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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 23.09.2011, 16:50   #1
männlich AndereDimension
 
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Standard Die Scherben einer Lüge

Die Scherben einer Lüge

Ich fand in deinem Angesicht des Abschieds harte Züge,
Als dein Herz die Tür verschloss, durch die ich einst gegangen,
Fern, wo wir am Abend nach der Ernte fröhlich sangen,
Dort spannte nun die Trauer müde Rösser vor die Pflüge.

Wir stolperten zum Brunnen und schon brachen alle Krüge,
Einer hielt den süßen Duft der ersten Nacht gefangen.
Dein Blick lag still im Tale, ein Licht auf deine Wangen
Und unter meinen Füßen nur die Scherben einer Lüge.

So floh ich mit den Wölfen in den Schoß der dunklen Wälder,
Wir trieben schwarze Schafe mit den Wolken vor uns her
Und ließen sie bei Vollmond von den hohen Klippen springen.

Noch heute wein ich Tränen wenn die Heimatglocken klingen,
Der Herbstwind nistet tief im Hemd, die Tage werden kälter,
Ich trage deinen Mantel auf, doch wärmt er mich nicht mehr.
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Alt 23.09.2011, 17:06   #2
männlich El Machiko
 
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Kann es sein das du hier ne Serie einstellst die du auch als solche Geschrieben hast?
El Machiko ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.09.2011, 17:10   #3
Thing
R.I.P.
 
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Beiträge: 34.998

Standard Die Scherben einer Lüge

Halli Hallo, Andre Dimension -


das ist ein wundervolles, tief anrührendes Sonett mit unglaublich hinreißenden Wendungen und Metaphern.
Ich bin begeistert.
Und traurig.



Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.10.2011, 19:43   #4
männlich AndereDimension
 
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Hallo ihr zwei Verbannten

@ Thing

vielen Dank für das Kompliment

@ El Machiko

keine Ahnung was Du damit meinst

Gruß, A.D.
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Alt 02.10.2011, 19:59   #5
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.111

Wessen Lüge war es denn, wer hatte gelogen?

Ich weiß schon: Es geht nicht um Lüge, sondern um das Scheitern am Unvorhergesehenen.

Aber das hast Du in wundervolle Bilder verpackt. Man darf das gar nicht zu sehr loben, sonst wünschte man sich selbst, so grandios zu scheitern, nur um der Schönheit willen.

Im Grunde ist es traurig. Aber dennoch: Schön gedichtet. Wenn dies übrig bleibt ...
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.10.2011, 17:37   #6
männlich AndereDimension
 
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Beiträge: 3.325

Hallo Ilka- Maria

es ist eine Lebenslüge- an einer Liebe festhalten, die nur noch im Kopf existiert.

Vielen Dank und Gruß
A.D.
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Alt 04.10.2011, 12:59   #7
Ex-Kaleidoskop
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Dabei seit: 07/2011
Beiträge: 217

Hallo aDe,

mir sind die Bilder zu .......
wie soll ich sagen.....
zu antik.

Wer bitte, spannt heute (in Deutschland - und deine Leser sind Deutsche, da dein Gedicht in Deutsch geschrieben ist) noch Rösser vor den Pflug und holt Wasser mit dem Krug aus den Brunnen?

Ich gehöre nicht zu der Generation, die das noch tat - darum wirken die Bilder bei mir nicht, ist mir, als hörte ich meinen Opa von den guten alten Zeiten reden....

Ich hoffe, ich durfte das so sagen und du nimmst es mir nicht übel.
Ex-Kaleidoskop ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.10.2011, 14:37   #8
männlich AndereDimension
 
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Beiträge: 3.325

Hallo Kaleidoskop

natürlich darfst - und sollst Du das auch sagen. Nur ehrliche Meinungen
bringen einen weiter. Ich kann auch verstehen was Du meinst.
Natürlich ist das keine zeitgemäße Sprache, aber ich benutze sie immer wieder gerne um Bilder zu vermitteln. Die Liebe als solche bleibt immer gleich, egal wo und wann sie auftaucht.

Vielen Dank für deinen offenen Beitrag!

Gruß, A.D.
AndereDimension ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.10.2011, 14:40   #9
männlich Ex-Ralfchen
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Dabei seit: 10/2009
Alter: 77
Beiträge: 17.302

du bist wirklich xtrem talentiert AD! wobei dieser als "antik" ettikettierte hauch der bild-sprache dem ganzen etwas entfernt-fremdes anheftet.
Ex-Ralfchen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.10.2011, 09:47   #10
männlich AndereDimension
 
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Beiträge: 3.325

Hallo Goldart

entfernd- fremd...das stimmt. Es gibt ja nichts was einem näher steht als die
eigenen Gefühle, da macht es manchmal Sinn sie aus sicherer Entfernung zu betrachten.

Danke und viele Grüße
A.D.
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Alt 05.10.2011, 10:23   #11
männlich Martho
 
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Alter: 50
Beiträge: 415

Es ist wirklich großartig.
Übrigens: "rostige Trecker vor die Pflüge" wäre nicht so schön...
Martho ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.10.2011, 19:27   #12
männlich Erich Kykal
 
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Ort: Österreich
Alter: 59
Beiträge: 876

Hi, A.D.!

