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31.12.2020, 11:33 | #1 |
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Eine wahre Neujahrsgeschichte
Eltern haben, was ihre Kinder betrifft, mitunter harte Prüfungen zu bestehen. Erst recht gilt das für alleinerziehende Mütter, zu denen ich gehörte, seit mein Sohn zehn Jahre alt war.
Es war einige Tage im neuen Jahr, als er vom Spielen nach Hause kam, mit geröteten Wangen und stoppeligem Haar, was ich im ersten Augenblick darauf zurückführte, dass er von den Abenteuern des Tages noch nicht runtergefahren war. Das Störgefühl, das ich bei seinem Anblick hatte, verlor sich in meiner Unbekümmertheit, denn er stand ja gesund und munter vor mir. Dann fuhr er sich über die Wangen. „Mama, das brennt so.“ Ich sah genauer hin und fand die Ursache für mein Störgefühl: Wimpern und Brauen waren nicht mehr vorhanden. „Was ist passiert?“ „Da waren große Jungen, die haben Knallkörper geworfen.“ „Welche Jungen? Kennst du sie?“ Mein Sohn schüttelte den Kopf. Ich merkte, dass er den Tränen nahe war. Ich ließ nicht locker. Wenn große Jungen sich einen Spaß gemacht haben sollten, Knallkörper auf jüngere Kinder loszulassen, musste das weiterverfolgt werden. „Wo war das?“ Mein Sohn suchte meine Hilfe, war aber auf meine bohrenden Fragen nicht gefasst gewesen. Als er begriff, dass seine Geschichte für mich zu einem Fall wurde, dem nachzugehen ich entschlossen war, brach sie zusammen. Die Wahrheit stellte sich folgendermaßen heraus: Er und ein Spielkamerad hatten Knallkörper eingesammelt, die an Silvester nicht losgegangen waren. Sie puhlten sie auf, um an das Pulver zu kommen. Daraus bastelten sie sich einen eigenen Knallkörper und versahen ihn mit einer Lunte. Das war zunächst clever. Man sollte die Intelligenz und den Erfindungsreichtum von Zehnjährigen keineswegs unterschätzen. Was danach kam, war jedoch nicht mehr clever, sondern ein Mangel an Erfahrung. Die Lunte brannte, aber der Knallkörper ruhte mucksmäuschenstill. Das verdammt Ding wollte nicht hochgehen, und die beiden Buben überlegten, was nun zu tun sei. Überprüfung war angesagt. Mein Sohn fühlte sich in der Pflicht, dieses ungehorsame Ding in Augenschein zu nehmen, und genau in diesem Moment ging der Böller los. Er radierte ihm die Wimpern und die Brauen weg, flocht ihm Knoten in die Haarenden und rötete seine Wangen. Heulend stand er nach seiner Beichte da, und ich kremte ihm das Gesicht miit dicker Pampe ein. „Das wird wieder. Du musst keine Angst haben.“ Die Ruhe zu bewahren hatte ich von meinem Vater geerbt Mein Sohn hätte sein Augenlicht verlieren können, und ich war selig, dass es so schlimm nicht gekommen war. Er hatte mir aus Angst vor Strafe ein Märchen aufgetischt, weil er trotz seines jungen Alters wusste, dass er einen riesengroßen Blödsinn begangen hatte. Aber wofür hätte ich ihn strafen sollen? Bestimmt nicht für seine kindliche Neugier. Es war nicht die einzige Prüfung, die mir mein Sohn auferlegte, ehe er volljährig wurde und für sich selbst verantwortlich war. |
31.12.2020, 13:12 | #2 | |
Hallo Ilka,
Zitat:
Eine Geschichte, wie sie authentischer nicht sein könnte! 😊 Liebe Grüße |
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