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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 03.12.2006, 21:52   #1
Nauthiz
 
Dabei seit: 11/2006
Beiträge: 74

Standard Unterirdisch

(ich muss vielleicht vorher erklären, dass ich sehr selten Geschichten schreiben! Also seid nicht zu hart mit eurer Kritik )

"Rückzug!"
In seinen Kopf schrillen die Alarmglocken, doch nicht immer bleibt er wie angewurzelt stehen, unfähig, auch nur einen Finger zu rühren. Dunkle Felswände umgeben ihn, doch sind sie überzogen mit einem transparenten, blutdurchzogenem Schleim. Die Höhle, in der sie sich befinden, liegt tief unter der Erde, so versteckt, dass sie monatelang nach ihr suchen mussten. Doch jetzt wünscht er sich, sie wären nie auf sie gestoßen.
"Kim, bleib hier, geh nicht zurück!"
Er hört, wie Sebastian nach ihrer Freundin und Verbündeten ruft, doch obwohl er weiß, dass er nur wenige Meter entfernt ist, klingen die Worte sehr weit entfernt. Dann ertönen Schritte hinter ihm, schwere Stifel, die im schnellen Rythmus auf dem Boden auftreffen. Sie kommen näher, doch das will er nicht wahrhaben.
Nicolas spannt die Nackenmuskeln an und legt den Kopf schlief, so dass ein scheußliches Knacken aus seinem Nacken dringt. Dann schließt er die Finger fest um die MG und läuft los, direkt auf das Dunkel zu, das sich vor ihm auftut, vor dem sie eben noch geflüchtet sind.
"Nick, was soll das? Bleib um Himmels Willen stehen! Bist du denn lebensmüde?"
Kims helle Stimme überschlägt sich beinahe, als sie sieht, dass er wieder in die Höhle zurückläuft. Ein dumpfes Grollen erschüttert die Luft und die unerträgliche Hitze nimmt ihr den Atem. Mit weit aufgerissenen Augen starrt sie in das schwarze Loch, in das Nicolas gerade eben verschwand und ein Anflug von Panik lässt ihre Stimme erbeben.
"Er ist einfach umgekehrt!" flüstert sie, als Sebastian neben ihr steht. Sie sichert ihre Steyr Aug und lehnt sich erschöpft an die glitschige Wand. "Er ist einfach umgekehrt..."
Kim ist müde, stunden- vielleicht auch tagelang irrten sie in diesem Labyrinth umher, bei brütender Hitze und kaum Luft zum Atmen. Zwar hatten sie Sauerstoffreserven, doch die brauchen sie binnen weniger Stunden auf. Auch vereinbarten sie, nur je eine Taschenlampe zu benutzen, nachdem sie festgestellt hatten, dass sie den Weg hinaus nur noch raten konnten. Und nun, nachdem sie beinahe an der Oberfläche waren, nun dreht Nicolas um.
Es wäre nicht so schlimm gewesen, wenn sie nicht genau gewußt hätten, was sie dort unten erwartet. Zwar hatten sie keinen Namen für dieses Ding, doch es war ihnen keinesfalls wohlgesinnt. Sie hatten es nie wirklich gesehen, nur den bläulich-grünen Schein seiner Augen, als ihr künstliches Licht es streifte, doch sie hatten es gehört. Dieses Knurren, der röchelnde Atem und wieder und wieder diese grellen, jammervollen Schreie, die es ausstieß. Es war gefährlich, wie alle drei am eigenen Leib erfahren mussten.

