ach, die Welt wird täglich blöder,
schnöder, hässlicher und öder.
Nur Gewusel und Gesumm.
Morgen bringe ich mich um.

Jeder macht auf dicke Hose.
Bald verblüht die letzte Rose
und die Nachtigall bleibt stumm.
Morgen bringe ich mich um.

Niemand speist mehr - nein, man frisst.
Abends gibt es Lanz statt Liszt.
Mir ist alles längst zu dumm.
Morgen bringe ich mich um.

Nudeln knetet man aus Dinkel.
Noch im letzten grünen Winkel
lärmt es: Rattatatbrummbrumm!
Morgen bringe ich mich um.

Formulare, Steuern, Zölle...
Schöner ist es in der Hölle.
Leute, nehmt es mir nicht krumm:
Morgen bringe ich mich um.

Was? Die Hölle gibt es nicht?
Ewig strahlt das Himmelslicht?
Alles nur Brimborium!
Morgen bringe ich mich um.

Hiermit ist es jetzt beschlossen
und wird feierlich begossen.
Hebt mit mir ein letztes Bier.
Morgen bin ich nicht mehr hier.

Fahr ich erstmal noch nach Bali?
Nein, ich nehm gleich Zyankali.
Grüßt James Bond und Heidi Klum.
Morgen bringe ich mich um.

Nur: Wie komm ich an das Gift?
Wird die Klippe nicht umschifft -
Welt, nimm weiter deinen Lauf.
Morgen wach ich wieder auf...

Geändert von Cornelius (08.09.2023 um 23:11 Uhr)
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Alt 08.09.2023, 16:54   #2
weiblich Ilka-Maria
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Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.111

Zitat:
Zitat von Cornelius Beitrag anzeigen
Morgen wach ich wieder auf...
Davon ist auszugehen. Ansonsten wird nichts aus dem "Morgenbringeichmichum", denn wachtest du nicht mehr auf, hätte sich die Sache ohnehin erledigt. Logisch wäre die Aussage: "Heute bringe ich mich um."

Ich würde den Text auch ein wenig kürzen. Es ist zwar ein Stilmittel, den letzen Vers wie einen Refrain zu wiederholen, aber wenn es zu oft vorkommt, wirkt es ermüdend.

LG
Ilka
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Alt 08.09.2023, 23:17   #3
männlich Cornelius
 
Dabei seit: 05/2023
Ort: Lampertheim
Alter: 49
Beiträge: 394

Guten Abend Ilka-Maria,

Danke für deine Anmerkungen. Ich sollte mich wohl mal wieder an die goldene Regel erinnern: Ein Gedicht ist nicht dann fertig, wenn man nichts mehr hinzufügen kann, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann...

Ich habe vier Strophen gestrichen, den Kehrvers "Morgen bringe ich mich um" aber so beibehalten. Für mein Empfinden liest es sich besser als "Heute bringe ich mich um" - "Morgen" im Sinne des spanischen "Manana", was ja auch "nie und nimmer" bedeuten kann.

Wäre für mich interessant zu wissen, ob du dieselben Strophen eliminiert hättest oder andere.

Im Übrigen scheint mir dieses Gedicht zu jenen Texten zu gehören, die man als Verfasser im Augenblick der Niederschrift ganz reizend findet, die aber, sobald sie hier so gnadenlos exponiert auf dem weißen Bildschirm stehen, plötzlich eher dürftig wirken.

Wünsche einen schönen Abend - und: Morgen bin ich wieder hier...
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Alt 09.09.2023, 02:30   #4
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.111

Zitat:
Zitat von Cornelius Beitrag anzeigen
Ich sollte mich wohl mal wieder an die goldene Regel erinnern: Ein Gedicht ist nicht dann fertig, wenn man nichts mehr hinzufügen kann, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann...
Diese Regel ist in der Tat Gold wert. Sie gilt für jede Art von Text.

Zitat:
Zitat von Cornelius Beitrag anzeigen
Ich habe vier Strophen gestrichen, den Kehrvers "Morgen bringe ich mich um" aber so beibehalten. Für mein Empfinden liest es sich besser als "Heute bringe ich mich um" - "Morgen" im Sinne des spanischen "Manana", was ja auch "nie und nimmer" bedeuten kann.
Die Unlogik bleibt trotzdem. Du hättest, um sie aufzuheben, im letzten Vers schreiben können: "Morgens wach ich wieder auf."

Zitat:
Zitat von Cornelius Beitrag anzeigen
Wäre für mich interessant zu wissen, ob du dieselben Strophen eliminiert hättest oder andere.
Kann ich nichts dazu sagen, da ich dein Gedicht in der Erstfassung nicht auswendig gelernt habe und somit nicht feststellen kann, was du gestrichen hast. Jedenfalls liest es sich flott und und von seiner Länge her angenehm. Außerdem wirkt der eine abweichende Endvers ("Morgen bin ich nicht mehr hier") auflockernd, denn er durchbricht die Erwartungshaltung des Lesers. Es war richtig, diese Strophe nicht zu streichen.

Kurzum: Es ist zwar keine "große Literatur", aber als humorvolles Gedicht, das den momentanen Frust des Lyrichen Ichs und dessen überzogene Vorstellung einer Problemlösung unterhaltsam aufs Korn nimmt, durchaus gelungen. Du hast also keinen Grund, zu hart mit dir ins Gericht zu gehen.

LG
Ilka
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