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Sprüche und Kurzgedanken Prosatexte, die einen Sachverhalt möglichst kurz und knapp schildern.

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Alt 21.06.2014, 11:19   #1
männlich TheLazyBum
 
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Standard Der Punkt mit den Schulden

Die Mehrheit lebt doch nur noch dafür, seine Rechnungen zu bezahlen, statt unsere Rechnungen zu bezahlen, um ein schönes Leben führen zu können. Das eigentliche Dilemma ist, dass wir dann praktisch Rechnungen an andere schreiben, um diese Rechnungen durch die Bezahlung der von uns geschriebenen zu begleichen. Und der, der uns die Rechnung begleicht, stellt logischerweise auch Rechnungen, eben wiederum um Rechnungen zu begleichen. Ein ewiger Teufelskreis, aus dem wir nicht mehr ausbrechen können.
Dabei könnte die ganze Kette vielleicht dadurch aufgehalten werden, wenn nur ein einziger sagte, er verzichte auf sein Geld und der, dessen Schulen erlassen wurden, genau das gleiche machte, weil er die Rechnungen ja nicht mehr zum Zahlen von Rechnungen benötigt. Würden dann nicht vielleicht alle Schulden dieser Welt verblassen?
Wenn man das ganze so sieht und diesen Kreis weiter verfolgt, so schuldet man sich am Ende selbst das Geld, da der, dem man es schuldet, es wiederum jemandem schuldet, der es seinerseits einem selbst schuldet.
Also würde man durch einen Erlass selbiger im Grunde sich selbst seine Schulden erlassen.
Ja, ein vielleicht sehr weltfremder Gedanke, aber auch zugleich ein schöner Gedanke, der dem Sprichwort „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“ eine ganz andere Bedeutung gibt.
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Alt 21.06.2014, 11:45   #2
weiblich Ilka-Maria
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Das sollte bis auf den Grund durchgedacht werden. Für mich sind Rechnungen keine Schulden des Rechnungsempfängers, sondern sie bilden den Gegenwert zu einer Dienstleistung oder einer ausgehändigten Ware. Sie bilden also einen Kreislauf, ebenso wie reales Geld oder auf den Banken umgebuchtes Geld. Eine Aufrechnung eins zu eins ist schlicht nicht möglich, da Dienstleistungen und Waren unterschiedliche Werte aufweisen. Es ist ein Unterschied, ob man einen Brief oder ein Paket von der Post versenden lässt und dafür ein paar Cent oder Euro bezahlt oder ob ein Jurist ein kompliziertes Vertragswerk, ein Gutachten oder eine Due Diligence erstellt, die leicht einen Rechnungswert in fünf- bis sechstelliger Euro-Höhe erreichen können.

Schulden definieren sich anders. Sie sind geliehenes Kapital, für das Zinsen zu entrichten sind. Wird dieser Kredit in den Sand gesetzt, hat im schlimmste Fall weder der Verleiher noch der Schuldner am Ende einen Euro aus dem Geschäft. Allerdings hat ein Kreditgeber das Recht, bei Nichtbedienung des Kredits sofort aus dem Vertrag auszusteigen und die volle Summe sofort zurückzufordern.

Dies ist bei Rechnungen in den meisten Fällen anders, denn der Rechnungsempfänger hat in der Regel bereits etwas erhalten, bevor er die Rechnung erhält. Das Risiko liegt beim Dienstleister bzw. Verkäufer. Ihm bleibt bei Nichtbezahlung nur der Weg des Mahnbescheids und der Klage. Vorauszahlung kommt aus Sicherheitsgründen vor, ist aber nicht die Regel.

Einen Weg zurück zum Tauschgeschäft wird es nicht geben, dazu ist die moderne Wirtschaft viel zu komplex geworden. Niemand wird auf die Idee kommen, zu sagen: "Ich bringe dir das Autofahren bei und du lehrst mich als Gegenleistung das Fliegen einer Boeing."
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Alt 21.06.2014, 11:59   #3
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Ich hätte statt Schulden besser Verbindlichkeiten geschrieben, Schulden sind im Volksmund aber eher verständlich.
Verbindlichkeiten und Forderungen sind die beiden eigentlichen Dinge, doch die Mehrheit der Menschen wird keine exakte Vorstellung dieser Begriffe haben.

Dass es so nicht läuft und schon gar nicht laufen kann, zumindest nicht bei der Entwicklung, die die Wirtschaft seit der Einführung des Geldes genommen hat, ist mir natürlich bewusst, weshalb der letzte Absatz existiert.

Wobei Naturalientausch in den letzten Jahren wieder einen Aufschwung erlebt. So gibt es diverse Portale im Internet, in denen eine Dienstleistung angeboten werden kann, bezahlt wird wiederum mit einer Dienstleistung à la "Ich schneide dir die Haare und du fährst mich zum Einkaufen."

Eine eins-zu-eins Aufrechnung ist natürlich nicht möglich, jedoch ist jedem ein Gut oder eine Dienstleistung auch unterschiedlich viel wert.
An sich ein viel zu komplexes Thema, um es nicht in mehreren Büchern zu verpacken, wie du ja auch angemerkt hast.
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Alt 21.06.2014, 12:27   #4
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von TheLazyBum Beitrag anzeigen
Wobei Naturalientausch in den letzten Jahren wieder einen Aufschwung erlebt. So gibt es diverse Portale im Internet, in denen eine Dienstleistung angeboten werden kann, bezahlt wird wiederum mit einer Dienstleistung à la "Ich schneide dir die Haare und du fährst mich zum Einkaufen."
Das ist mir nicht entgangen. Solche Tauschgeschäfte wird es aber nur im kleinen Stil geben können. Werden sie im großen Stil betrieben, steht der Fiskus auf der Schwelle und schreit "Schwarzarbeit". Dem Staat entgehen nämlich die Gelder aus Einkommen- und Umsatzsteuer. Ein weiteres Problem ist die Frage des Haftungs- und Versicherungsschutzes.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.06.2014, 12:45   #5
männlich TheLazyBum
 
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Selbstverständlich sind solche "Tauschbörsen" eine rechtliche Grauzone.

Ich möchte ja auch gar nicht, dass wir zurück zum Naturalientausch gehen und auch nicht, dass wir keine Verbindlichkeiten und Forderungen mehr stellen.
Das ist, wie schon gesagt, eigentlich nicht möglich, ohne das System komplett umzukrempeln.

Auch soll nicht jeder Gedanke und jede Äußerung, so in diesem Text ebenfalls, ein Verbesserungsvorschlag sein...
Und da wir heute alles in Geld bewerten, fiele es gar nicht so schwer, diesen Gedanken in einem theoretischen Szenario durchzuspielen.

Doch dieser Gedanke ließe sich alleine schon deshalb nicht in die Tat umsetzen, da jeder natürlich versucht, mehr Forderungen als Verbindlichkeiten zu besitzen. Das klappt bei manchen besser als bei anderen, weshalb sich am Ende alles bei diesen Menschen aufstauen würde, wenn man nur so viele "Schulden" erließe, wie man zu begleichen hätte.
Alleine an diesem Punkt scheitert der Gedanke.
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