Keuchend läuft Nicolas weiter. Er weiß, er muss sich diesem Ding aus der Tiefe dieses Höhlensystems stellen. Es ist wichtig, lebenswichtig. Auch wenn er sein Leben dadurch verlieren würde. Er hat nur noch wenig Munition, vielleicht würde sie reichen, vielleicht würde er sich aber auch auf die verbleibenden vier Patronen in seiner Beretta verlassen müssen... oder gar auf sein Messer.
Das Ding erwartet ihn, er spürt es genau. Schweiß tropft von seinem Kinn und seiner Nase. Es muss ihn längst gewittert haben. Ein Schrei lässt die Kammern und Gänge der Höhle erzittert und Nicolas wirft sich erschrocken zur Seite, um an der Wand Deckung zu suchen. Noch einmal tastet er nach den Blendgranaten an seinem Gürtel. Es ist nur noch eine einzige übrig. Er darf keinen Fehler machen.
Der Gang wird niedriger, bald schon muss Nicolas auf allen vieren vorwärts kriechen. Dieses Ding, von dem er nicht weiß, ob er es jagt oder von ihm gejagt wird, kann nicht sehr groß sein. Doch die Spuren, die seine Klauen auf seinem Oberschenkel und Kims Schulter hinterlassen haben, deuten mehr auf ein riesiges Ungetüm hin. Unbeirrt kriecht er weiter.
Abrupt endet die schmale Röhre in einer der größeren Kammern, gut zwanzig Meter hoch und ebenso lang, doch nur 7 Meter breit. Die Öffnung, aus der Nicolas blickt, liegt etwa vier Meter über den Boden.
Auf einmal glühen Augen auf, das Licht seiner Taschenlampe. welche er am den Lauf des Gewehrs befestigte, hat sich kurz in ihnen reflektiert. Unruhig versucht er den Raum auszuleuchten. Da, ein kleiner Schatten huscht an der Wand entlang. Soll das etwa dieses Ding sein, vor dem sie geflohen sind? Dieses kleine Etwas?
Nicolas macht sich daran, aus der Röhre zu kriechen und kommt kurze Zeit später auf dem Boden auf. Er landet unglücklich, ein heller Schmerz pulisert durch seinen Knöchel. Vorsichtig bewegt er ihn. Nein, gebrochen scheint nichts zu sein.
Dann wieder dieser grelle Schrei, diesmal direkt neben ihm. Er dringt in seine Ohren ein und scheint beinahe sein Gehirn zum Kochen zu bringen. Nicolas kauert sich am Boden zusammen, die Hände auf die Ohren gedrückt und wartet, bis es wieder still wird.
"Verdammtes kleines Mistvieh!" flucht er mit zusammengebissenen Zähnen. Doch nun weiß er wenigstens, wo es ist. Rasch nimmt er die Blendgranate vom Gürtel und schleudert sie in die Richtung, die er vermutet. Dann wendet er sich ab und wartet auf die Explosion. Laut hallt sie zwischen den Felsen wider und rasch sucht die Lichtsäule seiner Lampe Boden und Wände ab.
Dort, da ist es. Erstarrt steht es in einer Nische, kaum fünfzig Zentimeter groß, doch unglaublich häßlich. Kleine Krallen halten sich am Fels fest, die Haut mehr Schuppen, das Gesicht entstellt und verzerrt.
In Nicolas keimt unglaubliche Wut. Er nimmt die MG und will feuern, doch nichts passiert. Ladehemmungen...
Zornig wirft er die Waffe weg, greift zur Pistole. Drei Schuss zerreissen die Luft, nur einer trifft. Doch schon kurz darauf wünscht er sich, nie gefeuert zu haben.
Wieder beginnt dieses Ding zu schreien, doch gleichzeitig beginnt eine schreckliche Wandlung. Es scheint sich aufzupumpen, zu wachsen. Die Zähnchen werden zu Fangzähnen, die Krallen zu Klauen. Es dauert nur wenige Sekunden, dann ist es doppelt so groß wie Nicolas... und auch etwa doppelt so wütend.
Der letzte Schuß trifft einen seiner monströsen Arme. Ein letzter hilfloser Versuch von Nicolas, sich zu retten. Doch vergebens. Das Ding ist über ihm, packt ihn und schleudert ihn gegen den nächsten Felsen. Schmerzhaft bohrt sich der spitze Stein in sein Fleisch. Für wenige Sekunden verliert er das Bewußtsein. Dann fühlt er sich erneut von den Krallen gepackt.
"Nick!" Von irgendwo her hört er Sebastians Stimme. "Der Ring!"
Der Ring? Welcher Ring?
Ach ja! Nicolas fällt es wieder ein. Er greift den Ring, der sich um den linken Zeigefinger windet und zieht ihn ab. Dann wird es dunkel um ihn.

Er erwacht in einem abgedunkelten Raum auf einer schmalen Liege. Seine Finger tasten kurz über das dunkelblaue Kunstleder um sich zu orientieren, bevor er sich aufrichtet. Neben ihm befinden sich noch zwei weitere Liegen, auf denen Kim und Sebastian gerade aufwachen. Sebastian steht auf und blickt Nicolas halb wütend, halb stolz an.
"Mach das nie wieder, ok?"
Betreten nickt Nicolas. Seine Freundin Kim streckt sich und lächelt.
"Aber", fährt Sebastian fort, "jetzt kennen wir wenigstens deinen Dämon!"
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