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Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft.

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Alt 20.11.2006, 02:58   #1
männlich Heinz
 
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Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879

Standard Liebe im Dreivierteltakt

Sinnverwirrend, disharmonisch
tönts aus dem Orchestergraben.
Chaos herrscht und peinigt Ohren,
alle Instrumente haben
jeden Ordnungssinn verloren.

Befrackt und frisch geföhnt, verfolgt von tausend Blicken
betritt der Dirigent applausumwogt die Bühne,
Und schon wirds still im dunkeln Saal; mit ernster Miene
bestraft der Maestro Hüsteln, Räuspern, Stühlerücken,
dem Chor und ersten Geiger gilt sein kurzes Nicken.
Das Stück heut Abend heißt: Die neue Melusine.

Paukenschlag und Hörnerklänge, sieghaft laut Trompeten schmettern,
Zimbeln klingen, Geigen singen, großer Auftritt jetzt des Chors!
Der Taktstock fliegt, er flieht davon, liegt nun zwischen Bühnenbrettern.
Musikekstase! Alle warten auf das Solo des Tenors:
Ansatzlos sein hoher Ton, Sopran im Arm, die Augen glutig,
betört den Schatz mit Liebesschwur, ganz imposant und mutig!

Ach, du schöne Melusine, meiner Augen holder Stern,
rastlos ritt ich hundert Meilen, scheute weder Müh noch Not,
wehrte Räubern, querte Flüsse, überwandt sogar den Tod.
Steh jetzt unter deinem Fenster, bist so nah und doch so fern,
ich schenk den Granatapfel dir, bitte zähle die Kerne inmitten.
Einen Kuss! Für jedes Kernchen! Mehr möchte ich nicht erbitten.

Der alte Graf, er hört alsbald das nächt`ge Flehen,
er greift zum Degen, flucht mit Basses Urgewalt.
die Mutter - Mezzo - will den fremden Freier sehen;
erfreut entdeckt Mama des Jünglings Wohlgestalt,
der Bariton versöhnlich tönt: Nun lasst die Schwester gehen!
Man singt Quintett und einig sind sich alle bald.

Wie gut, dass den Stab des Maestro die Requisiteurin bald scharfäugig fand!
Nun jauchzen die Geigen gen Himmel mit lieblicher, reizender Tönung,
die Harfen, sie klimpern fröhlich in sphärischem, lichtem Gewand.
Die Protagonisten des Abends begießen mit Schampus die große Versöhnung.

Melusine hat den Knaben,
der Edelmann bekommt zum Schluss
für jedes Kernchen seinen Kuss.
Alle Opernfreunde haben
die Uraufführung sehr genossen.
Was noch geschieht?
Der Vorhang ist geschlossen.
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.11.2006, 03:17   #2
baudisch
Gast
 
Beiträge: n/a

herr Heinz,

gibt es das auch in rot? ja, genau, zum mitnehmen. verpackt ja, aber ohne schleifchen. nein, zum mitnehmen, herr dichter, ich komme selbst vorbei und nehme das geschenk auch selbst entgegen. nicht für mich? doch, doch. freut mich, danke, ja, ein tolles gedicht, ja, danke, ihnen auch. - und gut aufgelegt:

lg, baudisch.
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Alt 20.11.2006, 13:00   #3
männlich Heinz
 
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Beiträge: 7.879

Guten Tag, baudisch
so ein von Herzen kommendes Lob, das ist duftendes Ambra auf meine Seele! Vielen Dank für Deine beinahe übersprudelnden Zeilen!
Ich denke, Du wirst am PC schon irgendeine Taste finden, in der Du mein Werklein für Dich in Rot ausdrucken kannst. Ich freue mich, dass ich mindestens einem Menschen eine Freude machen konnte.
Mit dankbarem Lächelnund lieben Grüßen,
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.11.2006, 13:46   #4
norbert
gesperrt
 
Dabei seit: 02/2006
Beiträge: 276

...toll beobachtet und als text gemeistert!
liebe grüße
norbert
norbert ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.11.2006, 16:03   #5
männlich Heinz
 
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Beiträge: 7.879

Merci fürs Zückerli, lieber Norbert!
Liebe Grüße,
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.11.2006, 16:21   #6
Ex-Jannis
abgemeldet
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 20

hallo Heinz.

nen kleinen fehler hab ich aber schon entdeckt: Das Wort "disharmonisch" gibt es nicht! Höchsten dissonant..

