Das Lied von Leben und Tod

[Hue]

Ein Tropfen bin ich der ganz sachte
In den Bauch der Erde rinnt
So sehr ich nach dem Leben trachte
So bin ich stets der Welt gesinnt

Wie ein Geschenk des Himmels fast
erfüllt mich gar die Morgenröte
Und mit durchdringter Lebenshast
Welch' Freud' ich doch den Menschen böte

Ein Teil von ihm, doch nicht vollendet
Durchdringt ihn doch mein ganzes Wesen
Wie Augen die von Licht geblendet
Und anschließend im Rausch genesen

So leb' ich in brisantem Tanz
Verrichte Tat um Tat erneut
Verwelke langsam, doch mit glanz
Sodass man sich auf Morgen freut

Hinabgestoßen in die Tiefe
Wurde ein kleiner Teil von mir
Obgleich ich doch nach Namen riefe
Lies man mich doch alleine hier

Ein mächt'ges Donnern, Stahl auf Stahl
Brachte mich ab von meiner Bahn
Hätt 's kaum geglaubt, mit einem mal
Verfiel ich glatt des Menschen Wahn

Ein Bild das so noch keiner sah
Brüder und Schwestern, jetzt ist's klar
Wir kämpfen einen toten Kampf
Geblendet seid ihr, lebt im Krampf

Erquikend kühlt die frische Brise
Und löscht gar meine Lebensglut
Blühend erscheint zu Fuß die Wiese
Ein Aufprall! Jetzt wird alles gut

Mein kurzes Leben wohl am Ende
In mir erlischt der Lebensdrang
Oh Freude! Leise wird der Klang
Vielleicht besinnt man sich zur Wende

Ein kleines Leben war vergossen
Manch einer d'rüber mag verdrossen
Doch hoch steht man meist über'm Leben
Erachtet wird's gar als gegeben

D'rum schrei ich "Brüder, Schwestern, rennt!"
Damit ihr mir nicht auch verbrennt
Ein gutes Beispiel war ich doch
Als ich auf Knieen ins Jenseits kroch

Und doch! Mein Funke war zu klein
Eingetaucht in den gold'nen Hain
In's Paradies, in's Märchenland
Bin ich und wart' auf euch gebannt

Kein Wort von mir, von euch gehört
Ein Anblick wie als ob's nicht stört
Vielleicht war ich auch schon zu tief
Als ich mit kräften nach euch rief

Doch soll's euch anders nicht ergehen
Dies gab ich bereits zu verstehen
Als ich verkünd' mein seelig Wort
So werd't ihr folgen als Kohort!