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28.05.2016, 00:27 | #1 |
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Achtzehn Jahre später
Die Schritte hallen von den nackten Wänden des gekachelten Flures wider.
„Wir hatten eine Totgeburt, was bei unserem hochtechnologischen Verfahren trotz Einhaltung aller Überwachungskriterien hin und wieder vorkommt. Aber fünf Babys haben überlebt.“ Der Arzt öffnet dem Ehepaar die Tür zur Babystation, die in Parzellen aufgeteilt ist. Eine der Parzellen trägt den Namen „Engelmann“. „Das sind Ihre Babys,“ präsentiert der Arzt stolz, „eines hübscher als das andere.“ Das Ehepaar Engelmann schaut prüfend auf die schlafenden Neugeborenen in den Kinderbettchen. „Dies hier sind die Mädchen,“ fährt der Arzt fort, „und das hier in der Mitte ist der Junge.“ Die Gesichter der Engelmanns hellen sich auf. „Sie hatten sich für nur ein Kind entschieden und sich deswegen auf sechs Befruchtungen beschränkt. Jetzt ist es an Ihnen, sich zu entscheiden, welches dieser Babys sie nehmen wollen.“ „Können Sie uns eine Empfehlung geben, Dr. Hoog?“ „Nein. Wie Sie wissen, war im Vorfeld alles besprochen und bedacht worden, was zu der möglichst besten Auslese führen könnte. Wir haben bei dem Einsatz der Spermien höchste Kriterien angelegt und auch bei der Auswahl der Leihmütter strengste Standards beachtet, was Gesundheit und Belastbarkeit betrifft. Die Wahl bleibt nunmehr bei Ihnen. Aber ich kann Ihnen versichern, dass dies hier alles Elite-Babys sind.“ Herr und Frau Engelmann zögern. „Nun, wenn Sie das Angebot nicht zufriedenstellt, können Sie von der Vereinbarung zurücktreten. Dann tragen Sie jedoch die Kosten für die Platzierung der Babys auf dem freien Markt inklusive der Versorgung der Leihmütter, bis sich Adoptiveltern gefunden haben. Das dürfte aber kein Problem sein, denn Elite-Babys stehen auf dem freien Markt hoch im Kurs. Mit etwas Glück könnten Sie Ihre Kosten sogar voll decken und dann nochmal einen neuen Versuch starten. Der einzige Nachteil wäre, dass sie wieder neun bis zehn Monate auf den gewünschten Nachwuchs warten müssten.“ Frau Engelmann sieht ihrem Mann in die Augen. „Wir nehmen den Jungen.“ Herr Engelmann sieht dem Arzt in die Augen. „Wir nehmen den Jungen.“ „Das ist eine kluge Entscheidung, Herr Engelmann, das erspart Ihnen einige Kosten. Und es ist wirklich ein außergewöhnlich hübscher Bub. Haben Sie schon einen Namen für ihn?“ „Lukas. Wir wollen ihn Lukas nennen.“ 18 Jahre später „Guck dir nur die Mädchen an, eine sieht aus wie die andere.“ „Was haste nur, Lukas? Die sind doch alle hübsch! Mensch, da brauchste nur wie ein Fisch das Maul aufzusperren, und schon hockense dir alle im Schlund.“ „Die sind alle langweilig - aber guck mal die da drüben … die interessiert mich!“ „Was? Die? Guck doch mal richtig hin! Kleidergröße 40, zu kurze Beine, zu große Füße, Frisur aus der Steckdose und die Klamotten aus der Kleiderkammer.“ „Genau das gefällt mir. Die ist nämlich anders als all die Püppchen. Ich geh jetzt rüber und sprech sie an.“ „Mensch, die passt nicht zu dir. Schau dich doch mal an! So wie du aussiehst, kannst du dir die geilsten Bräute aufreißen. Und die gescheitesten dazu.“ „So wie du? Du siehst auch ziemlich toll aus und bist blitzgescheit und wartest immer noch auf deine Entjungferung.“ „Das war gemein. – Willst du die da drüben wirklich anmachen?“ „Worauf du dich verlassen kannst. „Deine Eltern werden dich enterben!“ „Ist mir egal. Als sie mich in der Retorte zeugten, hatten sie eine Kleinigkeit nicht im Griff - und am wenigsten mich. Und jetzt borg mir einen Schein, damit ich dem Mädel ein Eis ausgeben kann.“ 28.05.2016 |
05.06.2016, 13:29 | #2 |
abgemeldet
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Was für ein gruseliger Gedanke, Ilka. Babys auf dem freien Markt, die wie Ware ausgesucht werden. Ein Horrorszenarium. Aber leider gar nicht mal undenkbar für die Zukunft.
Liebe Grüße Thrud |
05.06.2016, 14:05 | #3 |
Forumsleitung
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Liebe Thrud,
nach dem Rassenwahn der Nationalsozialisten werden hoffentlich nie wieder Menschen auch nur die geringste Idee auf Ausleseverfahren, egal welcher Art, in die Welt setzen. Bei der Bevölkerung kommen solche Ideen sowieso nicht gut an. Das zeigte sich bei dem "Lebensborn"-Programm der Nazis. Bei einer Bevölkerung von knapp 80 Mio. (1938) wurden insgesamt lediglich 8.000 Kinder innerhalb dieses Programms geboren, und mit fortdauerndem Krieg erledigte sich das Thema sowieso. Solche Steuerungsverfahren gehören in das Reich des Science Fiction, und dort sollen sie auch bleiben. Lieben Gruß und einen schönen Sonntag, Ilka |
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