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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 08.06.2007, 15:14   #1
räubertochter
 
Dabei seit: 01/2007
Beiträge: 41

Standard Und rot

Das Fensterauge gierig stiert,
herab auf mich, ich will hinein.
Der Tag hat sich bereits halbiert
Und hungrig darf mein Körper sein.

Im Flure werf ich alles ab
Und wandre weiter noch ein Stück.
Meine Füße gähnen schlapp –
Freiheit vor mir, welch ein Glück.

Die Küche schweigt mir starr entgegen,
im Wohnraum fehlt das Tageslicht.
Ich lausche, höre nichts sich regen –
Nur mein Herz beruhigt sich nicht.

Ganz eilig spul ich Stunden ab:
Ein Arztbesuch? Ein Feiertag?
Nein, nichts, was ich vergessen hab,
kein Einfall, der mir etwas sagt.

Doch riecht nicht etwas seltsam hier?
Ruft nicht die Stille laut ein Wort?
Schleicht umher und deutet mir:
„Dort, mein Mädchen, sieh nur dort!“?

Ohren sausend, Hände nass
Folge ich der bangen Furcht.
Die Treppe hoch, und oben lass
Ich schnell die schwarze Ahnung durch.

Ohne Wort und ohne Bild,
gar ausgehöhlt entgleite ich
ins Schlafzimmer, wo Ruhe gilt,
wo Sanftmut wohnt, erinner mich.

Heute aber strahlt es rot –
Mama, Papa, Schwesterlein –
Strahlt in rot und rot und tot –
Und hungrig werd ich nie mehr sein.
räubertochter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.06.2007, 15:34   #2
MorFeus
 
Dabei seit: 03/2007
Beiträge: 230

Gefällt mir sehr gut. Mit geschickter, wenn auch nicht außergewöhnlicher (darum aber gerade so außergewöhnlicher) Sprache, einem guten Lesefluss und Spannung bis zum Ende. Dazu eine passende, bissige Schlussszene mit "pointe" (Ich nenne es einfach mal so ).
Das Bild, das hier gemalt wird, ist sehr ergreifend, und man kann die negative Atmosphäre praktisch aufsaugen.
Bitte mehr davon.

Gruß
Morfeus
MorFeus ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.06.2007, 16:28   #3
alexandro
 
Dabei seit: 02/2007
Beiträge: 56

Ungeöhnlich.

Beim Lesen stellte sich mir die Frage, ob du hierbei schon die Lyrik verlassen hast und mehr ein Prosastück präsentierst, das der Form nach schon noch der Lyrik zuzuordnen ist (ich sage dies ausdrücklich, um anderen vorherzukommen).

Ich habe es mir mehrfach durchgelesen und muss sagen: es ist gut.

Zwar ungewöhnlich, verblüffend, doch gerade das macht den Reiz aus.
alexandro ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.06.2007, 13:10   #4
Erblassenheit
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 21

Hat mir wirklich SEHR gut gefallen.
zum schluss gleitet es schon aus, und ich finde die farbe rot beschreibt perfekt die stimmung am schluss, hab sofort an so eine melancholische sonnennuntergangs stimmung denken müssen.
Erblassenheit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.06.2007, 14:38   #5
räubertochter
 
Dabei seit: 01/2007
Beiträge: 41

Hallo ihr,

danke für die Kommentare!
räubertochter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.06.2007, 16:04   #6
Black Eyes - Blue Tears
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 36

Ich finde dein Gedicht hat Biss! Ich kanns nicht recht beschreiben, aber ich hab so den Eindruck!
Das Thema finde ich gut gewählt. Ist mal was Neues!
Die Einsamkeit kommt in jeder Strophe zum Ausdruck.
Und insgesamt ist es wirklich gut gelungen. Ein großes Lob von mir!

MfG Black Eyes - Blue Tears
Black Eyes - Blue Tears ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.06.2007, 16:07   #7
räubertochter
 
Dabei seit: 01/2007
Beiträge: 41

Danke, danke, Black Eyes...!

räubertochter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.06.2007, 19:36   #8
Mondenkind
 
Dabei seit: 04/2007
Beiträge: 146

Hallo Räubertochter,

...und mal wieder eine superschöne Sprache!
genial, originell, schön. Bin entzückt, könnte es noch 50 mal durchlesen.

Liebe Grüße, Lächeln
Mondenkind ist offline   Mit Zitat antworten
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