Aber ich möchte dir ja deine dichterische Freiheit lassen,

gruß, Jannis
Ex-Jannis ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.11.2006, 17:06   #7
männlich Heinz
 
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Dabei seit: 10/2006
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Beiträge: 7.879

Hallo, Jannis
ich lasse mich gern bei kleinen Fehlern ertappen. Aber den Begriff der Disharmonie, den gibt es wirklich und disharmonisch ist ein durchaus gebräuchlicherBegriff in der Musikwelt. `ne Dissonanz ist was anderes. Dennoch: Danke für Deine Reaktion.
Gruß,
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.11.2006, 02:03   #8
demon17
 
Dabei seit: 05/2005
Beiträge: 85

Bist Du Musiker? Es scheint das Du sich sher gut mit dem klassischen Klangkörper auskennst. Also erst einmal ein Kompliment, sowohl für die packend geschilderte Satire, die auch dem von der Oper weitgehend unberührtem Leser ein plastisches Bild vom bunten Treiben zeichnet.
Es klingt als ob Du viele Opern hörtest und die Grundmuster beschreibst.
Darf ich noch ein wort zum Versmaß verlieren?

Ein Trochäus in der ersten ein Jambus in der zweiten Strophe nicht wahr? Die Form ist sehr locker auch beim Reimschema. Dafür ist die Sprache herzerfrischend und mitreißend.

Ein schönes Stück das gepflegt sein will.

Liebe Grüsse


demon17
demon17 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.11.2006, 13:35   #9
männlich Heinz
 
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Beiträge: 7.879

Hallo, Demon
nein, ich bin kein Musiker, habe aber sehr viele Freunde/Freundinnen, die als Sänger/innen und Instrumentalkünstler/innen damit zu tun haben und ich sehr häufig in den Genuss musikalischer Erlebnisse (von kleinen Konzerten bis zur großen Oper) komme. Das Wort Satire trifft den Punkt! Aber vielleicht meinst Du einen anderen Punkt als ich; ich hoffe auf eine Antwort. Die ganze "Oper" sollte ein Abbild der Liebe sein, wie sie von vielen Amateurpoeten in "Gedichten" geklagt wird. 1. Str.: Chaos, 2. Str.: Ordnung in die Gefühle,
3. Str.: ungezügelte Leidenschaft körperlich, Takstock futsch, 4. Str.: ein
verliebtes "Arioso", kitschig, aber zum Ende hin, wenn die Hormone besänftigt sind, fast klassisch schön, 5. Str.: Die Außenwelt wird wieder wahr genommen, der "Frieden" wird beschlossen, 6. Str.: Taktstock/Ordnung wieder da, "hymnische" Klänge, Freude, 7. Str.: Finale, eins, wie es Heinz sich nicht verkneifen konnte (Augenzwinkern Richtung Heißverliebte). So war jedenfalls meine Absicht. Mit versch. Reimschemata und Versmaßen sollte das alles noch gestützt werden.
1. Str.: Trochäen, Reimschema wirr: abcbc
2. Str.: Jamben, Reime: abbaab (man kann da zwei umschlingende U. sehen
3. Str.:Troch., Reime: ababcc (2x Kreuz, abschl. Paarreim)
4. Str.: Troch., Reime: abbacc, die beiden letzten Verse wirr, aber lesbar
5. Str.: Jamben, ababab
6. Str.: Daktylen (zumindest der Versuch), abab
7. Str.: 1 x 2 x Jambus, 1 x Tr., Rest- JambenTroch.
Vielen Dank und hoffentlich hilft das weiter.
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
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