Ort mit wenig Einwohnern

[Perry]

Wo im einzigen Laden auch die Post verteilt wird
und die alte Frau auf der Bank in der Sonne sitzt.
Wo der Junge mit dem Stock das Eisen treibt
und Mädchenhaare beim Schaukeln hochfliegen.

Wo die Wolken sich am Kirchturm stoßen.
und der Name auf dem Ortsschild unleserlich ist.
Wo der Hund die Katze ins Gebüsch jagt
und die Gänse giftig nach nackten Waden picken.

Da war ich zuhause, bis eines Tages ein Brief kam
und mich wegholte, zu einer Lehrstelle in der Stadt.
Die alte Frau winkte, das Eisen trudelte träge aus
und Marias Zöpfe hingen traurig herab. Ich hab

ihr nie geschrieben.

[C.Alvarez]

Lieber Perry,

der alleinstehende letzte Satz, tja, der hat es in sich. So kurz und doch mit so vielen Bedeutungen.
Ich kenne Orte, wie die in deiner Beschreibung. Ihre Bewohner und die vermeintlichen Vorteile dort und die Wahrheit.
Na ja.
Ich habe bischen Bedenken, dass die Jugend hier solche Texte verstehen und würdigen kann. Ich bin auch nicht alt. Aber ich fühle die Schwermut in deinen Worten.

corey

P.S. Wie gefällt dir mein Rock?

[Perry]

Lyrik hat selten eine spezielle Zielgruppe, letztlich ist nur das übertragene Gefühl ausschlaggebend und das dürfte bei allen Menschen ähnlich sein.
Die Bilder beziehen sich zwar auf eine längst vergangene Zeit, aber sich von Liebgewonnenem trennen zu müssen und irgendwann wehmütig daran zurückzudenken, gibt es in jeder Lebensphase.
Danke für deinen Eindruck und LG
Perry
PS: Als Mann gefällt mir dein Rock ganz gut, als Lyriker ist er mir zu nichtssagend.

[C.Alvarez]

Zitat von Perry

PS: Als Mann gefällt mir dein Rock ganz gut, als Lyriker ist er mir zu nichtssagend.

Hmm.
Ich hab noch einen anderen. Ich meine, ich hab noch ne ganze Menge
Vielleicht gefällt der dir besser.

"sich von Liebgewonnenem trennen zu müssen und irgendwann wehmütig daran zurückzudenken, gibt es in jeder Lebensphase."

Ja, das ist wahr. Und oft idealisieren wir in der Erinnerung das Vergangene.

corey

[Perry]

auch wenn es dich enttäuschen sollte, der Lyriker in mir interessiert sich mehr für innere Werte, als für Äußerlichkeiten, auch wenn sie noch so verlockend erscheinen.
LG
Perry

[C.Alvarez]

Zitat von Perry

auch wenn es dich enttäuschen sollte, der Lyriker in mir interessiert sich mehr für innere Werte, als für Äußerlichkeiten, auch wenn sie noch so verlockend erscheinen

Lieber Perry,

das ist so eine Sache mit den inneren Werten und den Äusserlichkeiten.
Bei deinem Gedicht haben mich zwei Stellen am meisten beeindruckt:

Eine typische Äusserlichkeit:
"Mädchenhaare beim Schaukeln hochfliegen"

und innere Werte:
"Ich hab
ihr nie geschrieben"

Ich bin kein Mensch, der Äusserlichkeiten gering bewertet und nur innere Werte schätzt. Ich denke, kein Mensch ist so edel. Beides sollte stimmen.
Und jeder Mensch hat genausoviel Einfluss auf seine Äusserlichkeiten, wie auf seine inneren Werte.
Und wenn jemand behauptet, nur auf innere Werte zu achten, nee, das glaub ich keinem

Lieber Gruss

corey

[Perry]

kein Mensch ist nur Lyriker, ich auch nicht. Nur mit zunehmenden Alter übernimmt er immer mehr das Steuer.
LG
Perry

[C.Alvarez]

Zitat von Perry

kein Mensch ist nur Lyriker, ich auch nicht. Nur mit zunehmenden Alter übernimmt er immer mehr das Steuer.

Perry,
darum fühlen sich ja auch viele junge Frauen, wie ich, bei älteren, reifen Männern geborgener und vertrauter, weil es da eben wirklich um Lyrik, um innere Werte geht, und das nicht nur behauptet wird.

corey