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Alt 22.11.2006, 21:07   #1
Arcady
 
Dabei seit: 11/2006
Beiträge: 5


Standard Laura

Endlich, ich sitze. Ein Platz an einem kleinen Tisch in in einem mittelgroßen Kaffeehaus, das zu einer großen Kette gehört.
Die Tische sind fast komplett belegt, die Gespräche der Kaffeetrinker übertönen fast die Musik, die, dafür, dass ich bin, wo ich gerade bin, garnicht so schlecht ist. Ich vermisse Laura.
Ich bin scheinbar der einzige, der allein hier ist, zumindest fühlt es sich so an. Fast ist es mir peinlich, hier so zu sitzen, bloß ich und mein Cappuccino, der unerträglich heiß ist, der mir die Lippen verbrennt, der sogar in meinem Inneren noch schmerzt. Laura...
Ich mag Cappuccino ja noch nicht einmal. Zu allem Überfluss hat der Milchschaum die Konsistenz des Teppichschaums, mit dem ich heute Morgen versucht habe, meinen Teppich vom Zeugnis meiner meiner Verzweiflung und den Folgen eines übermäßigen Rotwein Konsums zu befreien. Ich vermisse Laura.
Eigentlich, ja, eigentlich trinke ich gar keinen Cappuccino.
Eigentlich gehe ich nicht in Kaffeehäuser.
Eigentlich muss ich nie Teppichschaum benutzen.
Gestern hat Laura einfach ihre Sachen gepackt, ist ausgezogen aus unserer gemeinsamen Wohnung. Weg, einfach weg. Weg von mir. Sie erträgt mich nicht mehr. Erträgt nicht, dass sie jeden Morgen über meine Bücher stolpert, die sich im Flur stapeln. Lies sie doch, hab ich ihr gesagt, freunde dich mit ihnen an, es macht beinahe Spaß über Brecht zu stolpern, wirklich, ich stolpere gerne über Brecht, lies die Bücher, dann macht es dir nichts mehr aus.
Aber darüber hat sie nur die Augen verdreht und hat sich noch mehr auf ihr Spiegelbild konzentriert und ihr Make-up geprüft, das sie viel älter wirken lässt als sie eigentlich ist. Ich vermisse sie.
Wenn es nur die Bücher gewesen wären, wäre sie wohl noch hier.
Sie ertrug die Musik nicht, die ich höre.
"Ich hab einen langen Tag hinter mir, die Arbeit hat mich geschlaucht, mach das leiser, hörst du, es zehrt an meinen Nerven."
Arbeit ist Lauras Lieblingswort. Such dir endlich eine vernünftige Arbeit, sagte sie, genau, das sagte sie fast jeden Tag.
Jobben, Songs schreiben, ab und zu mal Autor spielen, das sei doch nichts. Ich war ihr zu realitätsfremd, zu kindisch. Wenn ich darüber nachdenke, konnte ich ihr erwachsenes Getue noch nie leiden. Ich bin 25, ich hab noch Zeit erwachsen zu werden, aber Laura sieht das anders. Trotzdem, ich vermisse sie.
Laura mochte nie, dass meine Schuhe schon vollkommen aufgelöst sind. Das ich soviel Geld in Plattenläden lasse. Das ich ihre Eltern für spießig halte. Sie selbst konnte auch spießig sein. Wirklich nur manchmal. Manchmal? Mein Gott, ja verdammt, sie war und ist viel zu spießig, so sehr, dass ich in bestimmten Situation am liebsten auf ihre bescheuerten Akten aus ihrer Kanzlei gekotzt hätte. Aber ich vermisse sie.
Doch, bestimmt, das tue ich.
Sie mochte meine Geschichten nicht, die ich schrieb, genauso wenig meine Gedichte, meine Lieder, meine Gedanken, meine Zweifel, meine Hingebung; all meine Leidenschaft, die ich mit einem Stift, den ich einmal aus ihrer Kanzlei mitnahm, zu Papier brachte. All das ließ sie vollkommen kalt.
"Schreib doch lieber Artikel für eine Zeitung, das hier ist doch verschwendete Energie." Ich habe immer gehofft, das sie mich irgendwann versteht. Damit habe ich Energie verschwendet, Laura.
Verdammt, wie kann man bloß so verkopft sein? Nein, Scheiße, es hat dich nie interessiert was ich denke.
Es hat dir gereicht, dass du mich bei deinen Freunden vorzeigen konnte,
dass ich nett zu deinen Eltern war, obwohl ich mich beim Anblick ihres Einfamilienhauses hätte übergeben können. Ich hab dich geliebt und immer nachgegeben, ich wollte nicht das du dich aufregen musst.
So ein Schwachsinn Laura, wozu, wo war ich?
Ja, Herrgottnochmal, ich werde dich vermissen, bestimmt. Ja, es waren zwei Jahre Laura, nach so einer Zeit muss man den anderen einfach vermissen.
Wenn ich nach Hause komme, bist du nicht mehr da, niemand mehr, der meine Bücher mit Füßen tritt, beim Versuch, aus der Tür zu gehen und Karriere zu machen. Ich glaube ich werde ich vermissen. Laura, du konntest scheußlich sein. Ich werde dich vermissen und daran denken wie grässlich du manchmal warst.
Als die Bedienung den Tisch nebenan abräumt und mit dem Geschirr klappert, wird mir auf einmal bewusst, dass ich einfach nur regungslos dasitze und ins Leere starre. Ich greife hastig zu meinem Cappuccino.
Er ist vollkommen abgekühlt
Als ich in die Tasse sehe, ist der widerwärtige Schaum im Begriff sich aufzulösen. Wahrscheinlich wird es nicht lange dauern, Laura, und er ist ganz verschwunden.
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Alt 22.11.2006, 22:34   #2
Joana
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 424


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Joana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.11.2006, 23:00   #3
Arcady
 
Dabei seit: 11/2006
Beiträge: 5


Hi,

also: Ich kenne High Fidelity, aber als ich diese Geschichte geschrieben habe habe ich wirklich überhauptnicht daran gedacht.
Da gibt es natürlich Parallelen, die mir jetzt auch, wo die mich darauf hingewiesen hast, ins Auge springen; wobei die Musik hier z.B nur eine nebensächliche Rolle spielt, quasi ein Tropfen auf dem heißen Stein. Und das diese Laura ebenso in einer Kanzlei arbeitet- nun gut, ich könnte es ändern, denn wo sie nun arbeitet ist nicht relevant.
Und Geschichten in denen der Protagonist verlassen wird... die gibt es nun wirklich wie Sand am Meer.
Da ich mir aber, wie man so schön sagt, keiner Schuld bewusst bin, was "Ideenklau" anbelangt, werde ich an der Geschichte nichts verändern. Würde mich aber freuen wenn du sie als "eigenständig" sehen könntest und daraufhin nocheinmal kommentieren würdest.

Liebe Grüße,
Arcady
Arcady ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.11.2006, 23:25   #4
Joana
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 424


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Joana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.11.2006, 17:47   #5
Arcady
 
Dabei seit: 11/2006
Beiträge: 5


So,
vielen Dank fürs erneute kommentieren, die Rechtschreib und Tippfehler werden ausgebessert.

Liebe Grüße, Arcady
Arcady ist offline   Mit Zitat antworten
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