Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Geschichten und sonstiges Textwerk > Kolumnen, Briefe und Tageseinträge

Kolumnen, Briefe und Tageseinträge Eure Essays und Glossen, Briefe, Tagebücher und Reiseberichte.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 06.08.2015, 23:57   #1
weiblich DieSilbermöwe
 
Benutzerbild von DieSilbermöwe
 
Dabei seit: 07/2015
Alter: 61
Beiträge: 6.714

Standard Schräge Ansichten eines Einzelgängers über soziale Kontakte

Irgendwo las ich vor kurzem (wahrscheinlich in irgend so einer Frauenzeitschrift meiner Frau), der Mensch sei ein soziales Wesen und brauche soziale Kontakte. Das ist natürlich ausgemachter Blödsinn – wer braucht denn schon soziale Kontakte? Sie machen einem nur Ärger. Zum Beispiel der Freund, den man noch von Schulzeiten kennt, der jetzt weiter weg wohnt und „nur mal kurz zu Besuch“ kommen will, wie er meiner Frau über ein soziales Netzwerk ankündigt. (Ich mache ja um soziale Netzwerke einen großen Bogen, aber meine Frau kennt ihn leider auch noch von Schulzeiten her). Da wird dann erwartet, dass man vor Freude aus dem Häuschen ist, dass er umsonst Kost und Logis für ein paar Tage erhält und dass man ihm auch noch die Stadt zeigen darf. Nicht mit mir. Da diktiere ich doch lieber meiner Frau, sie soll ihm zurückschreiben, dass ich mir furchtbar ansteckende Windpocken eingefangen habe und keinesfalls Kontakt zu anderen menschlichen Wesen haben darf. Er schreibt zurück, dass ihm dies furchtbar leid tut und dass er die Windpocken noch nicht hatte und deswegen dann nicht kommen wird, so gern er auch wolle. Puh, nochmal Glück gehabt. So auf die Schnelle hätte ich nämlich keine andere ansteckende Krankheit gewusst.

Und dann die Freunde meiner Frau, die sie sich einfach nicht verbieten oder ausreden lässt, egal, welch vernünftige Argumente ich auch vorbringe. Letzte Woche fielen ihre beiden besten Freundinnen wie die Heuschrecken nachmittags ein und labten sich an unserem italienischen Kaffee bzw. tranken uns den letzten italienischen Kaffee, meinen Lieblingskaffee, weg und was war am nächsten Tag? Richtig: Ich konnte mir wegen dieser beider Schnepfen keinen Kaffee aufbrühen, obwohl ich mir am Vortag dessen noch gewiss gewesen war (ehe die beiden einfielen, natürlich). Ich konnte es auch nicht verhindern, da ich mich sofort, nachdem ich der beiden gewahr geworden war, in den hintersten Winkel meines Hobbykellers verzog, die Tür zuschloss und erst wieder auftauchte, als ich sicher war, dass die beiden verschwunden waren. Das war so um 22.00 Uhr, glaube ich. Auf die Frage meiner Frau, wo ich solange gesteckt hätte und warum, gab ich zur Antwort, dass ein Mann nun mal Wichtigeres als Kaffeeklatsch mit Weibern zu erledigen hat. Sie gab sich damit zufrieden und fragte nicht weiter. Ich dagegen fragte mich, warum habe ich eigentlich eine Frau? Die ist ja auch sowas wie ein sozialer Kontakt...

Selbst auf der Straße ist man vor irgendwelchen Kontakten nicht sicher, auch wenn ich nicht ganz davon überzeugt bin, ob Leute, die nach dem Weg fragen, als soziale Kontakte einzustufen sind. Jedenfalls ist damit jetzt auch Schluss. Leute, die nach dem Weg fragen, schicke ich von jetzt an grundsätzlich in die falsche Richtung. Das wäre ja noch schöner, einfach mal sowas von sozial zu sein. Nicht mit mir.

Meine Frau fragt mich gerade, wie es wäre, wenn sie für sechs Wochen in die Reha fahren würde. Aber das kommt gar nicht in Frage. Was mache ich, wenn sie nicht da ist und mir geht es womöglich schlecht?

Ich habe ja schließlich keine sozialen Kontakte.
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Schräge Ansichten eines Einzelgängers über soziale Kontakte



Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
ansichten gray-poet Philosophisches und Nachdenkliches 1 15.08.2014 18:25
Schräge Vögel Orakel Sonstiges Gedichte und Experimentelles 0 27.11.2012 00:18
Zwei Ansichten Lilly Gefühlte Momente und Emotionen 0 20.11.2005 20:51


Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.