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Alt 18.05.2005, 23:43   #1
BlackTulip
 
Dabei seit: 05/2005
Beiträge: 4


Standard Die Ampel

“ Kharrah ! So’n Scheiß aber auch!”
Der Schweiß perlte über ihre glatte Stirn. Wie Diamanten glitzerten die Tropfen in der Sonne, wunderschön. Wenn ihre Seele doch nicht so betrübt wäre…
Die Ampel ... grün. Schon wieder! Und noch keine einzige Schachtel verkauft !
Oh Gott, ich will wegrennen!
“ Na, Zeinab, hast du’s diesmal geschafft?”
Der junge Polizist sah sie müde an, die ägyptische Sonne machte auch ihm zu schaffen.
“Nein, Sayed ! Uff! Kannst du die Autos nicht etwas länger warten lassen ? Verflucht, wie soll’ ich es schaffen wenigstens zwei Schachteln Kleenex zu verkaufen, wenn du mir nicht einmal genug Zeit lässt es den verdammten Fahrern überhaupt anzubieten ?!” Ihre schwarzen Augen glühten, durch ihr von Staub, Smog und Schweiß verschmiertes Gesicht strahlte ihr feuriger junger Zorn.
Zorn auf ihn, Sayed ihr nächtlicher Liebhaber, auf die Scheißampel, auf die egoistischen Autofahrer, auf die Sonne, auf Gott- was auch immer!
“ Ach, halt doch die Klappe! Ich hab’ den Schalthebel für die Ampel schließlich nicht in der Hand! Warte halt, bis die Ampel wieder rot ist, du Tochter einer Hündin!”
Er war genervt.
Warum mussten die verdammten Autos aber auch immer so hupen?
Warum muss ich immer so zornig werden ?
(Seufz) Warum ist sie so schön trotz ihrer zerzausten Haare, ihrem schmutzigen Gesicht?
Sayed, reiß dich zusammen, Mensch! Noch bist du hier der Mann! Lass dich doch nicht immer so weich werden von ihren großen, dunklen mandelförmigen Augen….
So schnell ihr Zorn auf alles und jedes gekommen war, so schnell hatte er sie auch wieder verlassen.
Sie wusste, es hat keinen Sinn! Es hat einfach keinen Zweck. Es spielt doch keine Rolle wie viele Schachteln ich verkaufe. Papa wird mir trotzdem weh tun.
“Papa, nein, bitte! Tu’s nicht! Hör’ doch auf! Warum tust du das?! Ich kann doch nichts dafür. Bitte. Bitte, ich flehe dich an! Mamas Grab zuliebe!”
“Du Schlampe! Wenn du noch einmal deine Mutter ins Spiel bringst schneide ich dir nicht nur in den Arm, sondern auch die Kehle durch, Hure !”
“Papa, nein. Du hast getrunken. Bitte! Bitte, ich bin doch Zeinab, dein kleines Mädchen.” Nein, oh nein! Hilfe! Hört mich denn niemand ?!
Das Messer, die wirren Augen ihres Vaters, sein ekliger Atem; Blut, so viel Blut! Schmerz, so viel Schmerz! Hör’ auf! Mein Gott, nein!
Ein dumpfes Kreischen zerrte sie aus den Erinnerungen wieder in die Gegenwart. Das Auto hatte sie fast angefahren. Im letzten Moment hatte der Fahrer noch bremsen können, laut fluchte er sie an: “ Keine Augen im Kopf, oder was?!?”
Das dumpfe Kreischen verwandelte sich in das dröhnende Heulen der Hupe.
Verwirrt starrte sie das Auto, den Fahrer an. Ein Arm umfasste energisch ihre Taille, zerrte sie an den Bürgersteig. Sayed.
“ Hey, sag mal, was ist los mit dir?! Er hätte dich fast angefahren! Gott, Kleine, ist alles in Ordnung ?! “
Seine braunen Augen sahen sie bestürzt an, zornig. Was war geschehen ?
Warum hatte sie das Auto nicht bemerkt? Fast hätte ich sie verloren , mein Gott!
“ Pass doch auf, Mädchen! Wenn’s dir schon egal ist , was mit dir geschieht, mir nicht. So leicht kommst du mir nicht weg!”
Sie sah ihn ruhig an; Zorn, die Wut in seinen Augen! Bezaubernd. Weiß er denn nicht, dass sein ganzes Wesen Zärtlichkeit ausstrahlt trotz seines Ärgers. Trotz dieser Wut auf mich, meine Unachtsamkeit, die Angst mich zu verlieren.
Könnte das etwa Liebe sein?
Sie strich ihm mit zarten Fingerspitzen über die Wangen.
“Schhhh … keine Angst. Ich gehe niergendwo hin. Solange du mich noch willst, gibt es noch einen Grund auf mich selbst aufzupassen, zu leben.”
Entzückt strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Fort war der Zorn, der scheinbare Ärger.
Übrig blieb nur noch Sayed. Ihr Beschützer, dem sie des Nachts ihre Geheimnisse, ihr Leben, ihr ganzes Wesen in Zärtlichkeit anvertraute. Sie lächelte sanft.
“Mein Engel!” Er zog sie an sich. Was kümmerten ihn die Blicke der Passanten. Sie waren halt nur neidisch auf das schlanke dunkle Madchen in seinen Armen. Was ihr denkt kann mir egal sein. Sie gehört nur mir !
“Nein, nein, nein! Nicht jetzt, Sayed! Heut’ Nacht kannst du mich sooft küssen, wie du möchtest, mein Liebling! Jetzt nicht.”
“Oh, gemein! Du wirst mich doch nicht etwa so lange warten lassen. Bis dahin krepiere ich ja!”
Sie lachte hell. “Niedlich, aber nein, du Schmarotzer. So lange musst du schon warten, mein süßer Bengel.”, sie kniff ihm frech in die Wange, ”außerdem…die Ampel ist wieder rot die wartet nicht lange, die Fahrer schwitzen und mein Arm ist noch voll mit Klineex-Schachteln. Komm Liebling, die Arbeit ruft…Kleenex!”
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Alt 18.05.2005, 23:52   #2
Soulchild
 
Dabei seit: 05/2005
Beiträge: 38


Ich glaube man muss nicht in Cairo gelebt haben um sich in die Story reinzuversetzen, die wirklich süß ist wenn man bedenkt dass das Leben solche geschichten wirklich schreibt.
Soulchild ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.05.2005, 23:56   #3
BlackTulip
 
Dabei seit: 05/2005
Beiträge: 4


Die Geschichte habe ich damals in der 11ten Klasse geschrieben, wo wir eine Geschichte aus dem "wahren Leben" in Kairo schreiben sollten.

Und Danke,ich glaube sie sollte nicht so suess ausfallen, aber ..hach.. die Romantikerin in mir *seufzschneuz*
BlackTulip ist offline   Mit Zitat antworten
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