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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 14.08.2021, 01:22   #1
anamolie
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Standard Der Ascheregen



Je mehr ich begrabe, desto mehr ist begraben.
Ich will viel mehr graue, bedeckte Gräber haben.
Ich will Eiszeit und Steinzeit ersterbender Klagen.
Ich will ein planetares Leichentuch sein, und überragen.

Ich will überragen, was sonst die Sonne golden tat.
Soll sein, der Gräber Knospen, und der Gräber Saat.
Gedeihen soll, was jedem Ende grauend naht.
Gedeihen soll, was jedem Ende triumphierend naht.

Triumphierend nahe, das Ende der goldenen Zeit.
Hahaha! Ich will die Orgie meiner Himmels-Eitelkeit.
Hahaha! Ich will Wehklage zu meinen Ehren.
Hahaha! Sterbender Wehklage, die Welt auszuleeren.

Je mehr ich verheere, desto mehr ist Verheeren,
MIR zu Ehren. MIR zu Ehren. MIR zu Ehren.
Steht drohend am Ende der Zeit, mein Thron, mein Geschwür,
der begrabene Himmel, wie eine verschlossene Tür.


anamolie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2021, 10:55   #2
männlich Heinz
 
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Hallo Anamolie,
Du näherst Dich dem Punkt. an dem ich sage: Großartig, also nach der Art der Großen. Viel fehlt nicht mehr und ich fange an zu huldigen.
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2021, 11:19   #3
männlich Dionysos von Enno
 
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Zitat:
Zitat von anamolie Beitrag anzeigen


Je mehr ich begrabe, desto mehr ist begraben.
Ich will viel mehr graue, bedeckte Gräber haben.
Ich will Eiszeit und Steinzeit ersterbender Klagen.
Ich will ein planetares Leichentuch sein, und überragen.

Ich will überragen, was sonst die Sonne golden tat.
Soll sein, der Gräber Knospen, und der Gräber Saat.
Gedeihen soll, was jedem Ende grauend naht.
Gedeihen soll, was jedem Ende triumphierend naht.

Triumphierend nahe, das Ende der goldenen Zeit.
Hahaha! Ich will die Orgie meiner Himmels-Eitelkeit.
Hahaha! Ich will Wehklage zu meinen Ehren.
Hahaha! Sterbender Wehklage, die Welt auszuleeren.

Je mehr ich verheere, desto mehr ist Verheeren,
MIR zu Ehren. MIR zu Ehren. MIR zu Ehren.
Steht drohend am Ende der Zeit, mein Thron, mein Geschwür,
der begrabene Himmel, wie eine verschlossene Tür.


ich musste an Metallica denken seltsamerweise:

"Rebel, " my new last name
Wild blood in my veins
Apron strings around my neck
The mark that still remains
I left home at an early age
Of what I heard was wrong
I never asked forgiveness
But what is said is done

mes compliments

Dio
Dionysos von Enno ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2021, 12:50   #4
anamolie
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Zitat:
Hallo Anamolie,
Du näherst Dich dem Punkt. an dem ich sage: Großartig, also nach der Art der Großen. Viel fehlt nicht mehr und ich fange an zu huldigen.
Heinz
Wer bist du, und was hast du mit Heinz gemacht???


Wer ist dieses Metallica und wie kann ich es essen?

Ja, das drobige Gedicht, das sind so die Lichtblicke wegen denen ich ab und zu noch Gedichte schreiben will. Was eigentlich witzig ist, Lichtblicke, bei DEM Gedicht.
anamolie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2021, 18:32   #5
weiblich Mohrel
 
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Beiträge: 670

Zitat:
Zitat von Dionysos von Enno Beitrag anzeigen
ich musste an Metallica denken seltsamerweise:

"Rebel, " my new last name
Wild blood in my veins
Apron strings around my neck
The mark that still remains
I left home at an early age
Of what I heard was wrong
I never asked forgiveness
But what is said is done

mes compliments

Dio
Ernsthaft? Mama Said?

Nee, nee, der Ascheregen hat mehr Wumms! 😁
Ich würde es eher verorten unter:

https://youtu.be/ppfzn5BBfiQ

Ich hoffe, du nimmst mir den Link nicht übel, anamolie 😉

Dein Gedicht ist ziemlich außergewöhnlich!
Aber ist die Wiederholung in St 2 eigentlich so gewollt: naht - naht ?

Liebe Grüße
Mohrel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2021, 18:55   #6
männlich Dionysos von Enno
 
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Beiträge: 274

Zitat:
Zitat von Mohrel Beitrag anzeigen
Ernsthaft? Mama Said?

