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Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft.

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Alt 22.04.2010, 20:39   #1
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Standard Ausflug zu Goethe

Lieber Heinrich,

wie oft hatte ich vor, dir zu schreiben. Dir zu berichten, wie es uns geht, nun, da wir verheiratet sind. Aber zum einen hielten mich die Geschäfte in Atem, zum anderen der Mann, von dem ich dir schrieb, dass er uns als guter Freund verlassen hat: Herr Werther. Er war leider nur eine Weile fort, sein Wegzug war, wie ich inzwischen weiß, ein Wegstreben wider Willen gewesen und gar von Lotte, meiner lieben Frau. Sie waren sich von Anfang an zugetan, das wusste ich wohl, doch wie weit seine Neigung schon ging und dass er sich aus den Qualen einer vergeblichen Liebe zu reißen trachtete, das ist mir lange verborgen geblieben.

Ein Jahr ging ins Land und er tauchte in Wahlheim wieder auf. In meine Freude mischte sich gleich ein Unbehagen, denn er kam sehr verändert. Nicht mehr der offenherzige junge Mann, der schöne Geist, als den ich ihn kannte, stand vor mir. Er war melancholisch geworden. Selten nur noch flackerte die Geniehaftigkeit auf, dazwischen trieb er ab ins Grübeln, fuhr launisch auf und war verbohrt in irgendwelche Ideen... Es hatte hier im Dorfe ein Liebesdrama mit Eifersucht und Mord gegeben, höchst verwerflich und er, statt sich herauszuhalten und alles der Gerichtsbarkeit zu überlassen, nimmt den Mörder in Schutz, drängt sich an meinen Schwiegervater, dem Mann doch die Flucht zu ermöglichen. Es gab über sein Verhalten natürlich Gerede... Und dann die Pfarrhofslinden. Zwar murrte das ganze Dorf, dass die ehrwürdigen Bäume sollten abgeschlagen werden. Aber er geriet in eine Stimmung, als wolle man die Heiligenschändung begehen. Er war ein Naturbeseeligter, der in Wachsen und Werden das Göttliche sich entfalten sah, aber, um es auf den Punkt zu bringen, es gibt nun mal verbriefte Rechte anderer, die man wird anerkennen müssen.

Und in diesem Punkte war er ganz naiv oder trotzig, ein Anfechter der bürgerlichen Ordnung. War er zur Zeit, als Lotte und ich verlobt waren, uns eher als Hüter unsres Glücks entgegen getreten, so verhielt er sich nun, da wir doch verheiratet sind, als ein Zerstörer. Fast, als ginge es ihm darum, Recht und Anspruch zu unterminieren, suchte er jede Gelegenheit meiner Abwesenheit, um bei Lotte einzufallen. Diese kam ihm in ihrer Offenheit entgegen, bis sie merkte, dass hinter der Schwermut seine Liebe tobte. Und da war sie elektrisch aufgeladen, gegen ihn gepolt, teils aber widerstrebend angezogen. Es ging ja auch eine starke Gewalt von seinen Worten aus, wenn er einmal in sein Fahrwasser kam, seine Gefühle zu bekennen. Lotte war so infiziert, dass sie sich, wenn ich allein mit ihr in den Auen ging, alle Augenblicke umsah, als habe sie Werthers Schritte gehört.

Da man im Dorfe begann, über das merkwürdige Verhalten der beiden zu reden, da Werther immer unberechenbarer wurde, nachts in Selbstgesprächen durch die Straßen lief und unter Alkoholeinwirkung schwankte, gab ich Lotten den eindringlichen Rat, sich endlich von ihm zu distanzieren. Sie hielt sich auch daran, doch wurde sie verschlossen. Endlich bat sie, Werther wenigstens für Heilig Abend zu uns laden zu dürfen und ich gab ihr nach. Doch er kam drei Tage früher, wohl wissend, dass ich geschäftlich unterwegs war. Und als ich am nächsten Vormittag ins Haus trat, eilte mir meine Frau entgegen, als sollte ich sie vorm Teufel schützen und doch, ihr den Umgang gewähren.

Ich ging in mein Zimmer, mich zu erholen, Lotte setzte sich still mit ihren Handarbeiten zu mir. Da kam von Werther der Bedienstete, bat sich für seinen Herrn meine Pistolen aus. Nun, ich war zerstreut und weil ich hörte, Werther wolle eine Reise tun, froh, dass er endlich wieder rüstig wurde und winkte Lotte, die Dinger von der Wand zu nehmen. Sie muss etwas geahnt haben, denn sie zitterte.

Am nächsten Morgen kommt der Bedienste wieder, ich staune, dass Werther schon zurück ist, da berichtet er atemlos, sein Herr liegt im Sterben. Lotte bricht sofort zusammen und ich, als ich sie in sicheren Hände weiß, eile mit dem Bediensten... aber es war nichts mehr zu retten.

Lotte und ich, wir schweigen nun viel zusammen und ich habe lange noch an meiner Mitschuld zu tragen.

Danke dir aber, lieber Heinrich, für dein hoffentlich offenes Ohr. Es hat mein Herz um einiges erleichtert.

Dein Albert
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.04.2010, 08:41   #2
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Sorry, Goethe, am Schluss sind Fehler unterlaufen. Es muss heißen:

Am nächsten Morgen kommt der Bedienstete wieder, ich staune, dass Werther schon zurück sein muss, da berichtet er atemlos, dass sein Herr sich in den Kopf geschossen hat. Lotte bricht sofort zusammen und ich, sowie ich sie in sicheren Händen weiß, eile mit dem Bediensteten... aber es war nichts mehr zu retten.
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.04.2010, 08:54   #3
männlich Bullet
abgemeldet
 
Dabei seit: 07/2009
Beiträge: 499

Liebe/Lieber Gummibaum,

dir ist noch ein Fehler unterlaufen:

Du hast den Text bei den "Gedichten" gepostet. Für Prosa gibt es den Bereich "Geschichten und sonstiges Textwerk".

Gruß
Bullet
Bullet ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.04.2010, 10:33   #4
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Danke, Bullet, kommt nicht wieder vor. War vom Thema "Liebe" dieser Rubrik eingefangen.

Gruß gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
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