Der Weidenbaum

[Calimue]

Der Weidenbaum I

Aus rauer Kehle trällert des Herbstes Chor,
Durch all die Wälder mit den seinen Stürmen;
Und zu Boden fällt ein tiefes Blättermoor,
von dort heroben aus den morschen Türmen.

Ein kaltes Totenhemd aus zerfurchtem Schnee,
Der Winter häkelt, wenn die Flocken purzeln;
Und hinein zwingt er flugs den hilflosen Klee,
wie auch die Weide mit hungrigen Wurzeln.

Sobald die Wolke des jungen Frühlings bricht,
Sind vom Regen prompt die Gräser geschwollen;
Und es bezaubert das blonde Sonnenlicht,
Die darbende Luft mit dem Geist der Pollen.

Die Zofe des Sommers bestückt Ast um Ast,
mit jenem Gewand der tiefgrünen Weide;
Der Liebsten nimmt sie des Pelzmantels Last
Und hüllt sie dafür in wohliger Seide.

Der Weidenbaum II

Gar dieser greisenhafte Baum, der hoch zum Himmel wollt‘,
Ach, den ganzen Lebtag lang, bekommt noch seinen Sold.
Dessen Äste, sie strecken sich, durch des Frühlings Zauber,
Bis über den einsamen See, so tief wie auch sauber,
Und es springen seine Knospen, voll an Frohsinn und Freud,
wo der Wiederschein des Himmels, über den See sich streut.
Dort im genehmen Schatten dieses Weidenbaumes
Treibts‘ auch die krummste Mähre aus dem Stoff des Zaumes.