Liebe Grüße
Ja so im Sinne des „kosmischen Kindes“: unbegrenzt, Sehnen nach Begrenzung, Zerstörung, ein chaotischer Ascheregen auf der Suche nach Wandlung und Struktur endend wo der Mythos endet: an der Himmelstür, hier aber verschlossen, unerlöst. In der grandiosen Inflation steckt für mich eine Menge ungeführte Energie wie bei einem Teenager der zu früh gehen musste Das Mal der Küchenschürze noch um den Hals. Und doch NUR: „mir zu ehren !“ ich glaube daran so in der Art fühlte ich mich erinnert.

Aber dein Link passt eigentlich viel besser zu der offensichtlichen Stärke, Wut und Kraft liebe Mohrel.

Mes compliments

Dio
Dionysos von Enno ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2021, 19:15   #7
anamolie
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Sorry, Metallica hab ich noch nie als Fan oder Geniesser gehört, nur nebenbei.
Marilyn Manson, das war vor langer Zeit.
Mir sind solche gutbürgerlichen Softies eigentlich viel zu angepasst.
Ich höre ASMR, zb "Voldemorts first ASMR" kchchch, ein Meisterwerk.
Und diese Wucht ist eher das hier:

https://www.youtube.com/watch?v=iQA_vF94qWw

Ich bin dankbar dass ich mal wieder was dieses Grades an Wucht schreiben durfte.

Und ja, diese "naht" Dopplung ist sehr offensichtlich gewollt - weil ich die gesamte Zeile dopple, und nur ein Wort ersetze, es ist ja zwiespältig, dass das was der Ascheregen möchte, eigentlich ein blühendes Anti-Leben ist, deshalb ist für die Einen ein nahendes Ende, was für den Ascheregen Triumph ist.

Ich mag diese Ufomammut Nummer im Intro und ab Minute 20.
anamolie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2021, 20:42   #8
weiblich Mohrel
 
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Zitat:
Zitat von Dionysos von Enno Beitrag anzeigen
Ja so im Sinne des „kosmischen Kindes“: unbegrenzt, Sehnen nach Begrenzung, Zerstörung, ein chaotischer Ascheregen auf der Suche nach Wandlung und Struktur endend wo der Mythos endet: an der Himmelstür, hier aber verschlossen, unerlöst. In der grandiosen Inflation steckt für mich eine Menge ungeführte Energie wie bei einem Teenager der zu früh gehen musste Das Mal der Küchenschürze noch um den Hals. Und doch NUR: „mir zu ehren !“
Das kosmische Kind sehnt sich nach Begrenzung?

Ich glaube nicht.

Das kosmische Kind ist bedingungslose Liebe. Bedingungslose Liebe ist grenzenlos, frei. Nur die irdische Liebe kennt Grenzen, Begrenzung, Abgrenzung, Bedingungen, Erwartungen, Unerlöstes, et cetera pp. Wir sind einfach zu kleinmütig. Wozu sollte sich der Kosmos nach Begrenzung sehnen?

Der Teenager musste zu früh gehen, weil die Mutterliebe ihn stranguliert hat. DAS schnürt auch mir die Kehle zu. Soviel Unerlöstes. Das ist keine Liebe, das ist Ego. Gerade deshalb ist es ein leichtes, sich von der eigenen vermeintlichen Schuld und dem sinnlosen Selbstzerfleischen zu erlösen.

Im Ascheregen sehe ich aber keinen Wunsch nach Wandlung, Struktur oder Erlösung.

Ich sehe Rachsucht. Vernichtung. Triumphieren wollen. Ich sehe Eis und Steine und blanke Zerstörung aus Eitelkeit. Das göttliche LI überstrahlt alles und wird endlich so verehrt wie es ihm zusteht.
Der begrabene Himmel, wie eine verschlossene Tür.
Ich deute das nicht so, dass der Mythos endet, sondern so, dass das Gegenteil der Fall ist. Die Tür ist verschlossen, es gibt also keinen anderen Weg, als dass der Triumph ewig währt.
Mohrel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2021, 21:24   #9
männlich Dionysos von Enno
 
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Standard Liebe Mohrel

Vermutlich gehen wir von verschiedenen Bezugsrahmen und Begrifflichkeiten aus. Das "kosmische Kind" wie ICH es verstehe und wie ICH es benutzte, ist losgelöst von jeglichem Bezugsrahmen, von dem Halt, den die Erde vermittelt. Es ist zeitlos, sinnlos, beziehungslos, "bei den Sternen", ein Archetyp des Werdens selbst, ein Chaosysmbol wohingegen die Chymische Hochzeit FÜR MICH eher das vermittelt, was Du ausdrückst: Selbstwerdung, Coincidentia oppositorum, das Zusammenfallen der Gegensätze in der Liebe.

