Seelchen (für eine Demenzkranke) bei Poetry.de

Jeanny · 04.06.2007, 19:26

Kleines Seelchen hockt im Dunkel,
fürchtet sich vor'm schwarzen Mann.
Hat sich selbst in Schlaf geschunkelt,
kommt auch nicht im Träumen an.
Weint ganz leise Kinderlieder.
Sehnt sich fort aus sich heraus.
Und kehrt ein doch immer wieder,
in das qualvoll Seelenhaus.

Seelchen, Seelchen bleib im Heute.
Hör die Stimmen um dich rum.
Raub dir nicht die letzte Freude,
bring dich nicht im Leben um.

Kleines Seelchen sucht die Liebe,
sehnt sich nach Geborgenheit.
Und es fürchtet ständig Hiebe,
manche Liebe ist so weit...
Weit entfernt in kahlen Ecken,
lecken Stimmen sich ins Sein.
Und das kleine, traurig Seelchen
fängt schon wieder an zu schrei'n.
Stumme Schreie, tote Blicke,
erstarrtes Wesen an der Wand.
Weiß nicht, wie es fort dort kommt.
Ist doch ewig weggerannt...

Seelchen, Seelchen such das Lachen.
Such die Freude, glänz im Sein.
Kannst den Weg nicht rückwärts machen.
Gräbst dich in dir selber ein.

Ex-Bambustherapie · 04.06.2007, 20:52

Das es für eine Demenzkranke ist hätte ich ohne Überschrift nicht erkannt.
Es ist sehr bedrückend und das war wohl auch deine Intention.
Einzelne Stellen gefallen mir nicht, aber die Stimmung kommt insgesamt rüber.
Ich frage mich wie ich es gelesen hätte wenn du das mit der Demenz nicht schon im Titel gepostet hättest.

Jeanny · 05.06.2007, 14:30

Hallo Bambustherapie,
nicht so einfach über dieses Krankheitsbild zu schreiben
Es bleibt solchen Menschen gegenüber viel Hilflosigkeit.
Liebe grüße Jeanny

alexandro · 05.06.2007, 15:00

Hi Jeanny,

Dein Text hat mich sehr angerührt.

Ich spüre darin viel Sensibilität und Einfühlungsvermögen.

Mag sein, dass er textlich an der ein oder anderen Stelle holprig ist, aber die Stimmung kommt auf jeden Fall gut rüber.

Finde es ist ein echt toller Text zu einem Thema, mit dem man sich leider viel zu wenig hier auseinandersetzt (das was hier die Highlights sind siehst Du ja selbst jeden Tag aufs Neue).

Mich hat er emotional jedenfalls sehr berührt.

Vielleicht kann man den Hinweis "für eine Demenzkranke" irgendwo noch geschickt im Text einpacken, was aber sicherlich sehr schwer ist.

Jeanny · 05.06.2007, 19:27

Hallo alexandro,
danke für deinen Kommentar, ja...dieses Thema bleibt meist
irgendwie "aussen vor".
Bin jetzt auf einer Pflegestation mit 20 Demenzkranken und stoße
da oft an meine Grenzen.
Einarbeiten des Wortes "Demenz"...hm, muß ich noch mal drüber
nachdenken. Momentan bin ich etwas gestresst.
Liebe Grüße Jeanny

04.06.2007, 19:26	#1
Jeanny Dabei seit: 04/2007 Beiträge: 660 Meine Gedichte	Seelchen (für eine Demenzkranke) Kleines Seelchen hockt im Dunkel, fürchtet sich vor'm schwarzen Mann. Hat sich selbst in Schlaf geschunkelt, kommt auch nicht im Träumen an. Weint ganz leise Kinderlieder. Sehnt sich fort aus sich heraus. Und kehrt ein doch immer wieder, in das qualvoll Seelenhaus. Seelchen, Seelchen bleib im Heute. Hör die Stimmen um dich rum. Raub dir nicht die letzte Freude, bring dich nicht im Leben um. Kleines Seelchen sucht die Liebe, sehnt sich nach Geborgenheit. Und es fürchtet ständig Hiebe, manche Liebe ist so weit... Weit entfernt in kahlen Ecken, lecken Stimmen sich ins Sein. Und das kleine, traurig Seelchen fängt schon wieder an zu schrei'n. Stumme Schreie, tote Blicke, erstarrtes Wesen an der Wand. Weiß nicht, wie es fort dort kommt. Ist doch ewig weggerannt... Seelchen, Seelchen such das Lachen. Such die Freude, glänz im Sein. Kannst den Weg nicht rückwärts machen. Gräbst dich in dir selber ein.

04.06.2007, 20:52	#2
Ex-Bambustherapie abgemeldet Dabei seit: 05/2007 Beiträge: 85 Meine Gedichte	Das es für eine Demenzkranke ist hätte ich ohne Überschrift nicht erkannt. Es ist sehr bedrückend und das war wohl auch deine Intention. Einzelne Stellen gefallen mir nicht, aber die Stimmung kommt insgesamt rüber. Ich frage mich wie ich es gelesen hätte wenn du das mit der Demenz nicht schon im Titel gepostet hättest.

05.06.2007, 14:30	#3
Jeanny Dabei seit: 04/2007 Beiträge: 660 Meine Gedichte	Hallo Bambustherapie, nicht so einfach über dieses Krankheitsbild zu schreiben Es bleibt solchen Menschen gegenüber viel Hilflosigkeit. Liebe grüße Jeanny

05.06.2007, 15:00	#4
alexandro Dabei seit: 02/2007 Beiträge: 56 Meine Gedichte	Hi Jeanny, Dein Text hat mich sehr angerührt. Ich spüre darin viel Sensibilität und Einfühlungsvermögen. Mag sein, dass er textlich an der ein oder anderen Stelle holprig ist, aber die Stimmung kommt auf jeden Fall gut rüber. Finde es ist ein echt toller Text zu einem Thema, mit dem man sich leider viel zu wenig hier auseinandersetzt (das was hier die Highlights sind siehst Du ja selbst jeden Tag aufs Neue). Mich hat er emotional jedenfalls sehr berührt. Vielleicht kann man den Hinweis "für eine Demenzkranke" irgendwo noch geschickt im Text einpacken, was aber sicherlich sehr schwer ist.

05.06.2007, 19:27	#5
Jeanny Dabei seit: 04/2007 Beiträge: 660 Meine Gedichte	Hallo alexandro, danke für deinen Kommentar, ja...dieses Thema bleibt meist irgendwie "aussen vor". Bin jetzt auf einer Pflegestation mit 20 Demenzkranken und stoße da oft an meine Grenzen. Einarbeiten des Wortes "Demenz"...hm, muß ich noch mal drüber nachdenken. Momentan bin ich etwas gestresst. Liebe Grüße Jeanny