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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 21.01.2012, 17:57   #1
männlich Spitfire
 
Dabei seit: 01/2012
Beiträge: 5

Standard Gefangen und rastlos

Gefangen und rastlos

Gefangen und rastlos, den aufmerksamen Blick durch die Stäbe auf den Horizont gerichtet, atmet er die stickige Luft tief ein, als wolle sich die Lunge auf kommende Anstrengungen vorbereiten. Es kribbelt in den Armen, er zuckt mit den Beinen, doch keinen Schritt kann er gehen, so dicht stehen die Stäbe. Der Geist ist gefangen und rastlos.

Vollgefressen sitzt er. Er sitzt den ganzen Tag schon. Es ist bequem in seiner kleinen Kammer. Die Erfüllungen all seiner Bedürfnisse sind in Reichweite der Arme, das Erheben zum Bett ist die einzige Anstrengung der Beine, keine Anstrengung der Augen, sie müssen nicht spähen, denn alles ist nah. Voll und träge ist der Körper.

Der Geist ist gefangen im Körper. Ein kräftiger Ruck an den Stäben, ein lautes Brüllen der Lungen, Schläge und Geschrei und Trommeln und Wut und doch kein Entrinnen. Doch nichts ermüdet den rastlosen Gefangenen. Schneller trommelt er gegen die Gitterstäbe, stärker stampft er gegen den Boden, lauter werden seine Rufe nach Freiheit, bis der Körper das Geschrei des Geistes vernimmt.

Ohne sich der Ursache bewusst zu sein, greifen die Finger in nahe Asche und schmieren dem Gesicht zwei Striche unter die Augen. Als sich der Körper im Spiegel betrachtet, läuft eine einsame Träne über die Kriegsbemalung, verwischt diese. „All meine Bedürfnisse sind erfüllt, mein Sitz ist bequem, warum weine ich?“ Und das Gebrüll des Geistes erzitterte die ganze Festung, bald wäre er frei.
Spitfire ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.01.2012, 18:10   #2
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Halli Hallo, Spitfire und willkommen!

Es würde mich interessieren, wo diese Gefängnisgeschichte spielt:
In einem realen Gefängnis (was ich eher nicht annehme) oder in einem metaphorischen.

Nicht schlecht gemacht, obwohl mir einige Wendungen sonderbar vorkommen
(der Körper betrachtet sich im Spiegel? Nein, das Ich betrachtet seinen Körper im Spiegel /das Erheben zum Bett? Nein, das Aufstehen und zum Bett gehen).

Wofür steht die Asche (woher Asche nehmen?), die ins Gesicht gerieben wird?

"Bis der Körper das Geschrei des Geistes vernimmt"scheint mir der Schlüsselsatz zu sein.
Will hier jemand die Gitterstäbe seiner Unwissenheit aufbiegen?
Ist der Körper selbst unfähig, zu schreien? Kein Ton kommt über die Lippen?
Irgendwie hab ich auch an Autismus gedacht.


LG
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.01.2012, 14:57   #3
männlich Spitfire
 
Dabei seit: 01/2012
Beiträge: 5

Danke Thing, und vielen Dank für dein Interesse. =) Gerne beantworte ich dir einige Fragen.


Wir schreien manchmal, oder weinen, scheinbar ganz ohne Grund. Und ich habe versucht, diese Ursache zu ergründen.

Ich denke, oder zumindest für mich ist es, unterdrückte Energie, Bewegungsdrang, Abenteuerlust, die wir in unserer Bequemlichkeit in einen immer engeren Käfig gezwängt haben. Aber er ist nur eingesperrt, nicht willenlos, und manchmal rüttelt er so laut an seinen Gitterstäben, dass es entweder in unser Bewusstsein dringt, oder sich als unbewusste Tat manifestiert.

Ob es diese unterdrückte Energie jemals schafft, den Körper vollends aufzurütteln, weiß ich nicht. Darum wurde auch der letzte Satz als einziger nicht im Präsens geschrieben.


Warum die Kriegsbemalung?
Nun, ich fand die Kriegsbemalung und den Krieger als schönes Symbol für viele erstrebenswerte Ideale, wie Willensstärke, Zielstrebigkeit und dem Leben im Moment. Und das Bildnis, dass sich ein völlig apathischer Mensch mit jenen Symbolen schmückt, die so komplett gegensätzlich zu ihm sind, legt nahe, dass in ihm noch ein Geist wohnen muss, der eben jene Ideale vertritt.

Und die Asche?
Ich wollte dem Umfeld des Körpers ein wenig Textur verleihen, dem Leser das Gefühl geben, dass sich neben dem obligatorischen Stuhl und Tisch und Bett noch Details im Zimmer befinden, die ich aber, bis auf die Asche, verschweige. Auch auf die Epoche wollte ich mich nicht festlegen, vielleicht wurde noch mit Kohle gefeuert und mit Öllampen beleuchtet.
Nicht nur bei Satzaufbau und Inhalt orientiere ich mich gerne an Kafka, aus meiner Sicht spielen auch die meisten meiner Schreibereien in seiner Zeit. Solche persönlichen Neigungen sind zuhauf in meinen Texten versteckt. ^^
Spitfire ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.01.2012, 15:14   #4
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Halli Hallo,

da siehst Du mal, wie man sich bei einem Text "vergaloppieren" kann.
Aber deine Antwort hat mich sehr gefreut, weil ich danach Deinem Text mit ganz anderen Voraussetzungen lesen konnte.

Jedoch: Kafka?
Du reichst an seinen surrealismus n o c h t n i c h t heran.
Aber der Ansatz ist gut!

LG
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.01.2012, 22:28   #5
weiblich kati79
 
Benutzerbild von kati79
 
Dabei seit: 11/2011
Ort: Hessen
Alter: 44
Beiträge: 91

Hallo Spitfire,

ich finde die zugrunde liegende Idee gut, die sprachliche Umsetzung - zumindest für meinen Geschmack - eher holprig.

VG Kati
kati79 ist offline   Mit Zitat antworten
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