Was bei mir als Initialeindruck stehen blieb und immer noch steht ist eine kindliche in die Adoleszenz transportierte Größenphantasie, die sich nach "richtiger" im Sinne von "selbstrichtiger" Begrenzung sehnt, nach Einordnung, Gestaltung, Sinnfindung. Die sich nicht in der Anbetung erschöpfen kann. Am Ende steht das Geschwür, das ins Unkontrollierbare Gewachsene und die verschlossene (Himmels)tür. Das LI hat für mich viele Anteile von einem Rebellen, von unglaublicher Kreativität, ungezügeltem, wildem Blut aber eben auch Leid, sehr spezifischem Leid.. Dann das Ausbrechen aus dem Elternhaus, dem begrenzenden Rahmen weil DIESE Form der Begrenzung scheiterte und nicht der Selbstverwirklichung diente. Das ist meine Referenz vermutlich gewesen. Der Ascheregen zeitigt Konsequenzen, die man nicht zurücknehmen kann: "What is said, is done". Das Geschwür IST.

Der Ascheregen ist in MEINER LESART ein chaotisches Fruchtbarkeitssymbol aber nicht progressiv: er bildet ein Geschwür, einen Thron über einer zugeschütteten Welt und einem begrabenen Himmel. Hier sehnt sich in der Tat sehr vieles nach Wandlung, Struktur und Erlösung MEINER MEINUNG nach. Die Wortgewalt und der Spannungsaufbau ist im wahrsten Sinne atemberaubend MEINER MEINUNG nach.

In dem Moment, wo ein Gedicht in die Öffentlichkeit entlassen ist, verschenkt es sich ja auch dem Leser. In diesem Sinne verstand ich mein Feedback: als rein subjektiven Eindruck, der in mir ein Eigenleben entwickelt und den ich einfach nur mitteilen wollte.

mes compliments

Dio
Dionysos von Enno ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2021, 21:47   #10
anamolie
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Ja, jeder Betrachter hat wohl die Deutungshoheit.
Darauf hat der Dichter dann keinen Einfluss, ist manchmal allerdings interessant wie es andere Menschen auffassen, jeder mit seinem eigenen intellektuellen bewusstheitlichen existenziellen Background.

Aber die "Auflösung" ist ziemlich simpel. Ich beschrieb die zerstörerische Kraft selbstbezogener Egomanie. Wie Herrschsucht, Ruhmsucht, auch Kontrollzwang, Ich-Bezogenheit, Egomanie, wie eine Naturkatastrophe, ein Leichentuch eines Ascheregens ist, für alles Andere um sie herum. Ein Ascheregen bedeutet, dass ein Vulkan ausgebrochen ist. Bei einem solch gewaltigen Ausbruch ist der Himmel für Jahre bedeckt. Es ist die Herrschsucht in einen Vernichtungs-Wandel hinein, wie es auch die Menschheit praktiziert, durch eine herrschsüchtige, genusssüchtige, geltungssüchtige Turbo-Egomanie. Leider vollständig ahnungslos. Jeder will wie ein König behandelt werden, wie ein König fliegen, residieren, speisen, leben, etcpp, der Gegenwert dieser Selbstüberschätzung ist allerdings sehr einseitig belastend.

Wären die Menschen tatsächlich ahnungsvolle Könige, sie hätten keinen SUV, würden jeden Tag Tofu mit Reis fressen, Spenden in den Jemen schicken, und so bescheiden wie möglich leben - bis diese planetare Krise vorbei ist. Und selbst dann ist diszipliniert meditieren und in einem göttlichen Lobpreis tanzen wesentlich orgiastischer als dieses vereinsamte stressvolle Massensterben all der "Könige". Vollkommen bewusstlose, masslose Fresser, die allesamt die grossen Könige sind - bis zum Tod. Egomanen, die gerne die Sonne mimen, aber keine Sonne sind, sondern das exakte Gegenteil.

Ja, ES, will den Wandel durch Tod, und die Erlösung durch Vernichtung, die Ruhmsucht, den letztlichen Sieg, durch Vernichtung. Das Ende allen Anderen, ergibt seinen Ruhm, den Tod, ja, das Ende, ja, aber auch die Erlösung in eine endlose Zeit des Sieges, der Erstarrung, des Todes, das ist ein ambivalenter Moment. Der unendlich erstarrte Moment des Sieges, in der Vernichtung, im Tod.

Man kann halt einen einzelnen Egomanen beschreiben, zb mich, oder andere Künstler, oder andere Menschen, ala "Fräulein Petra wollte glänzen". Ich habe allerdings gelernt, wenn man Subjekte weit genug in Archetypen transzendiert, also nicht wie ein Hund direkt auf dem selbstbezogenen Subjekt verweilt mit der Schnauze auf dem Boden, wenn man den direkten Bezug vollständig auflöst, entsteht ein viel ambivalenteres Gedicht, ein viel ambivalenterer Blickwinkel, eine schwebende Szenerie, die gewaltiger sein kann - wenn mans schreiben kann.

Ich nehme das sehr dankbar auf, dass ich das in der Form verfassen konnte.
anamolie ist offline   Mit Zitat antworten
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