Sehr gute Sprache - mit melodischen Schwachpunkten, aber in sich wohlgefügt. Schöne Bilder - meine Lieblingsstellen: S1Z4, S2Z1, S3Z2, S2Z2,3. Die langen Zeilen unterstreichen das ruhige, Malerische der Bilssprache.

Deins:
Ich fand in deinem Angesicht des Abschieds harte Züge,
Als dein Herz die Tür verschloss, durch die ich einst gegangen,
Fern, wo wir am Abend nach der Ernte fröhlich sangen,
Dort spannte nun die Trauer müde Rösser vor die Pflüge.
In Z2 holpere ich anfangs der Zeile - das wechselt das Betonungsschema, denke ich. In Z4 wäre Präsens angebrachter, da von der Ernte im Imperfekt erzählt wird und die Trauer die Rosse ja hinterher "anspannt". Diese zeitliche Abstufung ist schöner Deutsch. Auch bei Worten wie "als"und "dort" entsteht eine "Betonungskerbe" im weichen Fluss der Sprachmelodie der Sätze. Alternative:

Ich fand in deinem Angesicht des Abschieds scharfe Züge,
dein Herz verschloss die Tür, durch die ich einst gegangen.
Fern, wo wir am Abend nach der Ernte fröhlich sangen,
spannt tiefe Trauer nun sich müde Rösser vor die Pflüge.


.........................

Deins:
Wir stolperten zum Brunnen und schon brachen alle Krüge,
Einer hielt den süßen Duft der ersten Nacht gefangen.
Dein Blick lag still im Tale, ein Licht auf deine Wangen
Und unter meinen Füßen nur die Scherben einer Lüge.
Ist Z2 hier nicht einen Tick zu kurz? In Z3 ist wohl ein Tippfehler: Es müsste heißen: "auf deinen Wangen". Alternative:

Wir stolperten zum Brunnen und schon brachen alle Krüge,
ach, einer hielt den süßen Duft der ersten Nacht gefangen!
Dein Blick lag still im Tal, ein Licht auf deinen Wangen,
und unter meinen Füßen brach die Scherbe einer Lüge.


.........................

So floh ich mit den Wölfen in den Schoß der dunklen Wälder,
wir trieben schwarze Schafe mit den Wolken vor uns her
und ließen sie bei Vollmond von den hohen Klippen springen.

Noch heute bin ich traurig, wenn die Heimatglocken klingen,
der Herbstwind nistet tief im Hemd, die Tage werden kälter.
Ich trage deinen Mantel auf, doch wärmt er mich nicht mehr.


Hier gibt's kaum was zu variieren, was nicht die magische Wucht deiner Wortweberei empfindlich störte! Wunderbar gedichtet!
Ein paar Kleinigkeiten nur (direkt ins Zitat gefügt):
Z4 - Komma, nach Tränen ("wein ich Tränen" ist etwas linkisch formuliert, denn was soll er sonst weinen...eine Verdopplung der Aussage, ein formaler Overkill. Alternative: "Noch heute bin ich traurig, wenn die R..."). Auch würde ich nach "kälter" einen Punkt setzen, um die Conclusio so etwas abzusetzen und so ihre Klangwirkung noch dynamisch zu steigern.
Die Conclusio und die Hinleitung dazu (Vorletzte Zeile) sind wieder vom Allerfeinsten! Das Bild vom alten "Mantel der Erinnerung", der nicht mehr (dein Herz) wärmt, ist superb! Chapeau!


Was mich insgesamt - und immer wieder - stört, ist diese "Vorn-alles-groß-schreibe-Attitüde", die ständig zu Missverständnissen, Lesefehlern oder Interpretationsfehlern führt, die den Lesegenuss oft mindern oder gänzlich verwüsten - mir zumindest! Mitten im Satz plötzlich ein Wort groß, das klein gehörte - wie jetzt...ein neuer Satz, ehe der alte zu Ende ist? Oder ein Adjektiv wird dadurch plötzlich zum - fehlinterpretierten - Substantiv, und die Bedeutung und/oder somit auch die Sprachmelodie ändert sich! Man liest (falsch) drüber, dann merkt man's irgendwann, weil alles "schräg" wird, muss zurückgehen - aha, wieder dieser Großschreibemanierismus am Zeilenanfang! Er meinte "macht", nicht "Macht"! Usw... MUSS das wirklich sein??? Für DAS bißchen "Effekt"???


Insgesamt ausgesprochen gerne gelesen und bewundert! Das "Beklugscheißern" konnte ich leider nicht ganz lassen, aber ich tat es, um ein wunderbares Stück hoher Lyrik noch stilistisch nach meinen subjektiven Maßgaben zu verfeinern! Nimm davon für dich, was dir brauchbar erscheint.

LG, eKy
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.10.2011, 10:34   #13
männlich AndereDimension
 
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Beiträge: 3.325

Hallo Martho

danke! - rostige Trecker, super Idee!....werde ich demnächst mal in ein Gedicht einbauen.


Hallo Erich Kykal


eine klasse Rezension hast Du da geschrieben. Ich weiß das sehr zu schätzen!
Ich muß mir das heute Abend nochmal alles in Ruhe durch den Kopf gehen lassen, weiß aber jetzt schon, dass mir die ein oder andere Anregung sehr gefällt.

Herzlichen Dank dafür!


Viele Grüße, A.D.
AndereDimension ist offline   Mit Zitat antworten
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